10 Monate später

Sie lächelte in die Wüste. Chesem Ba trat näher zu ihr. „Du bist heute so fröhlich!“ Sie wandte sich zu ihm. „Kiras wird bald kommen!“ Dann verwandelte sich ihr Lächeln in eine gleichgültige Miene. „Ich möchte nicht fröhlich sein. Es würde dir wehtun!“ Chesem Ba schüttelte den Kopf. „Nein, lächle so viel du willst. Meinem Vater wird es bald besser gehen! Wir lächeln doch alle viel zu wenig in letzter Zeit.“ Sie schüttelte nur den Kopf. Das gab ihm einen Stich. Wusste er nicht selbst, was die Krankheit von seinem Vater zu bedeuten hatte. Es war lächerlich sich etwas vor zu machen. Sein Herz war alt. Er selbst war alt. Er hatte ein langes und erfülltes Leben gehabt. Was wollte man mehr als das? Jetzt konnte er nur noch in Würde sterben. Chesem Ba wusste all das und trotzdem konnte er nicht anders, als sich verzweifelt an dieses Leben klammern, was noch in ihm war. Er seufzte leicht. „Jeder scheint sich Sorgen zu machen. Jedem ist die Traurigkeit ins Gesicht geschrieben, selbst wenn man versucht sie in seinem Herzen zu verschließen. Nur meinen Vater scheint das alles nicht zu kümmern!“ Er lehnte sich vor auf die Mauer und versuchte in der Wüste das zu finden, was ihm Trost spenden könnte. Sie schüttelte den Kopf. „Er ist ein mutiger Mann! Er ist ein Krieger, der in seine letzte Schlacht zieht!“ Chesem Ba stützte sein Kinn auf. Der Gedanke, dass sein Vater einmal nicht mehr da sein könnte, erfüllte ihn mit Angst. „Mein Vater war nie ein Krieger!“ Sie legte eine Hand auf seinen Arm und lächelte. „Ganz ruhig! Es wird alles seine Richtigkeit haben und dein Herz wird Ruhe finden!“ Er lächelte über den gut gemeinten Ratschlag, den er doch nicht verstand.
Chesem Ba löste sich von der Wand. Ihm brannten die Augen. Doch sie blickte noch immer der längst untergegangenen Sonne hinterher. Vorsichtig, um sie nicht zu stören, ging er ein paar Schritte rückwärts und schlich dann weg. Er wollte seinen Vater sehen. Früher war er immer bereitwillig für ihn in der Gegend herum geritten, hatte kein Abenteuer gescheut und jetzt wagte er es nicht einmal mehr länger als eine Stunde von seinem Vater entfernt zu sein. Er merkte wie die Zeit eine andere Bedeutung bekam im Angesicht des Todes. Das Leben bekam eine andere Bedeutung. Hatte sein Vater Angst zu sterben? Wusste er, was mit ihm passierte? Vielleicht bekam man zu so etwas eine andere Einstellung, wenn man älter war. Er dachte daran, dass er schon oft in Situationen war, wo er nachträglich allen Göttern, die er kannte, gedankt hatte, dass er mit dem Leben davongekommen war. Die Wüste hatte ihn immer wieder ausgespuckt, so als wäre er schwer verdaulich. Doch kein einziges Mal hatte er in diesem Moment gedacht, dass er sterben würde. Dann kamen ihm die Geschichten über den Krieg im Osten wieder in den Sinn. Dachten die Menschen dort daran, dass sie vielleicht bald sterben würden? Er war noch nie in eine richtige Schlacht gezogen. Chema war zu klein um sich irgendwelche Gebiete an zu eigenen. Außerdem lebten sie gut, so wie sie waren. Was würde wohl passieren, wenn die Horden aus dem Osten bis in die Wüste kamen? Dann würde er vielleicht zum ersten Mal töten müssen. Er streifte den Gedanken ab. Er lebte hier in einem Paradies.
