(Kapitel 5)


Kapitel 5
Das Götterfest

˹Maren rannte durch das Dickicht des Waldes, ohne zu wissen wohin. Ihre Beine trugen sie, lenkten ihren Weg. Undurchdringbare Dunkelheit umhüllte sie und konnte nur von grünen stechenden Lichtern durchbrochen werden, von vielen vielen grünen Lichtern. Sie verfolgten Maren wie riesige Augen die sie anstarrten und zu durchbohren versuchten.
Endlich lichtete sich das Dickicht und ließ so den Blick auf eine riesige Wassermasse frei, das Meer. Der Wind frischte auf, erst eine leichte Brise dann ein verhängnisvoller tobender Sturm, der an ihr zog und zerrte, wie ein Spiel das er mit einem einzelnen Blatt eines Baumes trieb, dass sich weigerte im tiefsten Herbst auf den Boden zu fallen.
Das Wasser bäumte sich auf. Große dunkle Wellen schlugen über Marens Kopf ein. Sie wollte fliehen, zurück in den Wald, doch sie konnte sich nicht bewegen, es hielt sie fest und ließ sie nicht mehr frei. Sie schrie, doch ihr Hilferuf wurde erstickt unter den tödlichen Fluten. Wasser drang in ihren offenen Mund und verdrängte all die Luft in ihren Lugen. Verzweifelt versuchte sie sich zu bewegen, einen Weg zu finden den sicheren Tod zu entrinnen. Doch der Druck des nassen Todes war zu stark und sie zu schwach, um sich befreien zu können. Sie war verloren. Es war nur noch eine Frage von Momenten, von Herzschlägen, bis sie Anim Gesellschaft leisten würde.
Ein gleißendes blaues Licht erstrahlte an ihrem Finger. Es vertrieb die Dunkelheit und beruhigte die Wassermassen, die sich daraufhin zurückzogen und Maren wieder frei gaben.˼

Schweißgebadet fuhr Maren hoch. Ihr schwarzes Haar klebte an ihrer Stirn und Schweißperlen rannen über ihr Gesicht. Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen und wild schlagenden herzen, erkannte sie sich nach wenigen Momenten das sie in der Sicherheit ihres Zimmers befand. Erleichtert legte sie ihre Hand auf ihr Herz und atmete tief aus um sich zu beruhigen. >Ein Traum, zum Glück.< Ihr Blick fiel auf ihren Ring. Es war sein Licht gewesen das sie aus dem Traum gerissen hatte. Der dunkelblaue Stein glimmte noch leicht, bis er dann völlig erlosch. Seit Maren diesen Ring bekommen hatte, passierten ihr seltsame Dinge. Erst spielte ihre Tante verrückt und dann diese Gestalt in der Nacht und die grünen Lichter, die sie bis in ihre Träume verfolgten, auch wenn sie es sich nur eingebildet hatte.
Seitdem war, glücklicherweise, nun schon ein ganzer Tag vergangen ohne weitere Zwischenfälle, bis auf diese seltsamen Träume. Dieser Traum war nicht der erste gewesen, denn letzte Nacht hatte sie den selben gehabt. Es bereitete Maren Sorgen. Es musste ja irgendetwas zu bedeuten haben und sie fürchtete das es ihr nicht gefallen würde.
Mit dem Kopf voller Gedanken ging sie früh am Morgen mit ihrem Vater und der kleinen Fia auf den Arm in die Stadt um eine Amme zu finden. Sie brauchten nicht lange zu suchen bis sie fündig wurden. Eine braunhaarige Frau mit dem Namen Síne, ungefähr zwei Dutzend und acht Jahre, hatte vor wenigen Wochen ihr viertes Kind bekommen, einen Jungen. Sie hatte sich dazu bereit erklärt Fia an ihrer Brust zu stillen. Dann machten sich Maren und ihr Vater mit Fia auf den Weg zurück auf die Felder. Sie verbrachten den Rest des Tages damit die Felder zu ernten. Alec und Eara halfen ihnen. Erst als die Sonne wieder dabei war unter zu gehen machte sich Maren abermals mit ihrem Vater auf in die Stadt. Dort schafften sie es den ganzen Hafer und Weizen, den sie geerntet hatten, an die Bäcker zu verkaufen.
