Personen meiner Art genossen im Reich kein besonders hohes Ansehen. Magier, Gestaltswandler, Elfen, Drachenbändiger, ja selbst die Alchemisten, sie alle waren angesehen. Doch von all den Dingen, die sie zu bezwingen geschafft haben, ist der Tod als einziges nicht dabei. Der Tod, o ja, das ist mein Beruf.
Die Menschen respektieren die Gestaltenwandler – hervorragende Schauspieler, Händler, aber die größten Diebe seit dem Beginn unserer Zeit. Die Elfen lieben sie, denn diese sind strahlende Wesen, welche die Herzen aller Menschen für sich einnahmen und sie dabei unbemerkt zu ihren Marionetten machen. Die Magier sind überaus beliebt aber auch gefürchtet – Sie gelten als die Mächtigsten im Reich. Als ob man die Macht unserer unterschiedlichen Rassen messen könnte. Drachenbändiger sind selten und ebenso begehrt – es heißt, wer einmal einen von ihnen sah, wäre lebenslang von allen Krankheiten kuriert. Genauso heißt es, alle Tiere gehorchten denen. Was für ein Aberglaube, unnützes Geschwafel. Und die Alchemisten, selbst Quecksalber? Wenn einer in die Stadt kommt, wird er von drängenden Menschenmassen überflutet und vom Bürgermeister höchstpersönlich gebeten solange es doch geht zu bleiben. Die Menschen kaufen denen so viel unnützes Zeug ab, lassen sich von Ihnen wie von Ärzten behandeln und schieben jedes Ihrer Missgeschicke auf uns. Auf mein Volk.
Die Nekromanen.

Wer meine Eltern waren weiß ich nicht. Ich schätze sie wurden von den wild gewordenen Dorfbewohnern niedergemetzelt und im Haus verbrannt. So wie ich es in meinem bisherigen Leben schon so oft gesehen habe. Zu oft.
Tante Jep hatte mir nur erzählt, ich sei vor einer Kirche in einem Körbchen gefunden worden. Eingewickelt im schwarzen Umhang des Todes. Der Priester war am Anfang des Monats gestorben und als die Nonnen in meine Augen sahen, erkannten sie sofort die Ursache. Da sie sich aber aus Angst nicht trauten, mich zu töten, brachten sie mich in den Wald, wo die Wölfe mich fressen sollten. Als ich einen Monat später quicklebendig zur Kirchentür kroch, wagten sie es nicht wieder und zwangen Jep auf mich aufzupassen.Meine geliebte Jep. Ich vermisse sie. Auch sie war anfangs sehr ängstlich, doch als sie sah, dass ich ihr nichts tun konnte, machte sie mir auf alle denkliche Art und Weise klar, wie sehr sie sich wünschte, ich wäre niemals aufgetaucht. Alle Unglücke die nach meiner Ankunft geschahen, seien meine Schuld. Dass ihre achtzigjährige Mutter nach einer schlimmen Grippe starb. Dass der Sohn des Müllers mit einer Behinderung zur Welt kam. Dass Fräulein Emma ihrem Beruf als Näherin nicht mehr nachgehen könnte, weil sie einen Wagen nicht selbst schieben konnte und er ihre Hand zerquetschte, woraufhin sie den Rodgan heiraten musste, welcher sie schlug und in großer Armut leben ließ. Dass die Ernte im letzten Jahr verdorben war. Dass Hawey weggelaufen ist.
Wobei das tatsächlich meine Schuld war.