Jemand stieß ihn gegen die Schulter. „Was ist Bruder?“ Er schüttelte abwehrend den Kopf. „Wie geht es Vater?“ Seine Schwester lächelte. „Du kennst ihn doch. Er würde niemals zugeben, dass ihm etwas wehtut.“ Er rang sich ein Lächeln ab. Bei solchen Sachen war er sehr stur. „Glaubst du, er wird sterben?“, fragte er plötzlich. Seine Schwester zuckte mit den Schultern. „Ob er jetzt stirbt, oder in drei Tagen oder in einem Jahr. Macht das wirklich so viel Unterschied? Es wird doch immer zu früh sein für uns!“ Chesem Ba nickte. Die Angst vor dieser Veränderung war immer gleich groß. Seine Schwester presste die Lippen zusammen. „Ich wünschte, ich hätte ihn besser kennen gelernt. Ich weiß gar nicht, was für ein Mensch er ist. Ich kenne ihn doch kaum!“ Sie fuhr sich mit der Hand an den Mund. Auf einmal füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie winkte mit der Hand. „Geh du hinein. Ich möchte nicht, dass er mich so sieht! Ich möchte für ihn stark sein.“ Er nahm Mikulas in die Arme. Sie war über zehn Jahre jünger als er und noch fast ein Kind. Für sie war diese Situation sicher am Schwersten.

Sie saß mit verschränkten Füßen im Gras und genoss die warme Sonne. Kopfschüttelnd beobachtete sie, wie Goscha schon wieder mit einer vollen Schürze ankam. „Hier tragen die Bäume so viel mehr Früchte als bei mir zuhause!“, rief sie voller Begeisterung. Sie ließ das Obst vorsichtig auf das Gras rollen. „Daraus kann man sicher Marmelade machen.“ Jetzt griff sie nach einer der Früchte und drehte sie in der Hand. „So viel Marmelade können wir gar nicht essen!“ Goscha lachte. Dann schüttelte sie den Kopf. Irgendwie wirkte dieses Mädchen so naiv. Sie war ständig am Arbeiten, ständig in Bewegung und nie schien sie sich Gedanken zu machen, ob das alles Sinn hatte. Es war fast so, als wäre für Goscha nur wichtig etwas zu tun zu haben. Sie hatte schon die ganze Zeit das Gefühl gehabt, Goscha beschützen zu müssen. Nabo hatte erzählt, dass Goscha aus dem Osten kam, dass sie dem Krieg bei seinem blutigen Festschmaus zugesehen hatte. War das eine Art mit so einer Situation um zu gehen? Sie hatte nur einmal gewagt sie vorsichtig danach zu fragen. Doch Goscha hatte nur mit den Schultern gezuckt und gemeint, sie könne sich nicht mehr erinnern. Wahrscheinlich war es besser so für sie, wenn es denn der Wahrheit entsprach. „Aber Sin mag Früchte und Vasa Rem auch!“ Als das affenartige Tier seinen Namen hörte, kam es sofort herangeschossen. Mit schnuppernder Nase näherte es sich den Früchten. Goscha stieß ihm eine zu den Füßen. „Nimm schon! Du kannst es ja doch nicht lassen.“ Sofort hatten sich die langen Finger um die Frucht geschlossen. Es hüpfte ein paar Meter weg. Dann öffnete der Misch sein großes, mit Zähnen besetztes Maul und ließ die Frucht auf einmal verschwinden. Goscha warf ihm noch eine zu, die dasselbe Schicksal wie die erste erlitt. Dann lief Goscha in die Hütte und holte eine große Schüssel, Messer und Brett. Sorgfältig begann sie jede einzelne Frucht mit dem Messer zu putzen, aus einander zu schneiden und vom Kern zu lösen. Dann warf sie die übrigen Vierteln in die Schüssel. „Nimm dir ruhig auch welche!“ Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte jetzt sicher nichts Süßes.
