Die List des Loki

© EINsamer wANDERER

„Uff“, stöhnte Loki unter den Strapazen Thor in eine abgelegene Höhle geschafft zu haben, um sie vor den tobenden Riesen zu verbergen. Inzwischen war ein heftiger Sturm aufgekommen, dessen Tosen und Wüten selbst die Riesen übertönte. „Hier werden sie uns niemals finden. Ich muss es wissen, schließlich bin ich ein Meister im Verstecken. Hehehehehe.“ Thor starrte aus trüben Augen ins Leere. Der bärtige Tölpel schwieg beharrlich. Seit den Kampf gegen die Riesen hatte er weder gesprochen, noch hatte er sich zu Lokis Verdruss bewegt. „Oh, man. Oh, man. Oh, man.“ Der Feuergott stand auf, lief unruhig im Kreis und kratzte sich dabei nachdenklich am Hinterkopf. „Was soll ich bloß machen?“ Er schaute fragend zur Decke. „Odin, wie soll ich das schaffen? Dein Sprössling ist mehr eine Behinderung, als eine Hilfe. Ein nutzloser Klotz am Bein, ja genau das ist er.“ Angestrengt nachdenklich lief er weiter im Kreis, seine Gedanken überschlugen sich. „In Ordnung. Ruhig bleiben Loki. Du schaffst das. Irgendwie schaffst du es immer. Was für Möglichkeiten stehen mir zur Verfügung? Mein Stab, die Gürtelschnalle, mein gutes Aussehen und mein Charisma, außerdem noch Thors Grobheit. Obwohl; das tun wir doch lieber auf die Seite der Nachteile. Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?!“, der Feuergott starrte wütend auf Thor, der ihn selbst im Sitzen überragte. Die Augen des Feuergottes brannten lichterloh vor Zorn. „Hast du schon einmal an mich gedacht?! Wie ich mich fühle? Was mir passieren könnte? Nein, hast du natürlich nicht!“ Seufzend setzte er sich neben dem Donnergott und starrte trübsinnig auf den Boden. Das Feuer in seinen Augen erlosch wieder. „Niemand denkt an mich. Wozu auch? Egal ob ich mich auf die Seite von euch Asen oder den Riesen schlage, ich bin und bleibe der Feind von beiden. Egal wie oft ich einer Partei helfe.“ Er nahm einen kleinen Kiesel in die Hand. Langsam drehte er ihn, fuhr mit dem Daumen über seine raue Oberfläche, sog jedes noch so kleine Detail in sich auf. „Ich bin zur einen Hälfte Riese und zur anderen Ase. Niemand traut mir. Zu recht, wie du sicherlich sagen würdest“, Loki schnalzte mit der Zunge, stand auf und begann vor Thor hin und her zu laufen, wobei er mit den Armen gestikulierte. „Weißt du, alle schätzen zwar meinen Einfallsreichtum, aber es wird nie erwähnt, geschweige denn gelobt. Ein kleines Beispiel: Wenn Odin zu mir kommt, weil die Riesen zu große Dellen in die Tore von Asgard hauen, bittet er mich darum, sie zu verstärken. Gesagt, getan. Aber dann stehen plötzlich die Riesen vor meiner Tür. Ich soll Waffen für sie bauen, damit sie die Tore einreißen können, die ich eben erst ausgebessert habe.“ Der Feuergott stöhnte entnervt. „Loki tue dies. Loki ich brauche deinen Rat. Loki hast du nicht eine Idee zur Lösung meines Problems? Loki denkst du, dass diese Reizwäsche Odins göttlichen Hintern schmeicheln wird? Ich kann nicht mehr. Immer wollen alle was von mir. Nie heißt es: Oh Loki. Komm setz dich. Wie war dein Tag? Hast du Hunger? Möchtest du etwas essen? Erzähl mir von deinen Abenteuern.“ Loki lachte kurz auf. „Das erinnert mich an etwas. Ich war mal in einem Gasthaus. Da war ein Mädchen. Jetzt nicht so, wie du denkst. Es war ein kleines Mädchen. Gerade mal sieben Sommer hatte sie gesehen. Die Kleine war sehr krank, weshalb sie nie ihr Stadtviertel verlassen konnte. Nachdem ich von meinen Abenteuern erschöpft war ging ich gerne dort hin. Ich mochte dieses Mädchen und sie konnte mich seltsamerweise auch leiden. Auch wenn ich große Stücke auf mich halte, so gibt es doch nur wenige die mich wirklich leiden können. Bei ihr hieß es nie, dass ich irgendetwas tun sollte, um dabei zu helfen irgend so einen dämlichen Krieg zu gewinnen, der für das Gleichgewicht der Welten verantwortlich ist blah, blah, blah.