„Mach das Wasser heiß. Und beeil dich gefälligst, den Bürgermeister lasse ich nicht warten. Wohin gehst du, du kleine Hexe? Hexe? Ha! Das wär ja noch ein zu gutes Wort für dich, du Dreckstück. Wohin gehst du, habe ich ich gefragt!“
„Ich war Holz holen, Jep. Fürs Feuer, wegen dem Wasser.“
„Ach ja. Das hör ich doch gern. Ich hab deine faulen Ausreden satt!“
„Das Wasser kocht jetzt, du kannst das Gemüse reinmachen.“
„Glaubst du ich muss mir von dir etwas sagen lassen?“
„Gewiss nicht, Jep. Was gibt es was neues in der Stadt?“
„Der junge Hawey wird die Marle heiraten, du erinnerst dich bestimmt? Das Mädchen, auf welches du den Dämon hast losgehen lassen.“
„Ja, an sie erinnere ich mich.“ Das hübsche kleine Mädchen mit den langen, blonden Locken und den rosigen Bäckchen. Die Erinnerung war wie von Gestern, obwohl das Spektakel schon einige Zeit her war.
„Zum Glück hat sie sich ja erholt. “ Ein Moment Stille kehrte ein, als Jep das Gemüse von ihrem Brett ins Wasser kippte.
„Außerdem soll demnächst endlich der neue Pfarrer kommen. Abe Gock. Der wird dir schon zeigen was du davon hast, unser Dorf solchen Plagen auszusetzen“ Ihr böser Blick ruhte auf mir einen Moment, dann fuhr sie fort.
„Was stehst du da so rum, du fauler Sack! Beweg dich! Es gibt noch eine Menge Arbeit zu erledigen bevor der Bürgermeister kommt. Bring die Schweine in ihren Stall, räum den Hof auf und sieh nach, ob wir auch genug Holz für den Abend haben. Ansonsten musst du welches hacken. Versorg die Hühner. Schau im Gemüsegarten, ob etwas gemacht werden muss. Dann kannst du die Küche putzen. Und wir haben kein Mehl mehr, frag bei den Jafhe’emds, ob die uns welches leihen. Auf! Und wehe ich seh dich irgendwo faul rumstehen! Dann hol ich den Gabbo und du kriegst so ’ne Tracht Prügel, dass du morgen noch nicht laufen kannst. Dann kannst du-“
Ich ging. Erstens hatte ich keine Lust, mir das alles anzuhören, zweitens hat sich Jep gerade in Rage geredet, da war sie nicht mehr zu stoppen. Sie hätte mich gleich zur Sau gemacht, nur weil ich ihr zugehört habe anstand zu Arbeiten. An sich war Jep ja gar kein so schlechter Mensch. Sie hatte nur vor zehn Jahren ihren Mann und zwei Kinder verloren. So etwas verändert. Sie soll danach monatelang nur eingesperrt in ihrer Kammer gesessen haben. Und dann haben sie mich zu ihr gegeben. Sie wurde gebraucht. Gebraucht, um das Unglück, die Plage des Dorfes im Schach zu halten. Das brachte ihr Respekt und Bewunderung ein, doch ich merkte auch, dass sie darunter litt. Wenn etwas geschah war sie es immerhin, die es derer Meinung nach hätte verhindern können.

Ich arbeitete schnell und ordentlich, innerhalb von einer Stunde hatte ich meine Arbeiten draußen erledigt. Jetzt nur noch das Mehl. Aus Erfahrung wusste ich, dass die Jafhe’emds mir gewiss keinen leihen würden. Wohin ich auch gehen würde – die würden mir die Tür nicht aufmachen. Ich seufzte. Was nun? Der Bürgermeister sollte in einer halben Stunde da sein, bis dahin musste der Kuchen im Ofen sein. Und für einen Kuchen brauchte man immerhin Mehl. Ich sah mich um. Der Bürgermeister liebte Süßes. Wir hatten noch einige Äpfel und Birnen da, außerdem Eier, Zucker, Butter und Milch, nur kein Mehl. Ich könnte die Äpfel und Birnen klein raspeln, sie mit Ei, Zucker und.. Zimt verrührren und dann in der heißen Butter wie Pfannekuchen braten. Könnte doch gut schmecken, oder? Vielleicht noch etwas Quark drauf, dann das ganze stapeln, sodass eine Kuchenform entsteht.. Ich biss mir auf die Lippe. Den Versuch war es wert.