Es war ein ruhiger Tag gewesen, den Maren die Ereignisse kurz zuvor vergessen ließen. Doch jetzt nach dem Traum, waren sie wieder so frisch in ihrem Gedächtnis, als ob sie sie erst vor wenigen Momenten erlebt hätte. >Nein<, entschied Maren. >Das hat nichts zu bedeuten. Tante hat sich nur so merkwürdig verhalten weil es ihr nicht gut ging und die Silhouette in der Nacht habe ich mir nur eingebildet. Mehr steckt nicht dahinter.< Doch obwohl sich Maren das einredete, blieb ein mulmiges Gefühl in ihrem Margen. Seufzend stand sie auf, sie musste sich auf andere Gedanken bringen.
Alec, Eara und ihr Vater waren schon auf und der Tisch gedeckt mit Brot, Käse und Wasser, mehr hatten sie nicht mehr. „Maren“, sagte ihr Vater voller Sorge. „Du siehst blass aus. Hoffentlich hast du dich nicht bei Nessa angesteckt.“ Maren setzte sich an den Tisch und schnitt sich mit einem Messer ein Stück von dem Brot ab. „Ich habe nicht gut geschlafen, dass ist alles.“ „Bist du sicher?“, hakte ihr Vater nach. Maren nickte nur, sie wollte nicht über ihren Traum sprechen.
„Kommst du auch mit in die Stadt?“, fragte Eara sie. „Wir gehen zum Götterfest.“ „Können wir uns das denn erlauben?“, fragte Maren ihren Vater. Dieser lächelte. „Wir haben gestern viel eingenommen. Allein von dem Silberstück können wir zu fünft einen Monat lang leben.“ Maren erinnerte sich. Einer der Bäcker in der Oberstadt hatte ihnen für ihre Waren ein ganzes Silberstück gegeben. Sie und ihr Vater waren außer sich vor Freude gewesen. „Wir haben uns diesen Tag verdient“, sagte ihr Vater.
Schnell beeilten sich alle mit dem Frühstück. Alec und Eara wollten so schnell wie möglich auf das Fest, selbst Maren verspürte einen Anflug von Aufregung.

Wenig später trat Maren durch die Stadttore in die Unterstadt. Mit großen leuchtenden Augen blieb sie stehen. Jedes Jahr im Frühling wurde für die Götter ein Fest veranstaltet um sie zu ehren. Die Stadt sah aus als hätte ein Künstler sich ihrer erbarmt und ihre grauweiße Trostlosigkeit über Nacht in ein buntes Meisterwerk verwandelt. Die Häuser waren geschmückt mit den buntesten Blumen, die Straßen waren gesäubert und Blüten waren auf den Wegen verteilt, Bäcker verkauften süßes Gebäck, eine Leckerei die sich nur die höheren Stände erlauben konnten, und die Menschen liefen in den bunten Farben der Götter umher. Maren erblickte Priester und Priesterinnen die in dunkelblauen, grau hellblauen, weißen, roten, rosanen, violetten und eisblauen Roben. Die Farben der Götter schmückten die gesamte Stadt, selbst hier und da blitzte auch die schwarze Robe eines Priesters Nihils, der dunklen Göttin des Nichts hervor.
Maren konnte sich nicht mehr erinnern wann sie das letzte mal auf dem Götterfest gewesen war. In den letzten Jahren musste sie sich mit ihrem Vater um die Felder kümmern.
Die ganzen Eindrücke prasselten auf die arme Maren ein und drohten sie zu erschlagen, dennoch war sie begeistert. Eine Schwester Feminas trat an sie heran. Sie trug ein Gewand aus rosa und weiß, dass fast zu viel von ihrem Körper preis gab. Es war fein gearbeitet, reichte knapp über den Boden, besaß jedoch einen tiefen Ausschnitt, der einen einladenden Blick auf ihren Busen bot, der Rücken war ausgeschnitten und an den Seiten war es aufgeschlitzt. Um ihren Hals trug sie eine Kette mit matt rosafarbenen Steinen. Ihr blondes langes Haar viel offen über ihre Schultern und ihre langen Wimpern um ihre großen grünen Augen waren geschwärzt. Mit einem freundlichen Lächeln steckte sie Maren eine blutrote Blume in ihr Haar, eine Lebensblume.