“ Loki schüttelte den Kopf. „Nein. Sie wollte … wollte …“ Plötzlich steckte ihm ein Klos im Hals. Das Mädchen war ernsthaft krank und ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Wahrscheinlich würde sie noch nicht einmal das Alter einer Frau erfahren. Und weder der Halbriese, noch sonst jemand konnte ihr helfen. Bei dem Gedanken musste der Feuergott immer mit den Tränen kämpfen. Diesmal mehr als sonst, schließlich wollte er vor Thor nicht wie ein Weichei dastehen. Also atmete er einmal aus, um sein inneres Gleichgewicht wieder zu finden. „ wollte, dass ich ihr Geschichten erzähle. Dann begann ich immer über die schönen Dinge des Lebens zu erzählen. Wie das Licht des vollen Mondes auf der Oberfläche des Meeres tanzt. Oder wenn du in einem nebelverhangenen Wald bist und die ersten Strahlen des nahenden Tages durch die Äste kriechen und damit den zarten Schleier zerreißen. Ich habe ihr auch von einer bunten Blumenwiese im Frühling erzählt. Kannst du dir das vorstellen? Sie wusste noch nicht einmal wie eine Wiese aussieht.“ Loki lächelte gezwungen. „Deswegen bin ich lieber hier. Bei den Menschen. Es gibt hier so viele schöne Dinge und …“ Lokis Augen weiteten sich. Eine Erkenntnis überkam ihm. „Augenblick mal. Ich will nicht, dass die Riesen hier alles kurz und klein schlagen! Aber …“, ich will auch nicht, dass die arroganten Asen den Sieg davontragen, führte er seinen Monolog in Gedanken weiter. Jene Asen, die mich nie wirklich akzeptiert haben. Die mich gezwungen haben mit anzusehen, wie meine Kinder gefesselt, ins Wasser geworfen und verband wurden. Aber die Riesen sind auch nicht besser. Loki schaute auf die Gürtelschnalle von Thor. Mit einer schnellen Handbewegung zog er sie ab. „Tut mir leid, Thor. Ab hier bringe ich es alleine zu Ende.“ Bevor Loki ins Schneegestöber ging, hielt er kurz inne. „Und verzeih mir, dass ich dir Mjölnir gestohlen habe“, gestand Loki ohne sich umzudrehen. „Ich … ich musste es tun. Die Riesen hätten mich sonst getötet. Aber ihr Asen habt das ja auch des Öfteren versucht.“ Er seufzte schwer. “Ich verstehe einfach nicht, was die Menschen an euch finden.“ Mit diesen Worten ging der Gott des Feuers in die beißende Kälte des Sturmes. Nachdem er die Höhle ein Dutzend Schritte hinter sich gelassen hatte, durchschnitt ein wütender Schrei das Tosen des Windes. Schnaubend spurtete ein gewaltiger Fleischberg auf den Gott des Feuers zu. Loki drehte sich matt um. Der Faustschlag in sein Gesicht ließ ihn quer durch die Luft segeln. „Du! Du hast mir Mjölnir gestohlen!“, brüllte Thor mit wehenden Haaren gegen den Lärm des Sturmes. Loki spuckte Schnee aus und erhob sich. „Hast du dich noch nicht gefragt, wer ihn gestohlen hat? Wer den scharfsinnigen Verstand für so einen genialen Diebstahl besitzt? Wer gewitzt genug ist, um alle Aus- und Eingänge von Asgard zu kennen?“, Loki gelang es nicht so recht, seine Maskierung als Egomane aufrechtzuerhalten. Viel zu aufgewühlt war er, für einen Schlagabtausch mit Thor. Wenigstens scheint er meinen sentimentalen Ausbruch nicht mitbekommen zu haben, dachte er erleichtert. Thor schien sowieso nichts außer seinem Hammer zu interessieren. Wahrscheinlich fühlt er sich ohne den Hammer nur wie ein halber Barbar oder er bekommt ohne ihn keinen Hoch. „Hätte ich Mjölnir gehabt, hätte ich diese Men…“, Loki hörte nicht weiter zu. Viel zu sehr war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Kann er an nichts anderes mehr denken?, fragte sich Loki. Und so jemand soll die Menschheit beschützen? Das ich nicht lache. „Und jetzt ziehst du los, um dir Mjölnir unter den Nagel zu reißen!