„Mmm, mmmm, köstlich, köstlich! Du bist eine hervorragende Köchin, Jep!“
„Du schmeichelst mir.“, kicherte diese. „Ich hatte keinen Mehl mehr da, da dachte ich – probier doch mal was neues und siehe da – fantastisch! Fantastisch!“
„Sehr einfallsreich. Ich wette keiner anderen Frau im Dorf wäre sowas eingefallen.“
Ich hasste diese Flirtereien. Das ganze Dorf wusste über ihre Affäre bescheid, wieso heirateten sie dann nicht?
„Ach, du bist so ein Gentleman. Magst du noch auf ein Gläschen Wein bleiben?“
„Aber gerne doch.“
Ich verließ den Raum. Meine Arbeit war getan, den beiden musste ich den ganzen Abend lang wirklich nicht zuhören und ich brauchte dringend einen Moment Ruhe. Nicht dass ich müde wäre – aber Jep und der Bürgermeister gingen mir ziemlich auf die Nerven. Draußen war es bereits ziemlich kalt, ohne die Jacke fröstelte ich. Niemand würde um diese Uhrzeit mehr draußen sein, dann auch noch bei dieser Kälte! Außer die Männer im Wirtshaus, doch das war am anderen Ende der Stadt. Ich lief am Fluss entlang, blieb auf dem Marktplatz stehen. Die alte Eiche neben dem Bäcker war mein Platz. Es war kalt dort oben, aber der Geruch der frisch gebackenen Brote blieb sogar über Nacht in der Luft hängen. Hochzuklettern war einfach und zwei fast parallel verlaufende Äste bieteten einen wundervollen Sitzplatz. Heute allerdings wusch ich mich vorher in dem Fluss, um den Schweißgeruch nach der Arbeit abzuwaschen. Der Fluss war nicht tief, aber breit und das Wasser war durchsichtig und sauber, da wir in den Bergen in der Nähe der Quelle waren. Mit durchnässten Kleidern und Haaren stieg ich dann auf den Baum. Ihr werdet es womöglich nicht verstehen, aber die beißende Kälte an meinem Körper ließ mich für einen Moment vergessen und gab mir ein Gefühl der Lebendigkeit. Ich fühlte mich großartig.
Die Eiche war sehr hoch und man konnte von dort aus das ganze Dorf sehen. Und die Berge natürlich. Und die Sterne und den Mond. Ich kauerte mich dort oben hin und dachte an meine Mutter. Ein Lächeln huschte mir über die Lippen. Stell dir vor, Hawey wird heiraten. Ich mag Merle zwar nicht, aber ich freue mich so für ihn. Er hat es verdient endlich glücklich zu sein. Ich wünschte Jep würde auch wieder heiraten. Es würde ihr guttun.
Ich saß dort schon ziemlich lange, selbst das Licht in Jeps Haus war jetzt ausgeschaltet, da hörte ich Schritte. Ich zog die Beine näher an meinen Körper und lehnte mich gegen den Baumstamm, so dürfte mich von unten keiner erkennen. Was war los? Kehrte der Bürgermeister etwa zurück? Er blieb doch immer über Nacht. Haben die beiden sich gestritten? Die Männer aus dem Wirtshaus sind schon alle gegangen, soweit ich weiß. Ich wartete, bis der Unbekannte vorbeiging, doch dieser blieb ausgerechnt unter meinem Baum stehen. Ich linste nach unten. Es war nur eine dunkle Gestalt zu erkennen. Ich lehnte mich weiter herunter, da hob die Person plötzlich den Kopf. Sofort drückte ich mich wieder an den Stamm. Von dort unten konnte man mich nicht erkennen, das wusste ich, aber trotzdem schlug mein Herz wie wild. Ich wollte nicht, dass irgendjemand mich in meinem Versteck entdeckte. Ich blieb starr sitzen und wartete auf die sich entferndenden Schritte, doch stattdessen hörte ich ein anderes Geräusch. Jemand kletterte hinauf. Wurde ich doch gesehen? Unmöglich. Was