Im Sommer würden sich ihre Blüten anfangen sich weiß zu verfärben und im Herbst würde das Rot völlig verschwunden sein, bis sie im Winter starb.
„Möge deine Schönheit länger wären als die der Lebensblume“, sagte die Schwester Feminas und ging davon um weiteren Frauen Lebensblumen ins Haar zu stecken. Marens Vater räusperte sich. Eine leichte röte war in sein Gesicht gestiegen. „Ich hoffe du bleibst Aquarius treu und wirst keine Anhängerin Feminas.“ Maren kicherte leise. Sie wusste das er sich nur Sorgen machen würde wenn sie in so einem Gewand durch die Straßen lief. Femina war die Göttin der Fruchtbarkeit, Schönheit und Weiblichkeit, aber vor allem die Göttin der Verführung. Nein, dass war nichts für sie, der Heer der Meere passte besser zu ihr.
„Können Alec und ich zum Tempel von Ignia?“, fragte Eara Marens Vater aufgeregt. „Dort soll ein Feuerschauspiel stattfinden.“ Ignia war die Göttin des Feuers und des Tages und Feminas Mutter. Es hieß sie hätte die Sonne erschaffen, auch wenn die Alchemisten behaupteten das könnte nicht sein. Sie sagten, die Sonne existierte länger als Kritena und Ignia entstand aus einer Verbindung zwischen Aquarius und einer Menschenfrau. Wie könnte Ignia also die Sonne erschaffen haben, wenn es die Menschheit, die Welt auf der sie lebten damals noch nicht einmal existiert hatte. Ignia war sowieso ein Rätsel für die Anhänger der anderen Götter. Es gab schon einige Aufzeichnungen wo Kinder aus einer Verbindung zwischen einem Menschen und einem Gott entstanden waren, doch Ignia war die einzige Göttin unter ihnen, während all die anderen sterblich waren und irgendwann zu Anim gingen.
Marens Vater lächelte. „Nun geht schon ihr beiden. Wir treffen uns bei Sonnenuntergang wieder hier.“ Lachend liefen Eara und Alec davon. >Wie die beiden in so kurzer Zeit aufgeblüht sind<, dachte Maren während sich ein warmes Gefühl in ihr ausbreitete. Ihr Vater wandte sich ihr zu. „Ich bringe Fia zu Síne, wir sehen uns später.“ Maren nickte, dann verschwand ihr Vater in der Menschenmasse.
Hmm, überlegte sie. >Was soll ich tun?< Nach kurzem überlegen entschied sie sich jedem Götterhaus einen Besuch abzustatten, immerhin wurde zu ihren ehren das Fest veranstaltet. In der Unterstadt gab es nur zwei Tempel, den von Glacinea und von Unitas. Maren hatte sie schnell erreicht. Die beiden Häuser standen sich gegenüber.
Unitas´ Haus war in einem reinen Weiß gehalten. Er war der Gott der Einheit und Anims Sohn. Er fügte die Welt und ihre Bewohner zu einem Ganzen zusammen. Seine Priester verteilten Ketten. Maren trat an einem der Priester heran, der sie daraufhin segnete und ihr eine Kette gab. Sie war weiß, in der Form eines Halbmondes mit Einkerbungen am Rand. „Jede Kette ist ein Teil eines großen ganzen“, erklärte der Priester. „Finde die Stücke die sich an deiner Kette anschließen lassen.“ Es war ein riesiges Puzzle wie Maren erkannte.