“, knurrte er weiter. „Stimmt“, Loki war nun sehr unterkühlt. Er hatte nicht vor, dieses gewichtige Ding zu behalten. Es war schon schwierig genug gewesen, den Mjölnir aus Asgard zu schaffen. „Ich weiß, was du vorhast! Du willst meinen Hammer nutzen, um Ragnarök frühzeitig auszulösen, damit du Asgard zerstören kannst! Dir liegt doch an keinem von uns etwas. Du kannst nur dich selbst lieben.“ „Genug!“, brüllte Loki. Seine Stimme hallte durch die eisige Ebene und brachte selbst den Sturm zum Verstummen. Thor hatte ihn einmal zu viel beleidigt. Die Augen Lokis begannen vor Zorn zu brennen. Er steckte sich die Schnalle an. Das Feuer der Wut in seinem Inneren wuchs um ein vielfaches an. Es ließ das Eis schmelzen und sogar das gefrorene Gras darunter in Flammen aufgehen. Auf seinem göttlichen Körper breiteten sich brennende Runen aus. Mit einem gewaltigen Flammenstrahl schleuderte er den mächtigen Thor zehn Meter durch die Luft. Bewusstlos klatschte der Barbar auf den Boden. Ebenso schnell, wie die Wut entflammt war, verpuffte sie wieder. Das Brennen verschwand. Loki beugte sich über den bewusstlosen Asen. Es wäre ein leichtes ihn zu töten. Langsam hob Loki den Stab in die Höhe. Die Klinge zeigte nach unten und funkelte Kalt im stetig reflektierenden Licht des weißen Schnees. „Ich darf nichts mehr dem Zufall überlassen.“ Loki atmete tief ein. Seine Lungen füllten sich mit eiskalter Luft. Mit einem Stoß sauste die Klinge nieder. Muskeln und Knochen wurden durchbohrt. Blut spritzte. Der Feuergott drehte die Klinge mit einem widerlich saugenden Geräusch nochmal um neunzig Grad, um die Wunde zu vergrößern. „Leb wohl, du Barbar. Wir werden uns in Helheim wiedersehen.“ Damit drehte sich Loki um und ging. Langsam begann der Sturm wieder aufzubrausen. Der Wind zerrte an Thors roten Haaren und Bart, in denen sich langsam Eiskristalle bildeten. Das Blut des Asen färbte den Schnee dunkelrot. Erst jetzt begriff Loki, was er getan hatte. „I-ich habe ihn besiegt“, Loki schaute stumpf zum Leib seines Feindes der im Schnee lag. „Aber … warum bin ich dann nicht glücklich? Jetzt bin ich doch wirklich der Stärkste aller Asen. Ich habe Niemanden mehr gehasst als Thor, den Lieblingssohn Odins. Aber warum freue ich mich dann nicht über meinem Sieg? Warum fühle ich mich so … so leer?“ Dann schob Loki seine Bedenken beiseite. Es gab jetzt wichtigere Angelegenheiten. Langsam Schritt er in Richtung der Riesen. Ein breites Grinsen verzerrte in seine Züge. „Nun werde ich sterben.“ Loki schaute lachend gen Himmel. „Hast du es gewusst? Odin? Hast du gewusst, dass es so kommen würde?“ Keine Raben. Nichts. In weiter Ferne streiften die gewaltigen Schatten der Riesen durch die mit Schnee- und Eisverzierte Dunkelheit. Loki nahm seinen Stab fest in beide Hände. Seine Heiterkeit wich der Grimmigkeit eines Kriegers „Ihr werdet diese Welt nicht bekommen!“ Sein Blick begann mehr denn je zu brennen. Der Feuergott verwandelte sich wieder in den Krieger mit aufgeplatzter Rüstung und der Rune auf dem Bauch. Schreiend rannte er auf die Schatten zu, die alles zerstörten, was sich ihnen in den Weg stellte. Aber dieses Maß an Zerstörung war nichts im Vergleich zu dem, was Loki anrichten würde.