sollte das aber sonst? Wieso sollte jemand mitten in der Nacht auf einen Baum klettern? Bei dem Gedanken lachte ich fast laut los. Immerhin saß ich ja selbst gerade auf dem eben genannten Baum. Trotzdem. Der Fremde schien jetzt ganz nahe zu sein, ich hörte seinen Atem und glaubte zu erkennen, dass derjenige männlich war. Dann griff eine Hand ganz nah neben mich. Ich erschrak so, dass ich fast einen leisen Schrei ausgestoßen hätte. Dann zog sich jemand zu mir hoch und stieß fast mit mir zusammen. Ich erkannte ihn sofort.
„Hawey? Was zum Teufel machst du da?“, fauchte ich leise.
„Nery! Nery? Genau das selbe könnte ich dich fragen!“ Er bedeutete mir, ein Stückchen zur Seite zu rücken, sodass er sich neben mich setzen konnte.
„Du bist ja ganz nass! Was ist passiert? Du bist ja ganz blau vor Kälte!“
Ich hatte es schon fast vergessen, aber jetzt wo er es erwähnte wurde mir die Kälte plötzlich sehr unangenehm.
„Hier, nimm meinen Mantel.“
„Lass nur, den würde ich doch nur nass machen.“
„Aber du wirst noch krank!“ Mit besorgter Miene musterte er mich. Fast hätte ich wieder laut losgelacht.
„Hawey.. hast du mich jemals krank gesehen?“
„Nein. Moment.. Geht es dir etwa darum?“ Jetzt wurde er ganz ernst. „Willst du etwa sehen wie weit du gehen kannst, bis dir etwas passiert?“
Dieses Mal konnte ich nicht anders und lachte laut los.
„Und ich dachte schon du kennst mich“, musterte ich ihn böse. „Glückwunsch zur Verlobung übrigends.“ Ich lächelte ihn an. Er allerdings..
„Danke“, sagte er in einem.. distanzierten Ton. Bildete ich mir das nur ein oder war etwas nicht in Ordnung mit ihm?
„Dich bedrückt was.“
„Ach, nein, wie kommst du darauf?“ Er lächelte etwas verlegen, doch in seinen Augen konnte ich immernoch seine Unruhe spüren.
„Du musst mir nichts erzählen, Hawey. Aber lüg mich nicht an, ja? Das tun schon genug andere.“
„Tut mir leid. Es ist nur..“ Er ließ erschöpft den Kopf nach hinten fallen. Ich schwieg. Ich wollte ihm Zeit lassen.
„Es ist grausam, so etwas zu sagen, aber ich will sie nicht heiraten.“
Das musste ich erstmal verdauen.
„Und warum hast du sie dann gefragt?“
„Das habe ich doch garnicht. Oder doch, aber nur weil.. naja. Das ist eine lange Geschichte.“
Ich lachte bitter. „Wir haben Zeit bis zum Morgengrauen. Ich schätze noch drei, vier Stunden. Und du siehst nicht gerade aus als hättest du vor zu schlafen.“ Ich musterte ihn etwas amüsiert. Er legte seine Stirn in Falten, als müsse er einen Moment nachdenken, wo er anfangen sollte. Zweimal machte er kurz den Mund auf, um anzufangen, schloss ihn aber sofort wieder. Nach einem Moment schien er sich dann aber gefasst zu haben.
„Ich weiß nicht so recht, wo ich anfangen soll, vielleicht verstehst du etwas nicht. Sag mir dann einfach bescheid, ja?“ Ohne auf eine Antwort zu warten fuhr er fort. „Also gut. Anscheinend haben unsere Eltern so etwas in der Art abgesprochen. Jedenfalls hat Marles Mutter ihr heute morgen erzählt, ich wolle ihr einen Heiratsantrag machen. Da wusste ich noch nichts davon. Dann ist sie aber heut Nachmittag zu mir gekommen, hat sich so seltstam verhalten, ständig rumgekichert. Ich wollte sie fragen, ob sie etwas will, aber sie hat mich nicht ausreden lassen und ist mir beim zweitem Wort um den Hals gesprungen und hat ’Ja! Ja, ich will!’ gekreischt. Alle im Laden haben applaudiert und gepfiffen, als hätten sie längst drauf gewartet. Ich stand nur wie versteinert da und dann nahm mich mein Vater zur Seite und erklärte mir alles. Ich habe ihm gesagt, dass ich es nicht will, aber er-“ Er unterbrach sich selbst und schüttelte den Kopf. „Versteh mich nicht falsch, Marle ist ein süßes Mädchen und ich wünsche ihr, dass sie eines Tages den Mann ihrer Träume heiratet. Aber ich bin nicht dieser Mann – Ich mag sie noch nicht einmal! Das wird doch für uns beide die Hölle!