„Marai...“. Nicht nur , dass mir die Worte meines kleinen Bruders nicht mehr aus dem Kopf gingen...an seinen letzten scheiterte ich gänzlich. Ich hatte bisher von niemandem jemals gehört, dass er seinen Vornamen wechseln wollte. Selbst , wenn er einem nicht gefiel , behielt man ihn doch trotzdem. Es war schließlich der eigene Name....,aber wenn ich so über den Namen Marai nachdachte, kam ich nicht umhin zuzugeben, dass er gut zu ihm passte. Ich hatte zwar bis vorhin nicht gewusst, dass er sich so für die Seefahrt begeisterten konnte , aber hinsichtlich dessen war Marai als Name absolut perfekt für ihn. Es würde zwar seine Zeit brauchen bis ich ihn auch in Gedanken nur noch so nannte, aber das war ja auch nicht tragisch.

Es war nun 1:00 Uhr. Mal wieder schlug schwer die große hölzerne Uhr. Wenn man nur nachdachte verging die Zeit wahrlich überhaupt nicht. Außerdem kam mir mein eigenes Bett nach all den Jahren, wo ich der Heimat fern geblieben war, unheimlich fremd vor. Als wäre ich fehl am Platze in meinen eigenen vier Wänden.Schon ein bisschen verzweifelt , starrte ich einfach nur weiter an die Decke meines Himmelbettes . Ich hoffte einfach nur darauf , dass mir schnellst möglich etwas einfiele , was mir entweder beim einschlafen half oder mir eine sinnvolle Alternative zum schlafen an sich bot. Entnervt legte ich mich auf meine linke Seite....Nur um mich fünf Minuten später wieder auf den Rücken zu rollen und auf die rechte Seite zu wechseln. Meine Güte war das alles sinnentleert...Hätte ich so eine Leidenschaft wie Dual- ...Marai wäre das ganze ja kein Problem. Bisher hatte ich im Leben jedoch leider nichts gefunden, was mich in meiner Freizeit ( und sei sie auch immer kaum vorhanden gewesen) so mit Freude oder Begeisterung erfüllen konnte, als dass es mich Stunden lang hätte fesseln können. Selbiges spiegelte sich auch in dem wieder, was man in meinem Zimmer vorfand. Praktisch nur Kleider und arbeitstechnische Unterlagen wie Verträge , Pläne und Landkarten . Sonst nichts und an Arbeit war nun wirklich nicht zu denken. Sie hatte mich schließlich um eine lebenswerte Jugend gebracht, obwohl...bei den Erzeugern wäre mir auch so keine vergönnt gewesen.
Nicht einschlafen zu können , war anstrengender als ich es mir je vorgestellt hatte.
1:30 Uhr....jetzt war es mir genug. Alles war klüger als hier rum zu liegen und auf ein Wunder zu hoffen, wobei das warten darauf ja doch vergebens wäre.
Es trieb mich aus dem Bett und aus meinem Zimmer hinaus. Wohin sollte ich nun gehen? Es war mitten in der Nacht und so ziemlich jeder bis auf die Wachen vor dem Anwesen schlief gerade...Ruhelos streifte ich durch die Gänge, die für jeden, der hier nicht lebte wie ein Teil eines noch viel größeren Labyrinths wirkten, welches einfach kein Ende nahm. Bis auf die Bilder an den Wänden sah jeder Flur aus wie der andere. Nach einer Weile kam ich in eines der Nebentreppenhäuser, welches mich in die nächst untere Etage führte. Ich wusste, dass hier die Zimmer all meiner anderen Geschwister waren. Moment...Jeder meiner Brüder hatte ein eigenes Zimmer.Nur meine Schwester nicht, also musste sie immer zwischen den Räumen der anderen pendeln. Zumindest waren das annähernd die Worte von Marai gewesen.
Wo sie wohl jetzt gerade schlief?
