Das Glöckchen des Poeten

Vor langer Zeit,lebte am Meer ein alter Poet. Sein ganzer Reichtum bestand aus seinem Ideenreichtum und einem kleinen silbernen Glöckchen. Beides hatte er von seinem Vater geerbt. Er liebte es, auf der Veranda zu sitzen und aufs Meer hinaus zu schauen. Seine Gedichte hatte er auf feinstes Papier geschrieben und in die Bäume seines kleinen Gartens gehangen. Sobald der Wind nur ein kleines bisschen wehte ? und am Meer weht er ständig-, bewegte sich das Papier, und das silberne Glöckchen läutete gar lieblich. Schön war dieser Klang und im ganzen Land zu hören.
Nicht weit von dem alten Poeten lebte ein gar grimmiger Bursche.
Schon lange hatte er keine Ideen mehr, sein Papierbedarf war mächtig gesunken und die Tinte zum Schreiben längst ausgetrocknet. Er war wütend in seiner Einfallslosigkeit. Als er den Alten so eifrig schreibend auf seiner Veranda sitzen sah und das beruhigende Läuten des silbernen Glöckchens hörte, wusste er mit einem Schlage, dass das Glöckchen wohl die Ursache des Erfolges sei. Wenn er es nur für einen einzigen Tag hätte, dachte er,
wäre er wieder ein gemachter Mann.
Er überlegte nicht lange, setzte sein Sonntagsgesicht auf und bat den Alten, ihm das Glöckchen für einen einzigen Tag zu überlassen.
?Warum sollte ich es dir nicht borgen?, sagte der Poet freundlich. ?Doch vergiss nicht, es gleich morgen früh wiederzubringen, denn ohne das Glöckchen bin ich schnell traurig.? Nun sah sich der Einfaltslose in seiner Vermutung bestärkt. Er versprach es pünktlich zurück zubringen und eilte mit dem Glöckchen erwartungsvoll zu seinem Haus. Dort angekommen hängte er das Glöckchen an die Hauswand und wartete ungeduldig auf das liebliche Läuten. Doch das Glöckchen blieb stumm. Stunden vergingen und nichts geschah. Der alte Poet aber saß auf seiner Veranda und schrieb. ?Wie ist das nur möglich?, begann der Einfaltslose zu schimpfen. Alles, was er empfand, war Hass und Neid. Es wurde Abend und die Sonne ging unter. Das kleine silberne Glöckchen hing unbeachtet noch immer an der Hauswand. Obwohl der Wind an jenem Abend eher einem Sturm glich, blieb es
stumm. Auch unser Poet wartete vergeblich auf einen wenigstens klitzekleinen Klang. Es war so beängstigend still geworden im Reich der Schreiberlinge, dass mancher sich fragte, was geschehen sei.
Am nächsten Tag wartete unser Poet vergeblich auf die Rückkehr des silbernen Glöckchens.
Trauer und Sorge trieben ihn voran, als er sich auf den Weg zum Nachbarn machte.
Dieser saß mürrisch an seinem Schreibtisch, kaute gelangweilt auf seiner Feder herum, während er ein leeres Blatt nach dem anderen zerknüllte.
?Ich habe auf dich vergeblich gewartet?, sagte unser Poet nach dem Morgengruß. ?Schade, dass du dich nicht an unsere Abmachung gehalten hast denn so kann ich dir das Glöckchen nie wieder borgen.? Kaum hörte das Glöckchen die ruhige Stimme seines Herrn, da begann es vor Freude so lieblich zu läuten, dass es im ganzen Land zu hören war.
?Oh weh?, sagte der Alte, ?hat man dich einfach an die Hauswand gehangen. Wie sollst du auch läuten, wenn hier nicht ein einziger Baum steht?? Er begann sich im Garten umzusehen und erklärte unserem Griesgram, dass es um schöne Werke zu schreiben auf die
Umgebung ankomme. In einem verwilderten Garten und Lieblosigkeit im Herzen können keine guten Ideen zustande kommen. Vieles hat der Poet dem verbitterten Nachbarn an jenem Tag an Erkenntnissen weitergegeben. Auch dass Ideenreichtum nicht von Glockenklang abhängig ist, sonder eher umgekehrt.
Wie soll das Glöckchen läuten können, wenn man ihm nicht Raum gibt zum Schwingen?, erklärte der Alte.
Wer mit sich selbst im Reinen ist und mit offenen Augen durch die Welt geht, der nur kann Wunder entdecken, sich begeistern und schreiben.? Ja, und Fantasie gehört dazu lieber Leser denn sonst wäre diese Geschichte von mir nicht geschrieben worden.
Wenn du die Augen schließt und es hören kannst, das kleine silberne Glöckchen, dann habe ich dein Herz erreicht?..

Urheberrecht Celine Rosenkind


© Celine Rosenkind


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Beschreibung des Autors zu "Das Glöckchen des Poeten"

Eine kleine Geschichte über die Kunst des Schreibens




Kommentare zu "Das Glöckchen des Poeten"

Re: Das Glöckchen des Poeten

Autor: BenGel   Datum: 01.10.2010 23:01 Uhr

Kommentar: Ein Rosenkind - erinnert mich an Rosen natürlich
und an ein Kind - auch ...

Ein Kind welches einen Vater eine Mutter hatte - welche fähig waren Liebe Vertrauen Akzeptanz und diese Dinge zu geben sich selbst zu finden, zum Rosenstock des Lebens führten sich am Duft der Blüten zu erquicken - der Rest des Lebens verschonte es - und es wuchs heran sein Leben auf der Veranda der Ausgeglichenheit zu verbringen - leicht säuselt der Wind über das nahe
Meer stumm das Rauschen der Wellen ihn nicht zu verschrecken ...

Ein Kind welches einen Vater eine Mutter hatte - welche unfähig waren Liebe Vertrauen Akzeptanz und diese Dinge zu geben sich selbst zu finden, zum Rosenstock des Lebens führten die Dornen auf der Haut zu spüren - der Rest des Lebens bohrte sie tief in sein Fleisch - und es wuchs heran sein Leben im verwilderten Garten der Lieblosigkeit zu verbringen - stürmisch der Wind über dem nahen Meer der tosenden Wellen

Klar weiß ich was sie meint - doch Wissen es auch jene Beiden - welche nur mit sich selbst beschäftigt sind ?

Warum aus welchem Anlaß wurden beide so unterschiedlich - doch geboren mit der Unschuld eines Kindes - waren sie ohne Chance ? ..
wäre meine Frage eigentlich ...

Interessant hat sie geschrieben
Gruß

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