Dann blickte sie auf das Haus von Glacinea, der Göttin des Schnee und Eises, das mit einer eisblauen Farbe verziert war. Ihre Priester gefroren mit der Kraft ihrer Göttin Wasser zu Eis. Bildhauer verwandelten die Eisblöcke zu atemberaubenden Skulpturen. Die größte war an die zehn Fuß hoch und stellte die Göttin selbst da. Man sagte das Glacineas Eis niemals schmelzen würde. Erstaunlicherweise hatte sich unter keine der Skulpturen auch nur den hauch einer Pfütze gebildet. Maren schaute noch einige Zeitlang zu. Es entstanden majestätische Kreaturen, die sie nur aus Legenden kannte, wie Drachen oder Greifen.
Irgendwann riss sich Maren los und lief weiter. Ihr nächstes Ziel waren die Götterhäuser der Mittelstadt. Vor Aquarius´ Haus fand ein Schauspiel aus Wasser und Licht statt. Maren traute ihre Augen nicht als Wassersäulen in die Luft schossen, vom Sonnenlicht erstrahlt wurden und dann wie ein Nieselregen auf den Boden wieder aufkamen. >Wie bekommen sie das nur hin?<, fragte sich Maren und entdeckte den Priester der ihr den Ring gab. Er legte einen dunkelblauen Stein, der so aussah wie der ihre nur fast vier mal so groß war, in das in den Boden eingelassene Wasser, trat zurück und eine weitere Säule schoss in die Luft. Ein Raunen der Begeisterung ging durch die Menge. Maren war verzaubert, so etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen.
Dann trat ein Priester Anims, erkennbar an der grauen hellblauen Robe, an die Wassersäulen heran, stellte sich mit dem Gesicht der Menschenmasse gegenüber und entblößte eine blaue Flamme die zwischen seinen Händen schwebte. Er reckte die Hände in die Luft, die Flamme schwebte über seinen Kopf weiter. Die Menge hielt den Atem an, so auch Maren. Was würde wohl jetzt geschehen? Vier Wassersäulen schossen in die Luft. Zwei vor dem Priester Anims, zwei hinter ihm. Das Wasser rieselte zu Boden, traf die Flamme. Sie verteilte sich, vermischte sich mit den Wassertropfen und erstrahlte sie von innen. Viele kleine Lichter fielen zu Boden. Die Menge jubelte und klatschte in die Hände, so auch Maren. Die beiden Priester verbeugten sich und das Schauspiel war vorüber, vorerst. >Schade.<
Maren drehte sich weg und sah auf das Haus Nihils. Die Priester der Göttin hielten sich oft eher bedeckt, auch heute hielten sie sich zurück. Die schwarze Tür des Gotteshauses öffnete sich und eine Schar aus Menschen in schwarzen Umhängen, die Kapuzen tief in die Gesichter gezogen, traten heraus und verstreuten sich in alle Richtungen.
Zu beginn der Zeit gab es nur drei Götter: Aquarius, Anim und Nihil. Aquarius schuf Kritena und all das Leben darauf. Anim war der Heer des Totenreichs und Beschützer der Seelen. Nihil war die Schwärze, das Nichts. Sie streute Zwietracht zwischen den Menschen, verdarb ihre Seelen und versuchte alles zu vernichten. Sie wollte das absolute Nichts erreichen. Ein Schauer lief Maren den Rücken runter. Diese Göttin war ihr nicht geheuer. Einer ihrer Anhänger blieb vor Maren stehen. Sie erkannte unter dem Umhang leichte Umrisse die nur einer Frau gehören konnten. Die Frau starrte sie an, rührte sich kein Stück. Ein lächeln huschte über ihr Gesicht, dass Maren eine Gänsehaut bereitete. Die Kapuze hob sich durch eine leichte Brise, die Maren nicht spürte, und entblößte zwei stechend grüne Augen. Das Grün begann zu leuchten, wuchs zu zwei Flammen in der Dunkelheit der schwarzen Robe heran. Maren stolperte nach hinten und unterdrückte gerade noch einen Aufschrei.