“ Verzweifelt sah er mich an, als erwarte er von mir die Lösung für alles.
„Geht es bei dem ganzen um Lisa?“
Hawey sah mich zerknirscht an und nickte.
„Du kennst es doch. Wenn ich nicht das tue, was er will, jagt er sie aus dem Haus.“
„Aber sie ist doch seine Tochter!“
„Als ob das was zählen würde. Sie ist behindert, Nery. Sie ist behindert und ist keine Hilfe im Haus.“
„Das ist so grausam.“ Soetwas konnte man nicht in Worte fassen. Der eigene Vater erpresst den Sohn damit, dass er seine behinderte Schwester aus dem Haus jagt. Die Kleine würde keine Woche überleben. Sie würde auf der Straße verhungern. Und kein Mensch würde ihr helfen – die hatten alle zuviel Angst vorm örtlichen Schmied. Er war wirklich ein angsteinflößender, böser Mensch. Einer von nur zwei Dorfbewohnern, die ich verabscheute. Denen ich den Tod wünschte.
„Ja, das ist es. Aber was kann ich dagegen schon machen?“
„Du kennst meine Meinung dazu.“
„Wer bitte würde ein fremdes behindertes Mädchen und ihren Bruder bei sich aufnehmen? Wer?“ Seine Stimme war vom Flüsterton in volle Lautstärke übergangen.
„Sscht. Schrei hier nicht so rum!“
„Wieso haust du eigentlich nicht ab, hm? Hast du es nicht langsam satt, auf der Straße von irgendwelchen Leuten angespuckt zu werden?“
„Das ist etwas anderes. Die spucken nämlich überall.“ Keiner von uns beiden lachte. Ist wohl nicht so angekommen, wie ich es beabsichtigt hatte. Ich seufzte.
„Entschuldige“ Er flüsterte wieder.
„Ist schon in Ordnung“ Ich lächelte matt.
„Hast du inzwischen eigentlich etwas neues herausgefunden?“
„Du meinst ob ich seit neustem Menschen mit nur einem Blick umbringen kann oder aus Toten Zombies mache? Ja, jetzt wo du sagst, fällt mir was ein.. neulich, da hab ich doch-“
„Schon klar Nery. Nichts neues.“
„Nein.“
„Vielleicht.. vielleicht könnten wir ja zusammen abhauen. Meine Schwester, du und ich.“
„Nein, Hawey. Ihr müsst gehen, aber meine Zeit ist noch nicht gekommen. Ich spüre es.“
„Du spürst es, ja?“, zischte er wütend. Dann beruhigte er sich wieder. „Entschuldige. Das war nicht so gemeint.“
„Doch war es.“ Er stöhnte und war dann einen Moment still.
„Wieso bist du jetz eigentlich hier oben?“
Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern.
„Der Bürgermeister war zu Besuch. Außerdem bin ich auch so oft hier. Es ist so ruhig und fridlich. So still. Unberührt.“ Einen Moment schwieg er wieder.
„Und du bist nass, weil..?“
„Ich hab mich gewaschen.“ Er sah ungläubig nach unten.
„Im Fluss?“ Fragte er erstaunt.
„Genau dort.“ Er schüttelte den Kopf und lachte leise. „Das habe ich jetzt gebraucht. Im Fluss.“ Er lachte weiter vor sich hin und mir gelang es, ihn großzügig zu ignorieren. Aber nur kurz.
„Halt die Klappe!“, mahnte ich und schug ihn auf den Arm. Er wackelte noch nicht einmal. Frustriert lehnte ich mich wieder zurück.
„Jaja, sehr lustig.“