Goscha kam mit einem Bündel Kleider auf sie zu. „Ich geh jetzt zum Bach!“ Sie nickte. Dann musterte sie die Kleider. „Wäscht du Gewandt?“ Goscha lächelte verlegen. „Wenn die Obstflecken noch frisch sind, gehen sie am besten raus!“ Sie seufzte. Dann warf sie einen langen Blick auf Goscha. „Du musst nicht ständig arbeiten!“ Goscha lächelte verlegen. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich tue das doch gern!“ Sie fuhr zu ihrer Schulter. Lange hielt Goscha ihren Blick nicht stand. „Ist es wegen Vassa Rem? Vermisst du ihn so sehr?“ Goscha presste die Lippen zusammen und nickte dann. Schließlich seufzte sie. „Ich weiß, dass sich das nicht bessern wird. Ich kann niemals seine Frau sein und doch kann ich nicht anders! Ich kann nicht anders.“ Sie zog ihre Hand zurück und presste sie gegen ihre Brust. Sie wurden beide betrogen. Plötzlich lächelte Goscha wieder. Dann wandte sie sich um zum Gehen. „Gib Acht, dass dich niemand vom Dorf beobachtet!“ Goscha lachte. „Und wenn doch wird er von Sin gebissen!“

Kiras wurde am Tor erwartet. Er schwang sich von Rücken seines Makals. Die Wachen nickten ihm zu. Chesem Ba und Maska standen neben einander und blinzelten ihm entgegen. Er umarmte zuerst seine Schwester und dann Chesem Ba. „Wie geht es deinem Vater?“ Chesem Ba schüttelte den Kopf. Kiras biss sich auf die Lippen. „Ich bringe dein Makal in den Stall!“, meinte Maska und griff nach den Zügeln. Sie strich dem Tier über die Schnauze und es wieherte freudig. Kiras war überzeugt, dass das Tier in guten Händen war. Trotzdem wurde er unruhig, als er sah, wie Maska mit ihm über den Platz ging. Er verscheuchte die unguten Gedanken und wandte sich Chesem Ba zu. „Wie ist die Lage?“ Chesem Ba schüttelte wieder den Kopf. Er setzte sich langsam in Bewegung. „Unverändert. Er stirbt langsam vor sich hin. Lange wird er nicht mehr durchhalten. Einer von uns ist immer bei ihm!“ Kiras nickte leicht. Plötzlich war er froh, dass es bei seinem Vater so schnell gegangen war. Zuerst war es ein Schock gewesen, aber man ersparrte sich das ewige Sorgen und Leiden. Er erinnerte sich daran, dass er sein Gepäck auf den Sattel seines Makals gelassen hatte. Sein Kopf deutet zum Stall. Chesem Ba nickte.
„Maska spricht schon seit ein paar Tagen davon, dass du kommen würdest!“ Kiras lächelte. Er fuhr sich durch seine verschwitzten Haare. „Ich brauche dringend ein Bad!“ Chesem Ba grinste. „Ich hab mich schon darum gekümmert. Durch die Wüste sieht man Meilen weit!“ Kiras nickte zufrieden. Auf Chesem Ba war in fast allen Punkten verlass. „Wie geht es Maskas Ausbildung?“ Chesem Ba griff nach der Stalltür und zog sie auf. Doch Kiras zögerte noch. „Es ist besser du fragst sie selbst. Ich glaube, sie kann sich teilweise schon steuern. Aber es ist schwer! Wir haben hier keinen ausgebildeten Magier.“ Kiras biss sich auf die Lippen. Noch eine Frage lag ihm am Herzen. Doch glaubte er bereits zu wissen, wie Chesem Bas Antwort darauf ausfallen würde. Er holte tief Luft. „Und K’vara?“ Chesem Bas Gesicht schien sich zu verdüstern. „Keine Ahnung, was die Göre macht!“ Kiras setzte einen leicht entnervten Ausdruck auf. Chesem Ba seufzte. „Sie hat sich in der Bibliothek verschanzt. Ich glaube sie kommt nicht einmal mehr zum Essen oder Schlafen hervor. Ist vielleicht auch besser so.“ Kiras seufzte. „Ich weiß sowieso nicht, was du an ihr findest!“ Kiras zuckte mit den Schultern. „So etwas hat nichts mit Vernunft zu tun! Du solltest dich auch verlieben, dann würdest du nicht ständig an meinem Geschmack herum nörgeln.“ Chesem Ba betrat jetzt den großen Stall und Kiras bemühte sich ihm zu folgen. Damit war also das Gespräch beendet. Kiras hoffte, dass er irgendwann später, noch einmal das Thema anschneiden konnte. Er brauchte dringend jemanden, mit dem er über seine unerwiderte Liebe reden konnte. Es war so schon unerträglich genug.