Eine Hand ergriff Marens Schulter und ließ sie zusammen zucken. Was würde nun mit ihr geschehen? „Lass sie in Ruhe Ausgeburt Nihils“, sagte eine Stimme, die Maren bekannt vorkam und sie erleichtert ausatmen ließ. Es war Aquarius´ Priester. Das Leuchten aus den grünen Augen verschwand und die Kapuze senkte sich wieder, dann verschwand die Frau. „Danke“, hauchte Maren, die nicht fassen konnte das ihre Einbildung vielleicht gar keine war. „Pass auf dich auf“, sagte der Priester und ließ ihre Schulter wieder los. „Die Götter mögen dich schützen.“ Er ging zurück zu dem Priester Anims ohne Maren aus den Augen zu lassen. >Ich kann froh sein, dass er mir zu Hilfe gekommen ist<, dachte sie. >Ich möchte gar nicht erfahren was sonst mit mir geschehen wäre.< Maren schluckte schwer. Dann lief sie weiter, sie wollte so schnell wie möglich weg von dem schwarzen Tempel.
Sie ging in die Oberstadt, denn dort würden die letzten drei Götterhäuser sein. Die Straßen der Oberstadt, waren heute kaum von denen der Unterstadt zu unterscheiden. Um einem riesigen Platz, in dessen Mitte ein Springbrunnen stand, standen das rotweiße Haus Ignias, das rosaweiße Haus Feminas und das violettweiße Haus Sihns. Doch Marens Aufmerksamkeit galt dem Springbrunnen. Wurde dort auch das Wasser durch die Hilfe Aquarius in die Luft geschossen? Das musste so sein, anders konnte sie sich das nicht erklären.
„Maren“, rief die Stimme eines Jungen ihren Namen, Alec. „Na, gefällt dir das Fest?“, fragte Maren als er zu ihr gelaufen war. Eara war nicht bei ihm, wahrscheinlich schaute sie noch dem Feuerschauspiel zu, dass Maren von ihrer Position aus kaum erkennen konnte. Alec nickte eifrig auf ihre Frage. „In den letzten Jahren war es nicht so toll wie jetzt.“ Maren konnte nichts dazu sagen, sie wusste es nicht. „Glaubst du wir können das große Finale sehen?“, fragte er mit leuchtenden Augen. >Das große Finale?<, fragte sie sich, sagte jedoch: „Bestimmt.“
Maren sah sich um. Die Türen von Feminas Haus waren weit geöffnet. Maren spähte hinein. Die Statur der Göttin stand in der Mitte eines rosaweißen Raumes. Die Göttin saß auf einem Felsen, die Beine über einander geschlagen, das lange Haar fiel in wellen über ihren Rücken und ihr menschlich dargestellter Körper war entblößt. Männern war der Zutritt in den Heiligen Räumen der Göttin verboten, nur zu der Zeit des Götterfestes gab es eine Ausnahme. Sie mussten auch die Möglichkeit bekommen der Göttin die Ehre zu erweisen. Einige von ihnen sprachen mit den Schwestern Feminas, die sie mit einem anzüglichen Lächeln betrachteten. Wenige Momente später verschwanden die Schwestern mit den Männern tiefer in die Räume. Maren wollte gar nicht wissen was sie dort trieben und wandte sich daher mit hochrotem Kopf ab.
„Was hast du?“, fragte Alec, der ihr rotes Gesicht betrachtete. „Gar nichts, alles ist in Ordnung“, gab sie knapp zurück. „Was wohl die Männer und Frauen da drin machen?“ Alec blickte neugierig in das Haus Feminas. „Überhaupt nichts“, sagte Maren, ergriff seine Hand und zerrte den verwunderten Jungen, der gar nicht wusste was überhaupt los war, mit sich.
Sie lief ohne darauf zu achten direkt auf Sihns Haus zu. Wie angewurzelt blieb sie vor dem violettweißen Gebäude stehen. Es würde sie nicht wundern wenn es seine Anhänger waren die sich gerade mit den Schwestern Feminas vergnügten. Sihn war der Gott der Sünde und passenderweise Faminas Vater. Seine Priester predigten, dass eine kleine Sünde hin und wieder mal nicht schadete und Nihil einem deswegen nicht in ihren Bann ziehen könne. Daher war Maren nicht überrascht das diese gerade damit beschäftigt waren die Menschen auf den Straßen zu einer kleinen Sünde zu verleiten. Seufzend schüttelte sie den Kopf.
