Passage.

Die Nacht erschien mir wie eine Ewigkeit. Nicht das Schlafen an sich, sondern die Handlung des Einschlafens. Zu viel ging mir durch den Kopf. Zu viel, wie immer. Er war zum Zerbersten gefüllt mit unnützen Gedanken an unnütze Handlungen an unnützen Tagen.
Manchmal schlüge ich mir selbst am liebsten ins Gesicht, um mich selbst aus meinem ewigen Schlaf des Trübsinns aufzuwecken, der mich am Schlafen, am Träumen hinderte.

In dieser Nacht, in der mich meine Nervenzellen wieder nicht ruhen lassen wollten, sah ich den Mond durch das Fenster scheinen. Er tauchte die durchsichtigen Vorhänge in ein silbrig weiches Licht. Doch die Nacht trug nicht dasselbe Kleid, das sie für gewöhnlich anzog. Das Seidenkleid nahm eine matte, olivgrüne Farbe an. Das verwunderte mich, und machte mich gleichzeitig neugierig. Was war heute nur los?

Verschlafen und unbeholfen zog ich mich in langsam schleppenden Rhythmus aus dem Bett, hievte mich irgendwie zum Fenster, zog die Vorhänge zurück und erschrak: ein horizontal angeordneter Kreis aus Knochen flog vor meinem Fenster herum - vor der Kulisse eines aufgewühlten, aufgescheuchten Himmels.
Was hatte das nur zu bedeuten?

In einen dunkelblauen Kimono gehüllt flog ich die Treppe hinab um meiner Mutter von dieser Entdeckung zu erzählen. Doch als ich sah, wie sanft und friedlich sie in ihrem Bett lag, nichtsahnend, welches Schreckensszenario sich vor meinem Fenster abspielte, überlegte ich es mir anders. Diese Sache sollte ruhen...

Bei geschlossener Tür wagte ich noch einen Blick nach außen. Die Knochen waren noch da. Flogen in erschreckender Geschwindigkeit immer im Kreis, im Kreis, im ewigen Kreis. Und es schien, als sprächen sie zu mir. Als würde sich die harte Oberfläche langsam aufspalten und mit improvisiertem Mund zu mir sprechen: Nimm dich in Acht, hüte dich vor der Gefahr... hüte dich vor der Gefahr, die hinter den Bergen lugt und nur darauf wartet, dich aufzusuchen...

In dieser Nacht schlief ich einen unruhigen Schlaf. Träumte von Knochen. Von grünem Blut, das aus den Wunden des Himmels lief, und eine dunkle Vorahnung beschlich mich am nächsten Morgen.

Einige Tage verliefen relativ normal. Der alltägliche Trubel hielt mich zur Genüge in Atem. Keine Zeit, den anderen von meiner Entdeckung zu erzählen. Ich wollte es meiner Mutter auch nicht zumuten. Sie hatte genug um die Ohren. Und jegliches anderes Menschenleben auf diesem Planeten hätte mir sowieso nicht geglaubt. Sofern es sich um Individuen handelte, die keine bewusstseinserweiternden Drogen zu sich nahmen, Pilze oder Mohnkuchen. Oder Alkohol, oder Rauch, Tüten, Schokolade... und so blieb dann auch kein einziger, armer Tropf übrig. Kein einziger...

Doch am 6. Tag nach meiner Entdeckung sollten die Knochen endlich wieder sprechen...


© Da-Hi T. Koch


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Kommentare zu "Die Prophezeiung der Knochen."

Re: Die Prophezeiung der Knochen.

Autor: Ralf Risse   Datum: 22.09.2013 15:17 Uhr

Kommentar: Hallo DASHERZ, deine Geschichte bittet förmlich darum weitergeschrieben zu werden . . .
Gruß Ralf

Re: Die Prophezeiung der Knochen.

Autor: dasherz   Datum: 22.09.2013 16:57 Uhr

Kommentar: hallo RALF, vielen dank! ich werde das definitiv nachholen, wenn darum so nett gebeten wird!

lg
dahi

Re: Die Prophezeiung der Knochen.

Autor: Drachenblut   Datum: 24.07.2014 17:49 Uhr

Kommentar: Ich will mehr.
Weißt du schon wanns weitergeht ich will wissen was da hinter dem berg ist.

Die Prota ist auch cool fragt sich was das zu bedeuten hat.
Jeder andere wäre schlatrunken und würde sich erstmal in den handrücken zwicken und sich dann fragen ob er verrückt ist und dann auf die idee kommen das er nur träumt.
Aber sonst super

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