Der letzte Riese sackte als brennende Fackel zusammen und kippte tot um. Loki keuchte angestrengt. Seine Lungen brannten. Jeder einzelne Muskel schmerzte. Um ihn herum lagen die dampfenden Leichen verkohlter Riesen. Ihr Blut durchtränkte den Schnee. Jetzt stand Loki vor einem Portal durch das die Ungetüme in die Menschenwelt gelangt waren. „Hoffentlich bringt mich das ins Reich der Riesen. Zeit meinen Verwandten, Hallo zu sagen.“ Mit einem Satz sprang er durch das Portal, nichtsahnend das sich ein gewaltiger Schatten humpelnd unter Stöhnen, Ächzen und Knurren auf dasselbe Ziel zubewegte.

Auf der Anderen Seite angekommen, wartete in einer öden, mit Ruinen übersäten Welt aus Fels, Schnee und Eis ein weiterer Trupp der gewaltigen Riesen. Aber sie hatten das Portal nicht im Blick, weshalb sich Loki schnell in eine Fliege verwandelte und somit die Feinde listig umging. Er flog auf ein Schloss zu, welches sich in die dunkle Nacht erhob. Einst musste es wunderschön gewesen sein, doch nun war es heruntergekommen und verfallen. Die Kälte hatte den Stein aufspringen und rissig werden lassen. Eis und Schnee hatten das baufällige Gemäuer zum größten Teil erobert. Als Loki die Riesen hinter sich gelassen hatte, verwandelte sich der Gott des Feuers in einen Falken, um schneller voranzukommen. Jetzt ging es um jede Sekunde. Mit großer Eile raste der majestätische Vogel durch ein großes Fenster in den eisigen von halbzerfressenen Steinsäulen gestützten Thronsaal von Geirröd, dem Fürsten der Riesen. Sein gewaltiger, sehniger Körper stieß fast an die Decke des kolossalen Saales. Auf seinem Haupte prangte eine rissige Steinkrone. In seiner gewaltigen Hand hielt er Mjölnir, Thors Hammer. Der Griff aus schwarzem Marmor war nur so groß, wie eine fleischige Pranke von Thor. Der urgewalte Hammerkopf aus Meteoritengestein war das genaue Gegenteil davon. Der mit goldenen Runen verzierte Stein war feingeschliffen und wies trotz seiner zahlreichen Schlachten nicht einen einzigen Kratzer auf. Tollpatschig rutschte der Falke über den gefrorenen Boden zu Füßen des Riesenfürsten. „Ah, wenn das nicht mein guter Freund Loki ist“, schallte es durch den Saal. Von wegen Freund, dachte Loki verächtlich. „Was verschafft mir diese Ehre? Willst du eine Revanche?“ „Eigentlich wollte ich mich nur um den Zustand … äh … Eurer Gesundheit erkundigen. Nach der großen Panik, die in Asgard herrscht, erhielt ich den Anlass zur Sorge, dass … äh, dass sich der mächtige Thor Eurer Türschwelle nähern könnte ... Ja genau.“ Der Riese lachte. „Für wie leichtgläubig hältst du mich, Feuergott?“ „Wie meinen?“ Loki verfluchte sich selbst. Hatten die Riesen etwa schon davon gehört, wer zu ihrer Vernichtung geschickt worden war? „Natürlich weiß ich, von Thor und dir. Hel war so freundlich euch beide anzukündigen“ Verflixt und zugenäht. Wenn mich dieser Verrat nicht selbst betreffen würde, wäre ich sogar stolz auf mein kleines Mädchen. Eine wahre Tochter des Loki. „I-ihr wisst?“, fragte Loki nervös. „Selbstverständlich. Aber da du alleine hier antanzt, kleiner Ase, nehme ich an, dass Thor tot ist.“ Der Falke wirkte jetzt wieder gefasster. „Darauf könnt Ihr Gift nehmen“, sagte er aus vollster Überzeugung. „Und?“, fragte der Riese begierig. Er rutschte auf seinen zerrissenen Steinthron nach vorne und beugte sich vor, während er sich selbst mit seinen schwieligen Händen an der Sitzfläche abstützte. „Hat er sehr gelitten?