Er fühlte sich wie neu geboren. Schon lange nicht mehr war ihm ein Bad so angenehm vorgekommen. In Chema schien ihm immer alles besser zu sein, als bei ihm zu Hause. Er fischte ein Blütenblatt aus dem Wasser. Vielleicht lag es auch nur an den langen Verzicht, den die Wüste darstellte. Er roch an seinem Armen, die jetzt wieder nach Seife und nicht nach eingetrocknetem Schweiß rochen. Dann strich er sich das Wasser aus den Haaren und griff nach den Tüchern zum Abtrocknen. Chesem Ba hatte ihm ein paar von seinen Kleidern gegeben. Alles was er in der Wüste mitgehabt hatte, war entweder verschwitzt oder voller Sand. Er schlüpfte in das Hemd. Es schlackerte ihm weit um die Taille. Chesem Ba war ein wenig breiter gebaut als er. Auch die Hose war ihm ein Stück locker und rutschte auf seinen Hüften. Er griff nach dem Gürtel, den Chesem Ba vorsorglich bereit gelegt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass Kiras sich von seinen Sachen etwas ausborgte. Sein dreckiges Gewand warf er auf einen Haufen. Später würde er es den Palastfrauen zum Waschen geben. Es hatte doch Vorteile privilegiert zu sein, selbst wenn er seinen Status nie ohne schlechtes Gewissen ausnützte. Dann griff er nach seiner kleinen Tasche. Er zog als erstes das kleine Päckchen hervor. Darin hatte er Geschenke für die Frauen. Vorsichtig schlug er den Stoff zur Seite, in dem er alles eingepackt hatte. Er strich über den Haarkamm, den er für Maska besorgt hatte. Er war etwas ganz Besonderes. Er hatte das Gefühl, dass sie nichts Geringeres verdient hatte. Das Volk der Sintra aus den Bergen hatte ihn hergestellt. Er ließ ihn seufzend wieder sinken. In all den Jahren, in denen sie eingesperrt war, hatte sie auf so viel verzichten müssen. Sein schlechtes Gewissen war also immer noch so groß. Er kam sich unendlich schäbig vor, sich mit einem Kamm freikaufen zu wollen.
Dann hatte er noch einen silbernen Glücksbringer für Mikulas. Er fragte sich, wie es dem Mädchen wohl gehen würde. Er musste sich beeilen, dass er zu Chesem Bas Vater kam. Vorher wollte er nicht darüber nachdenken. Schließlich blickte er auf das letzte Geschenk. Er war sich noch immer nicht sicher, ob er es überhaupt überreichen sollte. Er hob die Kette auf und betrachtete den schwarzen Stein, in dem in der Mitte ein feuerroter Fleck brannte. Schließlich schloss er die Hand darum. Es war lächerlich. Mira würde sich trotz der Umstände freuen. Seufzend legte er den Stein zurück und wickelte alles wieder sorgfältig ein. Was ihm jedoch noch mehr Kopfzerbrechen bereitete, war, dass er nichts für K’vara gefunden hatte. Er wollte ihr keinen Schmuck schenken. Damit konnte sie sowieso nichts anfangen. Und Bücher hätte er in der Kaiserstadt keine gefunden, die sie nicht auch hier in den Bibliotheken hatten. Plötzlich wollte er sie unbedingt sehen, hoffte darauf sie Stunden lang beobachten zu können, während sie über ein Buch gebeugt war. Neben ihr konnte die Welt untergehen, ohne dass sie sonderlich davon Notiz nehmen würde. Dann musste er daran denken, was seine Mutter wohl dazu sagen würde. Sie würde ihn nur allzu gerne an der Seite einer bürgerlichen Frau oder einer O’vank sehen. Er legte seine Geschenke zur Seite und griff nach einem anderen Päckchen. Darin hatte er sein Rasiermesser versteckt. Seine Mutter war der festen Überzeugung, dass K’vara Schuld am Verschwinden von Maska war. Schließlich war sie selbst nur wenige Tage danach ohne Erklärung weggelaufen. Wieso konnte seine Mutter das nicht einfach ruhen lassen? Sie war nun mal so unendlich stur. Noch einmal strich er sich über sein Kinn. Dann kratzte er sich an der Wange. Jetzt würde er eine weitere Unannehmlichkeit der Wüste entfernen.