Etwas verwirrt stand ich nun in dem besagten Flur und musste feststellen, dass alle Türen der Zimmer einen großen Spalt weit offen waren. Was sollte das ganze? Ich schaute bedacht durch die offen gelassenen Türen in die ersten Zimmer hinein. In jedem lag einer meiner Brüder und schlief, aber wenn sie doch da waren, warum waren dann all ihre Zimmer geöffnet? Was für einen Sinn konnte das haben? Leise streifte ich an den offenen Türen vorbei und riskierte immer einen kleinen Blick hinein. In keinem von ihnen hatte ich meine Schwester entdecken können.
Ich verhielt mich so leise es mir möglich war. Keinen von ihnen wollte ich sinnlos aus dem Schlaf reißen, denn für sie würde der nächste Morgen sicherlich schon früher kommen als es ihnen lieb war.
So pendelte ich weiter von Tür zu Tür. Meine Augen waren nicht die schlechtesten also reichte mir das schwache Mondlicht sowie jenes, welches die kleinen Leuchter im Flur her gaben um alles in den Zimmern recht gut zu erkennen.
Bald jedoch sollte meine Suche ihr Ende finden. Hinter der siebten Tür schlief mein kleiner Bruder nicht allein. Seilbh war also heute Nacht für sie verantwortlich. Unbewegt stand ich im Türrahmen. Beinahe fehlte mir der Mut weiter zu atmen aus Angst ich könnte sie wecken. Meine Schwester lag zu mir hin auf der Seite des Bettes , die ich von der Tür aus sehen konnte. Sie strahlte den absoluten Frieden aus ...so wie sie dar lag und mich glauben machte,auf der ganzen Welt sei alles in Ordnung. Ihr Nachthemd war genauso reinlich, weiß und unbefleckt wie ihre Seele es auch war.
Gefangen von der Ruhe , die sie ausstrahlte, kam die Unbesonnenheit über mich und ich machte einen Schritt in das Zimmer hinein. Der Holzboden unter mir gab ein leises Knarzen von sich und augenblicklich saß mein kleiner Bruder senkrecht im Bett. Dieses kleine Geräusch hatte doch tatsächlich gereicht um ihn aufschrecken zu lassen. Unsere Blicke prallten aufeinander, wobei seiner nicht lange vom Schreck geprägt war. In meinem Gesicht stand die Schuld geschrieben und anscheinend nahm mein kleiner Bruder das zur Kenntnis, denn er stand vorsichtig auf und kam auf mich zu. In solch einem Moment wurde mir erst wirklich klar, wie lange ich doch fort gewesen und wie viel ich verpasst hatte. Der Junge vor mir war kein Kind mehr. Die letzten Jahre hatten ihn zu einem jungen Mann heran wachsen lassen . Es lagen Welten zwischen dem Seilbh , den ich damals hier zurück ließ als ich los zog und dem , der nun vor mir stand. Er musste jetzt bereits 15 Jahre alt sein. Wie schnell doch die Zeit vergeht, dachte ich mir nur, während wir das Zimmer verließen und er die Tür hinter uns schloss. „ Einen schönen guten Abend Luthias. So lange ist unsere letzte Begegnung schon her großer Bruder ...Was bringt mich zu der Ehre deines Hierseins?“
Seine Ausdrucksweise war so höflich wie am ersten Tag, wobei seine Manieren schon als Kind vorbildlich gewesen waren. Manches Gute würde sich vielleicht doch nie ändern. „ Nun zu aller erst einmal entschuldige ich mich dafür, dass ich dich zu dieser Stunde noch geweckt habe. Das war nicht meine Absicht gewesen und zum anderen muss ich wohl zugeben, dass mich mein Eigensinn hier her trieb, denn momentan scheint es so als hätte ich die Fähigkeit zu schlafen irgendwo auf dem Schlachtfeld verloren. Meine Unruhe brachte mich dazu nach unserer Schwester sehen zu wollen. Marai hat mir erzählt , dass sie immer bei einem von euch schläft, weil sie kein eigenes Zimmer hat und so stand ich nach kurzer Suche vor deiner Tür.