In einem kleinen Haus, das in einer anderen Welt liegt, die hinter Wörtern verborgen liegt, schrieb an einem schönen, sonnigen Tag ein weiser Mann ein Wort nieder. Es war nur ein einzelnes Wort und es war auch nur ein geschwungener Federstrich auf einem Blatt Papier, doch das eine Wort sprach von zwei Dingen; und es war ein schönes Wort. Der, der es geschrieben hatte, hatte lange überlegt, jahrelang.
Das Wort lautete MORGEN.
Nachdem die Tinte auf dem Papier getrocknet war, trat der weise Mann mit dem Wort in der Hand vor sein Haus in der Welt, die hinter den Wörtern liegt, und die Sonne schien, die Vögel sangen; und einer sang ganz besonders schön, das war eine Nachtigall.
Der weise Mann band der Nachtigall das Wort um den Fuß, da flog sie in den Himmel und es begann zu regnen, sodass der Weise zurücktrat in das Haus in der welt, die hinter Wörtern liegt.
Aber die Nachtigall flog weiter in den Himmel dieser Welt - und der Himmel war nass, das Papier zerfiel, aber auf glänzenden Schwingen flog die Nachtigall in die anbrechende Nacht, an ihren Fuß war das Wort gebunden, dort konnte man es lesen, nur ein Wort.
Nur die Seele eines Wortes, ohne sein Gerippe aus Papier und ohne sein Blut aus schwarzer Tinte, so flog die seele eines Wortes mit der Seele eines Vogels durch die Nacht, bis der Tag anbrach.
Und als der Tag begann und die Morgenröte dem Himmel einen herrlichen Mantel umlegte, da fand der Vogel, der das Wort trug, einen Bach, und ein Kind fand den Vogel und das Wort.
Für das Kind waren Nachtigall und Wort eines, und dieses Eine war ein Freund.
Es vergingen noch viele Jahre, und viele Male war der kleine Bach gefroren und spiegelte die Morgenröte; und nach all den Jahren war das Kind alt und weise geworden - und dann erst kannte es und verstand es das eine Wort.
Und dann trat es, langsam, an einem Frühlingstag aus dem Haus, ein haus in einer Welt hinter Wörtern. Es war zwar ein Frühlingstag, aber ein Frühlingsgewittertag - und da lagen die wolken schwer und träge, aber die Sonne schien noch.
Und in der einen Hand hielt das alte, weise Kind die Nachtigall und ihr jahrealtes Wort, in der anderen ein neues, wahres, wohlüberlegtes Wort - und als der Regen diesmal, Jahrzehnte nach dem letzten Wörterregen, begann und die Seele des neuen Wortes reinwusch, konnte ein Gott - oder ein Reisender - im Himmel zwei Worte lesen, die flogen, die Worte MORGEN WAHREN.
Tage eilen in grauen Kleidern
an mir vorbei, doch ich
glaube zu schweben, eingehüllt
in einem Mantel aus Licht.
Ich habe noch viel vor
und halte die Uhren an,
doch das Leben läuft [ ... ]
Gevatter Tod, -unsichtbarer Geselle,
verbreitest bisweilen Angst und Schrecken,
stehst von Anbeginn schon vor der Tür,
gehst neben mir, trittst an des Lebens Stelle.
Sie haben gekämpft und sie haben verloren –
am Ende sind wir alle Opfer der Zeit:
für diese sehr kurze Spanne geboren,
für die eine oder andere Gelegenheit.
Zwischen Sonnenauf- und [ ... ]