“ Loki lachte hämisch. „Und wie. Er hat sich sogar eingenässt, kurz bevor ich ihm den allesentscheidenden Todesstoß versetzt habe.“ Um seine Worte noch zu unterstreichen, verwandelte sich Loki in einem verwundeten Thor, dessen Genitalbereich durchnässt war. „Bitte, oh großer Loki, hab Erbarmen mit mir“, spielte der Feuergott die Szene eigeninterpretiert nach. „Ich bin ein Nichts. Du bist der wahre Liebling Odins. Das bestaussehenste Schlitzohr von ganz Asgard. Wie konnte ich armer Tropf nur glauben, dich herausfordern zu können.“ Geirröd schlug sich schallendlachend auf den Oberschenkel. Die gesamte Halle bebte unter seinem donnernden Gelächter. Schnee rieselte durch die Löcher der maroden Decke. „Aufhören! Aufhören! Ich kann nicht mehr.“, quickte er. Kichernd wischte er sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. Er atmete einmal tief aus. „Ihr habt etwas von einer Revanche erwähnt, oh baldiger Eroberer von Asgard.“ Loki musste den Würgreflex auf diese Lobpreisung unterdrücken, denn sonst hätte er sich unfreiwillig entleeren müssen. „Ja, eine ausgezeichnete Idee.“ Geirröd klatschte in die Hände, worauf Loki eine Druckwelle packte und ihn ein paar Meter nach hinten fliegen ließ. Dort verwandelte er sich in einen steinernen Bergriesen, dessen Körper mit immergrünen Bäumen bewachsen war. Kleinere Kiesel fielen in gähnende Schluchten. Sogar einige klare Bergflüsse mit rauschenden Wasserfällen ließen sich Blicken. „Dein Einsatz?“, fragte Geirröd gut gelaunt. Loki trat näher und schielte dabei auf Mjölnir, den Geirröd nicht aus der Hand legen wollte. „Och“, wich der Feuergott aus. Er musste nun sehr vorsichtig sein. Wenn er den Hammer verlangen würde, ließe das seinen Plan auffliegen. Also etwas, was man von ihm in einer jetzigen Situation erwarten würde. Seine wahren Absichten durften nicht zu früh enthüllt werden. „Ah. Ich hab´s! Meine Tochter Hel hat in ihrem Kleiderschrank äußerst interessante“, bei dem Wort zwinkerte er dem Riesenfürsten zu, „Unterwäsche. Und mit interessant, meine anrüchig.“ Geirröd rieb sich nachdenklich das Kinn. „Wie anrüchig?“, fragte er misstrauisch. „Nun ja. Es würde sie sämtliche Glaubwürdigkeit als Herrscherin kosten. Also könnte man sie damit erpressen.“ Tja, dachte Loki, du hast noch eine Menge über Verrat zu lernen, mein liebes Fräulein. „Abgemacht“, der Riese hielt Loki die Hand hin. Der Steinriese schlug ein. Der Hammer und der baldige Krieg mit Asgard schienen Geirröds Sinne zu vernebeln. Er hatte gar nicht gefragt, was der Feuergott als Einsatz verlangte. Aber Loki war es durchaus recht. Je schneller er diese Geschichte hinter sich hatte, desto besser. Geirröd stand von seinem halbzerfallenen Thron auf und hob ihn an. Unter seinem Herrschersitz zog er einen Kartenstapel hervor. Es war wie ein normales Kartenspiel, nur dass es für Riesen war und die dementsprechende Größe besaß. Geirröd stellte den Stapel auf den Boden, wo er Loki und sich selbst fünf Karten gab. Loki sortierte seine Karten in der Hand und versuchte den Riesen unauffällig auszuhorchen. „Also“, sagte er betont langsam. „Was werdet Ihr nach der Zerstörung von Asgard tun, oh größter aller Riesen?“ „Vorerst werde ich unser Kartenspiel gewinnen.“ „Aber selbstverständlich“, bestätigte Loki mit einem übertriebenen Nicken. Wer´s glaubt, dachte er verdrießlich. „Und sobald du mir die Unterwäsche gebracht hast, werde ich Helheim erobern. Entweder wird deine Tochter mir ihren Thron überlassen oder ihr Geheimnis wird auffliegen.