Die Schmähung

© Alf Glocker

Es gibt seit nicht all zu langer Zeit einen Ethik-Rat, der erfindet, was Ethik bedeutet. Nach kurzem Hin- und Her folgte man einfach dezenten Hinweisen aus der größten Macht aller Zeiten, die von den einflussreichsten Clans der Welt als Institution eingerichtet wurde. Dieser Rat bestimmt über Unrichtig, Unfalsch und schreibt Wissensg´schaftlern vor, wie weit sie forcheln dürfen (siehe hierzu das Aufklärungswerk 'Des Forchels Kern' *).
Er glaubt also, Regeln aufstellen zu müssen, die es den Menschen erleichtern sollen, ohne eigenes Gewissen richtig zu handeln. Denn, Wissen, wie man sich gut verhält, ist das Allerschönste auf der Welt!

So ergibt es sich wie von selbst, dass Märchen und Sagen nichts mehr zu sagen haben.
An die Stelle alter Überlieferungen durch Philosophen und Schriftsteller treten nun plötzlich: Religionspathologen, Rechts- und Linksverdreher, Phyisopädologen, Ratiovirostatiker, Analbiologen und Moral-Verlogen. Sie lösen die Metaphorik aus dem allgemeinen Sprachgebrauch heraus und fügen dafür die vieldeutige Hinterlist scheinbar bewusst agierender Sumpfdämagogen ein.

Seither gelten alle Geschichten als verboten, die nicht den systemkonformen Regeln entsprechen und in der Gemeinschaft von Scheinheiligen nichts zu suchen haben.
Außerdem geben sie Teilen der Menschheit eine Art Sicherheit vor ihrem eigenen Gedankengut, die der Selbsthilfe unfähig sind. Nachdem davon ausgegangen werden muss, dass es sich dabei um die absolute Mehrheit jeder Bevölkerung handelt, ist diese Form der Sicherheitsverwahrung nicht mehr oder weniger als effizient zu nennen.
Für alle Kreuz- und Querdenker taucht an dieser Stelle allerdings die Frage auf, ob man nicht auch noch einen Veterinärmediziner in den Ethikrat aufnehmen sollte, was einem unmoralischem Angebot gleich käme.
Was scheint moralisch zu sein? Beispielsweise ist die Blasphimokratie nicht tolerabel, Liebesverwerflichkeit ist immer verschwendet, fremde Körperflüssigkeiten gelten als
spititualresistent. Spiritus vobiscum?

Außerdem wird es bis in alle Ewigkeit verboten sein, morphogenetische Felder zu schmähen. Des weiteren ist es nicht nur verpönt, sondern direkt sündhaft und kriminell, verhaltensauffällige Minderheiten als unflätig zu bezeichnen. Der wahre Unflat dagegen ist der Friedfertige, dem irgendwann einmal der Erdkreis im Radius mal 3,14 gehören soll, da solche Herrschaftsansprüche kategorisch abzulehnen sind.
Unter Höchststrafe verboten ist es, würdelose Kreaturen zu entwürdigen, Gesetzlose in Entsetzen zu versetzen, die Wahrheit als Wirklichkeit zu empfinden oder gar die Sahnehäubchen vom Husarenzipfel zu schlecken.

Hingegen grundsätzlich erlaubt und erwünscht sind aufrichtige Missetäter, die sich als Frauenversteher getarnt in die hohe Politik eingeschlichen haben. Pädagogisch besonders wertvolle Zwangsmaßnahmen im Hinblick auf die traditionelle Volksgesundheit sind erwünscht, wenn dadurch die Staatsraison gewährleistet wird. Der Ältestenbeirat des Ethikrates riet kürzlich zur Aufstellung einer Schmäh – Verhinderungs - Miliz, die durch spezielle, transparente Armbinden gekennzeichnet werden soll. Mitglied werden können alle Schwarz- und Grauwesten aus östlichen Gebieten. Ein jeder, der es wagt, eine rein-weiße Weste zu tragen, wird mit Bordellbesuchspflicht nicht unter 3 mal wöchentlich bestraft. Ausnahme von der Ausnahme sind alle Väter, die ihre familiären Absichten rücksichtslos weiter verfolgen.

Der Ethik-Rat bestimmt exekutiv, wer richtig oder falsch liegt. Ein eventuelles Widerspruchsansinnen ist generell nicht erlaubt! Er ist, außer der größten Macht der Welt, niemandem Rechenschaft schuldig.

*„Abseits allen Geschehens muss immer ein bemooster Forchel stehen.
Er ist des Tatendrangs nicht müde und tropft stets träumerisch vor sich hin.
Von anderen die gebückte Haltung als ein Schluck wahrer Treue fordernd,
rüstet er sich jeden Tag aufs Neue und treibt allen den Schweiß ins Gesicht.
Ernste Absichten kennt er nicht!“

So lauten die Satzungen des Clans.

Weitere Weisungen unter des Forchels Kern lauten:

"Die Frucht solcher Blüten trägt im Verborgenen stets der schmollende
Schmachtfetzen bei sich, der steil aus dem Gras der Verwesung hervorsticht,
um den Himmel voller Lappen zu hängen. Sein warmer Griff wühlt sich den Führungsschichten entgegen, die eine Röte im Gesicht schon längst verloren haben.
Und siehe da....."

Allen Schmähungen zu Trotz ist die Ethik philosophisch betrachtet nur ein virtueller, absichtsloser Wert, der nicht so ganz leicht auf unser täglich Brot zu schmieren ist.
Vergib uns unsere Schuldhaftigkeit und führe uns in Versuchung. In Ewigkeit. Amen!


© Alf Glocker / Roland Walter


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Kommentare zu "Die Schmähung"

Re: Die Schmähung

Autor: Michael Dierl   Datum: 01.02.2022 10:17 Uhr

Kommentar: Top gefällt mir! Sehr schön, naja, was heißt schön......treffend ist besser! Die röte im Gesicht verloren haben....... er innert mich an mein Oh-b(l)am(ir)a Gedicht, dass ich lieber nicht reinstellen möchte. Da folgt eine Abrechnung mit ihm aber ist mir zu heiß. Kannst Dir wohl denken.

Dein Satz: Wissen, wie man sich gut verhält, ist das Allerschönste auf der Welt.....grins!!! Genauso ist es!!! Tja, da weiß man nicht ob mal lachen oder weinen soll!!! Schön gesagt!

Auch dieser: Der Ethik-Rat bestimmt exekutiv, wer richtig oder falsch liegt. Ein eventuelles Widerspruchsansinnen ist generell nicht erlaubt! Er ist, außer der größten Macht der Welt, niemandem Rechenschaft schuldig. STIMMT! Naja, und vieles andere auch! Klasse Text! Knallt voll rein!!!

lg Michael

Re: Die Schmähung

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 01.02.2022 10:54 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
sehr lehrreich inkl. Wink mit dem Zaunpfahl. Bild passend erwischt.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Die Schmähung

Autor: Alf Glocker   Datum: 01.02.2022 11:32 Uhr

Kommentar: vielen dank liebe freunde

liegrü alf

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