Leises Stöhnen hatte ihn aus dem Schlaf geweckt. Er lag mit offenen Augen auf dem Rücken und starrte in die Dunkelheit. Goscha begann sich wieder zu bewegen. Sie rollte hin und her. Er kaute auf den Lippen. Ganz langsam drehte er sich zu ihr. Ihr Gesicht wirkte seltsam verzerrt, doch das konnte auch an dem wenigen Licht liegen. Sie schlug mit der Hand nach ihm. Sin flüchtete auf seine Seite des Bettes. Vasa Rem seufzte lautlos. Dann fasste er sich ein Herz und schüttelte Goscha leicht an der Schulter. Sie würde ja doch nur alle aufwecken und mit Alpträumen war es nie ein tiefer Schlaf. Langsam wurde sie ruhig. Er flüsterte ihren Namen. Doch sie reagierte nicht darauf. Eine kleine Flamme entstand auf seiner Hand und erleuchtete ihr Gesicht. Die Augen waren weit geöffnet. Er zuckte bei dem Anblick zusammen. Die Flamme erlosch augenblicklich. Er schüttelte Goscha wieder. „Lass uns raus gehen!“, murmelte er. Sein Blick glitt suchend nach dem Lager, wo Nabo und Miandra liegen mussten. Dort rührte sich nichts. „Komm! Die frische Luft tut dir sicher gut!“
Er lehnte gegen die Holzwand. Das Zirpen des Waldes erfüllte ihn. Seine Hand legte sich auf Goschas Kopf, der in seinem Schoß ruhte. Sie schluchzte kaum hörbar. Ihr Körper zitterte und er spürte, wie seine Hose nass von ihren Tränen wurde. Das war in Ordnung. Weinen half immer. „Schon gut, schon gut!“, murmelte er. Er kam sich so hilflos vor. Er ahnte, dass solche Erinnerungen einen bis ans Ende des Lebens verfolgen würden. Er hoffte nur, dass sie Goscha nicht immer so wehtun würden. Er strich über ihren Kopf, als sie besonders heftig schluchzte. Er gähnte ungeniert und versuchte nicht daran zu denken, dass sie im Morgengrauen aufbrechen würden.
Er dachte an seine Schuld. Sie kam ihn jetzt so überwältigend vor. Goschas Anblick schnürte ihm die Brust zu. Immer wieder spielte er mit den Gedanken, dass er das alles verhindern hätte können. Er hätte darauf bestehen müssen, sie mit in die Kaiserstadt zu nehmen. Er hätte ahnen müssen, dass der Krieg vor der Tür stand. Doch er hatte sich an seiner Unwissenheit erfreut. Aber seine Schuld endete nicht da. Wieso hatte er nicht nach ihr gesucht, als er die Soldaten gehen hatte sehen? Er wäre mit einem schnellen Pferd sicher rechtzeitig dort gewesen. Doch seine Feigheit hatte ihn zurück gehalten. Die unglaubliche Angst, sie wollte nichts mehr von ihm wissen, hatte ihn gefesselt. Dabei musste sie doch die gleiche Sehnsucht, wie er gespürt haben. Er seufzte in sich hinein. Dann schloss er die Augen. Die Vergangenheit war nun mal nicht mehr zu ändern. Seine Schuld konnte nicht mehr aufgehoben werden. Alles, was er jetzt konnte, war büßen.


© lerche


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