“ „ Interessant …. und was willst du nun tun? Du hast sie nun gesehen und es geht ihr auch gut, aber ich glaube kaum , dass dir die blanke Tatsache ausreichen wird um dich ruhig einschlafen zu lassen.“ Innerlich seufzte ich...da hatte mein Bruder natürlich recht. „Ehrlich? Ich weiß es selbst nicht,aber-“ „ Was weißt du nicht?“ unterbrach mich eine leise hohe Stimme, die sich noch vor ein paar Stunden unvergesslich in meinen Kopf eingebrannt hatte . Meine kleine Schwester stand in dem Spalt der geöffneten Tür und lugte zu uns , wobei ihre müden Äuglein noch vom Schlaf gezeichnet waren.
Seilbh ergriff das Wort noch bevor ich es tun konnte. „ Es tut mir leid Schwesterchen . Wir wollten dich ganz bestimmt nicht wecken, aber weißt du dein großer Bruder Luthias hier konnte einfach nicht schlafen und wollte uns daher mal einen Besuch abstatten.“ sagte er nur , während er mir eine Hand auf die Schulter legte und ihr ein liebevolles Lächeln schenkte. Damit tat er genau das , was ich praktisch noch nicht drauf hatte nach der kurzen Zeit, die ich nun wieder hier war.
Große ,runde Kinderaugen sahen nun zu mir hinauf und ich hatte das Gefühl, dass mir das Wort „hilflos“ auf der Stirn geschrieben stand. Mir fehlte die Übung darin in einer solchen Situation richtig zu reagieren. „ Aber weißt du was Schwesterchen? Ich habe schon eine Idee , wie wir unserem großen Bruder helfen können. Wollen wir das tun?“ Es war erstaunlich wie ihr Gesicht plötzlich von dieser einzigartigen kindlichen Begeisterung gezeichnet war. Ihre Augen schienen zu funkeln und mein kleiner Bruder hatte anscheinend einen Plan, welchen ich mir absolut nicht vorstellen konnte. „ Ja. Unbedingt!“ Daraufhin hob Seilbh sie hoch und setzte sie mir einfach so auf den Arm . Natürlich nahm ich sie entgegen .Ich konnte es schließlich kaum ablehnen, aber ich hatte nach wie vor keinen Schimmer, was ich tun sollte und was er vor hatte. Im Gegensatz zu meiner Schwester , die sich anscheinend total darüber freuen konnte , dass ich sie jetzt trug. Mit ihr auf dem Arm sah ich fragend und ein wenig...na gut sehr hilflos zu meinem kleinen Bruder hinüber, der ein undefinierbares Lächeln auf den Lippen hatte. „Heute schläfst du einfach mal bei Luthias. Dann kann er bestimmt super gut schlafen.Oder Luthias? Irgendwelche Einwände?“ „Ähm...“ „ Ja das wäre toll!“ rief meine Schwester nur fröhlich und umarmte mich, während ich sie nach wie vor auf dem Arm hatte und gänzlich überfordert war....Seilbh was hast du dir nur dabei gedacht mich in diese Lage zu bringen?.....Ich habe doch gar kein Gefühl dafür wie man mit Kindern umgeht....Da ein nein keine Option für mich war , hinsichtlich der Tatsache wie sehr sich meine Schwester darüber zu freuen schien, willigte ich ein....auch wenn ich keinen blassen Dunst hatte, was ich nun tun sollte....


© Red Papermoon


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Beschreibung des Autors zu "2.2 Die Geschichte (m)eines Namens...Wer will ich sein?"

Und endlich geht es weiter . Die Muse fand mich wieder ^^

LG Red Papermoon




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