“ Nicht wenn ich es verhindern kann, dachte Loki einem knurrenden Hund gleich. Der Steinriese hatte Mühe seine Wut zu unterdrücken und nicht sofort aufzuspringen und alles in Schutt und Asche zu legen. „Ein genialer Schachzug“, lobte der Gott mit gespaltener Zunge den Riesen und machte den ersten Zug, indem er eine Karte zog. Jetzt begann Geirröd überschwänglich aus dem Nähkästchen zu plaudern. „Ich hätte dich gerne bei der Eroberung von Asgard dabei. Du kennst viele Wege hinein und wieder hinaus. Mit dir als Strategen und Mjölnir wären die Riesen unbesiegbar.“ Loki hielt sich nachdenklich das Kinn und tat so, als wenn er darüber nachdenken würde. „Mh. Mal überlegen. Meine besten Freunde unterstützen“, Ha-ha. Guter Witz meiner Seitz, dachte Loki, „und den Untergang der Asen aus erster Reihe mit ansehen. Da sag ich natürlich nicht nein“, Loki schlug lächelnd eine Karte auf den Boden, worauf Geirröd eine weitere Karte nahm. Loki schaute sich im Thronsaal um. „Wenig los heute.“ „Och ja“, meinte Geirröd achselzuckend. „Sämtliche Riesen marschieren in die Menschenwelt. Damit vergrößern wir unser Territorium und zwingen die Asen zu einem Angriff, dessen Niederlage sie nicht einmal in ihren kühnsten Albträumen erahnen können.“ „Ist es nicht etwas unvorsichtig, den Palast so ganz ohne Schutz zurückzulassen?“ Der Riese lachte schallend auf. „Der einzige Ase, der mir im Moment etwas anhaben könnte, bist du. Aber ich kenne deine Feigheit. Du würdest mich nie betrügen, dafür fürchtest du mich zu sehr.“ Loki tat so, als wenn er sich ertappt fühle. „Wie konnten die Asen Euch nur so lange trotzen?“ Innerlich schüttelte der Feuergott den Kopf. Was für ein Trottel. Draußen krachte es. Lauter Schlachtenlärm drang in den Thronsaal. Schreie von Sterbenden. Schreie sterbender Riesen. Die Erde erbebte. „Was ist da los?“ Verwundert erhob sich Geirröd und schaute durch eines der Fenster. „Sind die Asen schon hier? Hat Odin seine Krieger geschickt, um mir meinen Hammer zu stehlen?“ Ah, endlich ist mein Ablenkungsmanöver eingetroffen, dachte Loki freudig. Diese Schmierenkomödie hätte keine Sekunde länger ausgehalten. Verstohlen schielte der Feuergott zum Mjölnir, welchen der Riese unbeabsichtigt aus der Hand gelegt hatte. Das ist der richtige Moment. Jetzt oder nie, dachte er sich. Langsam wanderte seine Hand in Richtung der heiligen Waffe. Seine Hand zitterte. Jetzt ging es um alles oder nichts. Wenn man ihn dabei erwischte, wie er mit zitternder Hand nach dem Mjölnir griff, war alles vorbei. Er durfte nicht versagen, unter gar keinen Umständen. Sonst würde man ihn … „Was tut ihr da?!“ Als Geirröd sich wieder umdrehte, ertappte er Loki dabei, wie er sich die Karten des Fürsten anschaute. Hastig zog Loki seine Hand zurück. „Interessantes Blatt“, lächelte der Feuergott gespielt unschuldig. „Loki, Loki. Du bist wahrlich unverbesserlich.“ „Schuldig im Sinne der Anklage“, Loki zuckte ergebend die Achseln. Gerade als Geirröd sich wieder setzen wollte, stieß ein Hüne mit verletztem Knie das Tor auf und humpelte wütend knurrend in den Thronsaal herein. Es war Thor. Und er war nicht gut gelaunt.

Fortsetzung folgt…


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Beschreibung des Autors zu "Die List des Loki"

Hier mal eine verborgene Seite des Gottes. Hoffe es gefällt euch. Das nächste Kapitel werden Ragin und ich zusammen ausarbeiten.

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