Zwei Wochen später kam uns der Schmied besuchen.
„Jep, meine Liebe, wie geht es dir? Gut siehst du aus. Ich hoffe du kommst morgen zur Hochzeit der zwei frisch verlobten?“ Dann blickte er in meine Richtung.
„Die hält sich hoffentlich fern. Wir brauchen keine Flüche an einer Hochzeit.“
„Natürlich Fopden. Also wirklich, was denkst du nur von mir?“ Sie bedeutete mir mit wütenden Gesten zu gehen und das tat ich auch. Von draußen hörte ich noch ihre Stimmen.
„Das kleine Biest habe ich im Griff“
„Das freut mich zu hören, Jep. Wir sehen uns nächste Woche.“
„Einen schönen Abend noch!“
Dann lief er an mir vorbei, ohne zu vergessen, mich anzurempeln und war verschwunden.
„Hey! Du holst jetzt Mehl und etwas Fisch auf dem Markt für mich! Und nicht so trödeln!“, rief Jep mir zu.
Ich trottete zu ihr, nahm das Geld, den Korb und ging. Na das würde mal wieder spaßig werden. Erst ging ich zum Müller – der mir die Nase vor der Nase zuschlug.
„Ach kommen Sie schon!“ Ich klopfte höflich.
„Ich wird hier auch nicht schlimmes machen! Bitte, Jep braucht Mehl, der Bürgermeister kommt sie heut Abend besuchen. Außerdem hilft sie bei den Hochzeitsvorbereitungen mit, das verstehen Sie doch, oder?“ Diesesmal hämmerte ich schon etwas lauter.
„Sie wollen doch niecht den Bürgermeister gegen sich aufhetzen und auch noch die Hochzeit sabotieren! Der Schmied wird da ziemlich sauer sein! Ach kommt schon, bitte! Ihr müsst mir nicht einmal aufmachen, legt den Sack Mehl einfach vor die Tür, ich bin kurz weg. Ich lass das Geld dann dort liegen, ja?“ Erneut hämmerte ich mit aller Kraft gegen die Tür.
„Ich gehe jetzt, in Ordnung? Ich lass das Geld hier liegen.“
Dann ging ich zum Markt. Dort wichen mir alle aus, einige machten das X zum vertreiben böser Geister vor sich, Gabbo spuckte mir vor die Füße. Der Fischer sprang von seinem Stuhl auf und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an.
„Einen Hering, bitte“, sagte ich so freundlich es ging. Er bewegte sich nicht. Ich stöhnte leise.
„Gut, schauen Sie mal. Ich leg Ihnen hier 4 Pfund hin, reicht das? Wenn nicht, müssen Sie mir bescheid sagen. So jetzt nehme ich mir diesen Hering hier.. Ja, dem Gewicht nach entspricht das dem Preis. Ich packe ihn ein.. und fertig. Vielen Dank.“
Ich legte das Päckchen in meinen Korb und sah in meine Hand. Obwohl Jep das Geld immer einigermaßen abzählte, hatte ich heute noch Geld übrig, da der Fisch billiger war als sonst immer. Ich steckte die Münzen in meine Hosentasche und machte mich wieder auf den Weg zum Müller. Vor seiner Tür stand das Mehl, das Geld war weg. Mit all meiner Kraft hob ich den Sack hoch, taumelte, legte ihn mir dann auf den Rücken und ging nach Hause. Unterwegs jedoch traf ich auf Gabbo. Sein Gesicht war wutverzerrt, er bemerkte mich erst garnicht. Ich versuchte zur Seite auszuweichen, denn er ging genau auf mich zu, doch der Mehlsack machte mir zu schaffen und so bekam ich einen kräftigen Schubs als er an mir vorbeilief. Er blieb stehen und drehte sich um.
„Du-!“ Für einen kurzen Moment stockte er, um sich anzusehen, mit wem er da sprach, dann lachte er kurz auf. Es war ein bösartiges Lachen.
„Na wir haben uns ja auch schon lang nicht mehr gesehen, hmmm, Todesengelchen?“ Dann verzerrte sich sein Gesicht wieder vor Wut. Er schlug mich ins Gesicht, mit einer solchen Wucht, dass ich nach hinten taumelte und fast im Graben landete. Wieder lachte er bösartig.
„Schönen Abend noch!“ Dann ging er. Gabbo war der zweite Mensch dieses Dorfes, den ich hasste. Er kam vor gerade erst vier Jahren und wurde zum Lehrling beim Schmied. Letztes Jahr hat er mit Marle in einer Gasse rumgemacht. Er wollte jedoch mehr als sie und so begann sie sich zu wehren und zu schreien. Ich hörte das Geschrei und da ich gerade in der Nähe war, eilte ich ihr zur Hilfe. Gabbo schlug sie mehrmals und rannte dann weg. Als nach und nach auch die anderen Leute herbeigetrottet waren, erwähnte sie ihn jedoch garnicht, sie schämte sich zu sehr. Stattdessen zeigte sie auf mich und sagte ich hätte einen Dämonen auf sie losgeschickt. In zerrissenen Kleidern und den vielen Wunden mit denen ihr Körper überseht war, glaubten ihr sofort alle und fielen über mich her. Ich rannte so schnell ich nur konnte und versteckte mich dann tagelang im Wald. Dort fand mich Hawey, veränstigt und halb verhungert. Er brachte mir Essen, bis ich mich wieder ins Dorf traute un wir freundeten uns an.
Langsam lief ich nach Hause zu Jep. Ich spürte wie meine Wange anzuschwellen begann. Mist. Und dabei ist vorhin alles so glatt gelaufen.
Als Jep mich hereinkommen sah, fing sie sofort an zu reden.
„Was meinst du wie lange ich noch auf dich wartn will, ich- Was hast du jetzt schon wieder angestellt?“ Eine kaum sichtbare Sorgenfalte bildete sich zwischen ihren Augen.
„Garnichts Jep, ich bin nur ungeschickt.“
„O ja, das sehe ich. Eines Tages bringst du mich noch um vor lauter Ungeschicktheit und dann? Wo willst du dann hin? Am besten ich sollte dich einfach irgendwo wegsperren, damit dir solche Missgeschicke nicht wieder passieren, du verfluchtes Biest!“ Ich legte den Kopf schief und hörte ihr zu. Als sie fertig war, nickte ich.
„Jep, du solltest den Bürgermeister heiraten.“
Ohne auf ihre Antwort zu warten brachte ich den Mehlsack weg. Den Fisch stellte ich in die Küche und begann dann mit dem Mittagessen. Und Jep antwortete nicht. Sie schien nachdenklich.