„Komm“, sagte Alec. „Wir gehen zu Eara.“ Dagegen hatte Maren nichts einzuwenden. Gemeinsam drängelten sie sich durch die Masse. Eara stand weit vorn und betrachtete mit weit aufgerissenen leuchtenden Augen das Spektakel. Maren konnte es ihr nicht verübeln. Das Schauspiel, welches sich ihr bot, war noch atemberaubender als das von den Priestern Anims und Aquarius. Säulen aus Feuer, in den verschiedensten Farben, ragten in die Höhe, trafen aufeinander und verschmolzen in einem flammenden Farbenmeer. Funken in Rot, Blau und Gelb sprühten, vermischten sich und entfachten weitere Feuer in Orange, Grün und Violett. Die Sonne war schon weit über den Himmel gewandert als das Spektakel vorüber war und sich die Menschenmasse lichtete.
Maren lief mit Alec und Eara zurück zu den Stadttoren. Sie kaufte drei Leckereien, eine für jede, bei einem Bäcker, der drei Kupferstücke dafür verlangte. Ein teurer Spaß, wie Maren dachte, doch es hatte sich gelohnt. Es schmeckte einfach wundervoll, so süß. Ob Sihn stolz auf ihre kleine Sünde wäre?
Vor den Stadttoren wartete ihr Vater, mit Fia auf dem Arm, bereits auf sie. Alec und Eara rannten auf ihn zu. „Dürfen wir das große Finale sehen?“, fragte Alec. „Bitte bitte bitte“, bettelte Eara. Maren lächelte, die beiden hatten auf dem Rückweg von nichts anderem gesprochen. „Was sagst du Maren?“, fragte ihr Vater sie. Maren zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“ „Wo findet das große Finale denn statt?“, fragte er an die Kinder gewandt. „Auf dem Platz vor dem Schloss“, antwortete Alec. >Also den ganzen Weg wieder zurück<, dachte Maren.

Der Platz vor dem Schloss war überfüllt von Menschen. Noch nie hatte Maren das weiße Schloss von so nah gesehen. Im Schein der untergehenden Sonne erkannte sie warum es weiß war. Es erstrahlte im rotem Licht des Abendrots und war somit noch prächtiger als zuvor. Ein Balkon war auf die Stadt hinaus gerichtet, auf den sich gerade die Königsfamilie versammelte. Der König hob seine Hände, ein Zeichen dafür das die Menge still werden sollte. „Zum krönenden Abschluss“, begann er, seine Stimme halte über die ganze Menschenmasse, „dieses wundervollen Festes, wollen wir den Göttern noch eine letzte große Ehre erweisen. Die Priester und Priesterinnen der Götter Anim, Aquarius, Glacinea und Ignia, haben ein letztes atemberaubendes Spektakel vorbereitet. Viel vergnügen.“ Die Priester und Priesterinnen der genannten Götter traten vor und das Schauspiel begann.
Riesige Wassersäulen schossen in die Luft, umkreist von den verschiedensten Farben der Feuersäulen. Das Wasser rieselte jedoch nicht zu Boden, sondern gefror an Ort und Stelle. Die Flammen spielten mit dem Eis, ließ es erstrahlen, schmelzte es jedoch nicht. Weitere Wassersäulen schossen in die Luft, begleitet von den blauen Flammen Anims. Sie glitten in das Wasser, stoben es auseinander und verschmolzen mit ihm. Das innere blaue leuchten, spielte mit dem Licht der untergehenden Sonne. Die Wassertropfen trafen auf die Eissäulen. Das Eis splitterte und zersprang in tausenden von Teilen umrahmt von den verschiedensten Farben des Feuers.
Die Aufführung endete erst bei Sonnenuntergang. Es war atemberaubend schön gewesen und Maren war sich sicher, sie hatte in den letzten Jahren keinen Tag erlebt der an dieses wundervolle Fest heranreichte.


© Lighania


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