Amelie, das Mädchen mit der Schere.

Eine liebliche und zugleich mystische Kurzgeschichte.


© Franz Andreas Jüttner

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Es begab sich einmal vor langer Zeit, ich war noch ein junger Mann, da war ich in eine kleine Lady verliebt, ja und wenn ich sie sah klopfte mein Herz mir bis zum Hals hoch, tja und was mich ärgerte war, sie würdigte mich keines Blickes.
Das komische an dieser ganzen Sache war, dass Amelie so war ihr Name wohl, nie im Kindergarten und in der Schule war, und wo sie wohnte wusste auch keiner im Ort.
Man munkelte sie sei ein Geist der etwas in unserer Welt suche, aber genaues wisse man auch nicht hieß es.
Also mir war das egal, denn wie ein Geist sah sie ja nun wirklich nicht aus, nur mal mich eines Blickes würdigen könnte sie mich ja auch mal, und guten Tag sagen ja das wäre doch wohl auch mal angesagt.
An einem Freitag den 13., ich spazierte mal wieder durch unseren Ort, sah ich sie plötzlich wieder, meine Angebetete, nur heute war alles anders wie sonst, denn sie blickte mich lächelnd an und meinte mit einer lieblich weichen Stimme, nimm meine Hand und gehe mit mir in meine Welt, denn ich möchte dir etwas zeigen.
Ich sagte zu ihr, nun wir können in die Eisdiele gehen, aber in eine Welt die ich nicht kenne, da gehe ich mit dir nicht hin.
Da schaute sie mich böse an und sagte, na dann eben nicht, dann suche ich mir jemand anderes und verschwand plötzlich.
Da ich ja eigentlich zu einem Kumpel gehen wollte machte ich mich auf den Weg zu ihm, denn Richard und ich wollten zusammen Klavier spielen.
So verging der ganze Nachmittag mit dem Klavierspiel und ich mich danach auf den Heimweg machte.
Nur was war das denn, plötzlich stand Amelie vor mir und sagte, hey Kleiner, jetzt sei kein Angsthase und gehe mit mir in meine Welt, denn ich muss dir dringend etwas zeigen.
Sie nahm meine Hand und wir gingen die Ortsstraße hinunter wo ich plötzlich eine Nebelwand sah durch die wir gemeinsam gingen.
Da sah ich einen See und am anderen Ufer eine Stadt wie ich sie noch nie gesehen hatte, ja und vor der Stadt waren Berge und ein Strand, schon irgendwie seltsam.
Und jetzt erst bemerkte ich, das Amelie an einer Schnur eine Schere hinter sich herzog und ich fragte sie, für was soll denn diese Schere denn sein die du hinter dir herziehst.
Da sah sie mich mit ihren funkelten bläulichen Augen an und meinte grinsend, nun mein Lieber, mit dieser Schere wurden meine Eltern erstochen und nur weil ein armer Irrer in deren Wohnung Schmuck suchte und nichts fand, denn meine Eltern hatten keinen in ihrem Zuhause sondern im Schließfach einer Bank.
Ja und die Leichen meiner Eltern warf er in den See, damit sie nicht gefunden werden konnten.
Amelie meinte mit jetzt Tränen in ihren Augen, ja und man hat meine Eltern bis heute nicht gefunden, und deshalb streife ich durch deinen Ort wo du wohnst um jemanden zu finden der mit mir nach meinen Eltern sucht.
Ich fragte Amelie, und wo warst du an dem Tag wo diese schreckliche Tat stattfand?
Ach meinte sie, ich war mit meiner Freundin bei meiner Oma, denn da gab es immer etwas ganz leckeres zum Essen, und da sagten wir zwei nie nein und so.
So machten wir uns auf den Weg zum See um ihre Eltern zu finden, und wir fanden sie auch, denn wir fuhren mit einem kleinen Paddelboot bis zur tiefsten Stelle, ja und da sahen wir durch das klare Wasser zwei Gestalten liegen, ihre Eltern.
Amelie war jetzt glücklich, denn sie wusste jetzt wo ihre Eltern waren, und sie hatte einen Ort um trauern zu können, dies gönnte ich ihr von ganzem Herzen.
So paddelten wir mit dem kleinen Boot wieder zurück an den Strand und unterhielten uns bis spät in den Abend hinein.
Da stand Amelie plötzlich auf und verabschiedete sich von mir und ging zum See, und ich glaubte es nicht, sie ging in das Wasser, immer weiter und immer weiter.
Ich rief ihr zu was das denn werden sollte, und sie antwortete, ich gehe zu meinen Eltern, da wo ich hingehöre, denn ich bin auch schon seit Jahren tot!
Es war als traf mich der Schlag, war Amelie tatsächlich ein Geist?
Ich rief ihr zu, woran bist du denn gestorben, und sie antwortete mir, ich bin an der Einsamkeit gestorben, denn ohne meine Eltern war mein Leben trist und leer.
Nun rannte ich zu ihr in den See und umarmte sie innig, ja und ich küsste sie auf den Mund und sagte zu ihr, gehe hin du Schönheit und werde endlich zusammen mit deinen Eltern glücklich, wenn man das so sagen darf.
Da schaute sie mich mit ihrem schönen Gesicht an und meinte, mein lieber Freund, ich werde glücklich sein, denn nun können unsere Seelen endlich Frieden finden.
Wir schauten uns ein letzes mal an und hatten beide Tränen in den Augen, aber wir wussten, unsere Seelen werden sich eines Tages wieder sehen, daran glaubten wir beide.
Amelie ging dann weiter in den See bis ich sie nichtmehr sehen konnte, ja und ich ging nachdenklich zurück zum Strand und dachte so bei mir, hoffentlich umarmen sich jetzt ihre Seelen und sie fliegen hoch zu den himmlischen Sphären wo sie für immer glücklich sein werden.
Plötzlich hörte ich aus dem See Stimmen die riefen, danke mein lieber Freund, danke für alles.
Da es schon spät war ging ich durch diesen komischen Nebel wieder zurück in meine Welt, denn Zuhause warteten ja schon meine Eltern mit dem Abendessen, ja und sie bemerkten, heute war ich irgendwie ruhig und nachdenklich, denn ansonsten war ich ein lustiger und froher Zeitgenosse und zu jedem Schabernack aufgelegt.
Und was soll ich sagen, ab diesem Tage habe ich Amelie nie wieder gesehen, nur einmal habe ich ihre Stimme gehört, in unserer Gemeindekirche wo ich Ministrant war, sie sagte zu mir, hey mein Freund, da wo ich jetzt bin ist es himmlisch schön, das kannste mir glauben.
Übrigens meinte sie, der Erzengel der mich betreut hat mir versprochen, dass ich dein Schutzengel werden darf wenn ich alle himmlischen Aufgaben meistere, und das werde ich, versprochen meinte sie.

In einem Traum man glaubt es kaum, sah ich sie dann doch noch ein letztes mal, sie lächelte mich an und sonst nichts, aber dadurch allein wusste ich was sie mir sagen wollte.


© Franz Andreas Jüttner


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