Es dämmerte und ich überlegte, was ich jetzt machen sollte. Die Arbeit war erledigt, Jep im Haus mit dem Bürgermeister beschäftigt.Ihre gedämpften Simmen drangen leise zu mir in die Küche. Ich beschloss rauszugehen, aber dazu musste ich in mein Zimmer, da ich dieses Mal nicht ohne meinen Mantel loswollte. Nur weil ich nie krank war musste das noch lange nicht heißen, dass mir die Kälte nie unangenehm wurde. Gestern nicht, heute schon. Leise schlich ich durch den Flur. Ich wollte die beiden wirklich nicht stören. Die Worte drangen jetzt sehr verständlich zu mir.
"Es- entschuldige, ich bin nur überrascht. Aber es ist keine schlechte Idee. Nein, eigentlich war das schon längst überfällig." Jep kicherte.
"Wir und heiraten. Na, wer hätte das gedacht... Du bist so ein Schatz!"
"Ich könnte dann hierher ziehen - immerhin bin ich eh die Hälfte der Woche hier. Und du müsstest so deinen Bauernhof nicht aufgeben."
Für einen Moment hatte ich inne gehalten, doch jetzt schlich ich weiter. Nein, ich würde nicht nur meinen Mantel holen. Die Zeit war gekommen. Jetzt spürte ich es sehr deutlich.

Wenige Minuten später stand ich unter Haweys Fenster und klopfte.
"Nery?", flüsterte er
"Willst du sie immer noch nicht heiraten?"
"Ich will sie immer noch nicht heiraten."
"Dann hol Lisa und pack dein Zeug zusammen. Es ist so weit. Wir hauen ab."


© Kaitrina


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Beschreibung des Autors zu "Nekromanin: Mal so ein Anfang von einem meiner Texte :D"

Ich hab einfach mal versucht drauf loszuschreiben.. ist vielleicht etwas langwierig geworden, aber naja.. bitte bitte schreibt mir mal eine kritik dazu :)

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Kommentare zu "Nekromanin: Mal so ein Anfang von einem meiner Texte :D"

Re: Nekromanin: Mal so ein Anfang von einem meiner Texte :D

Autor: Dienstbier   Datum: 01.10.2012 16:41 Uhr

Kommentar: Uii, gefällt mir sehr gut... Ich hoffe du schreibst weiter.
Sehr interessant und auch spannend.
lieben gruß Gabi

Re: Nekromanin: Mal so ein Anfang von einem meiner Texte :D

Autor: Kaitrina   Datum: 06.11.2012 21:47 Uhr

Kommentar: danke :)

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