Heute ist ein toller Tag.
Wir schreiben den 24. Januar 2000, und es hat seit einiger Zeit gefroren und geschneit. Die Luft ist trocken, und die Sonne scheint am strahlend blauen Himmel. Meine vier Hunde spielen im Garten, und ich sitze früh morgens bei einer Tasse Kaffee und weiß nichts mit meiner Zeit anzufangen, denn das Haus ist sauber. Ich schaue mich um, aber es gibt absolut nichts zu putzen. Ich überlege, wann dies das letzte Mal der Fall war, vielleicht im letzten Winter? Ich kann mich nicht erinnern.
Meine Hunde sind sehr verwöhnt, sie können nach Lust und Laune ein und aus gehen, auf den Sofas schlafen, und eine Hündin hat es sich zur Gewohnheit gemacht, bei uns im Bett zu nächtigen.
Ich grübele und stelle fest, dass dies in der richtigen Jahreszeit und bei richtigem Wetter gar kein Problem ist. Selbst das „Hundebettlaken“, welches ich abends über unser Bett lege, braucht heute nicht gewechselt zu werden. Die Fliesen in der Diele sind nicht von einer Sandschicht bedeckt, worauf man in Hausschuhen leicht ausrutschen kann, auf Teppichen und Sofas befinden sich keine Schmutzspuren und Hundehaare. Aber das Beste ist, keine meiner vier Hausgenossinnen möchte dauernd hinein und dann doch wieder in den Garten.
Bei dem Wetter bleibt man stundenlang draußen.
Blauäugig und von Dummheit geschlagen, statteten wir unser Wohnzimmer mit hellgelber Auslegware und einem schwarzen chinesischen Teppich aus. Es ist logisch, dass da bei Regen- und Matschwetter selbst der beste Staubsauger versagt. Aber man kann ja den Hunden Pfoten und Bauch abputzen, wenn sie hineinkommen. Nun besitzen wir derer vier, die täglich ca. zwanzigmal ein und ausgehen, es sei denn, es hat geschneit, und sie sind eh sauber.
Das hieße für mich, an jeder unserer drei Türen einen Eimer mit Wasser zu platzieren und dieses mehrmals zu wechseln, täglich achtzig Bäuche und dreihundertzwanzig Pfoten zu reinigen. Oh je!

Ich beschloss, die Hunde nur noch durch die Haustür hinein zu lassen, so könnten sie auf der Diele trocknen und den Sand dort lassen. Auch da hatte ich wieder einmal die Rechnung ohne meine Vierbeiner gemacht, waren sie doch gewohnt, in der warmen Stube bei uns auf der Couch zu liegen. Der Hund ist ein Gewohnheitstier. Er versteht nicht, weshalb man ihm etwas verbietet, was er jahrelang durfte. Infolge dessen kratzten sie so lange an den Türen, bis ich völlig entnervt nachgab. Sand und Schmutz wurden wieder gleichmäßig verteilt, und man schüttelte sich genau vor der Schrankwand.
Seitdem haben Staubsauger, Teppichschnee mit Schwämmchen und Eimerchen mit feuchtem Tuch ihre festen Plätze in unserem Wohnzimmer, und ich habe bei schlechtem Wetter rund um die Uhr eine Aufgabe, kommen auch noch wöchentlich einige Waschmaschinenladungen „Hundewäsche“ hinzu.
Noch extremer wird es in der Frühlingszeit, da man sich dann zusätzlich noch seines Winterfells entledigt.
So ist es mir zur lieben Gewohnheit geworden, jeden Morgen sofort nach dem Aufstehen das erste Mal zu saugen, Staub zu wischen und die Ledergarnitur zu reinigen, erst dann fühle ich mich wohl und kann frühstücken.
Gut erinnere ich mich noch an einen Tag im letzten Herbst. Mein Mann verließ um 06.15 Uhr das Haus, und im Halbschlaf hörte ich ihn sagen, dass die Terrassentür offen sei und die Hunde im Garten. Ca. eine Stunde später wurde ich durch lautes Gerangel im Wohnzimmer geweckt. Ich stand auf und traute meinen Augen nicht! Es hatte angefangen zu regnen, und meine vier Damen tobten nass und matschig durch das Haus. Meine gute Stube sah aus, als hätte man eine Schlammschlacht in ihr veranstaltet. Zusätzlich lagen zerkaute Äste und ein toter Maulwurf fein verteilt auf den Sesseln. Ein Blick aus der offenen Tür zeigte mir einen riesigen Krater in unserem Rasen. Hatte dort der Maulwurf gewohnt? Meine Hündinnen schauten etwas schuldbewusst aus der Wäsche, aber eigentlich war man doch brav, hatte sich schön selbst beschäftigt und das Frauchen ausschlafen lassen.
Nach einem innerlichen Wutausbruch, der eher meinem Mann galt, verlängerte sich mein morgendlicher Putzanfall um ca. zwei Stunden. Bei der Arbeit kam mir der Gedanke, in der örtlichen Zeitung nach einer Putzhilfe zu suchen, was ich aber sofort wieder verwarf, denn wem, um alles in der Welt, könnte man so etwas zumuten?
Kürzlich sah ich eine Fernsehsendung über ein buddhistisches Kloster in Japan. Die Mönche waren den ganzen Tag damit beschäftigt zu beten, zu meditieren oder sauber zu machen. Ich glaube fest, etwas Buddhistisches ist in mir, nur zum Beten und Meditieren finde ich leider keine Zeit, es sei denn, draußen liegt dicker Schnee, was bei uns in Schleswig-Holstein sehr selten vorkommt.
Vielleicht kann diese kleine Geschichte dazu beitragen, dass einige neue Hunde-Besitzer aus meinen Fehlern lernen und alles von Anfang an ganz anders machen?
Bei uns bleibt allerdings alles beim Alten. Ich liebe meine fröhlichen verspielten Hunde, und das bisschen Putzen mache ich doch mit links.


© Doris Demski 2000


5 Lesern gefällt dieser Text.






Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Mein Name ist Sisyphus"

Re: Mein Name ist Sisyphus

Autor: romano.s67   Datum: 13.09.2012 15:45 Uhr

Kommentar: Tolle Geschichte, und LACH, wie wahr. Ich hatte auch mal paar Jahre 2 Hundedamen. Na, die eine war die Dame, die andere der S....hund..
Wir lebten in einem Bauernhaus, meine Hunde hatten ihr eigenes Zimmer, und konnten auch rein und raus wie sie wollten. Naja, das altbekannte Resultat... Staub, Sand, Haare und was weiss ich noch alles.. auch Mäuse oder mal ne "geteilte" Ratte. Die Hunde kamen aus dem Garten durch die Hintertür rein. Da hatte ich einen langen Korridor bevors ins Wohnzimmer ging. Hatte den Korridor ausgelegt mit billigstem Spannteppich, den ich an den Wänden auch je einen halben Meter hochzog, und lehrte meine Hunde, WO sie sich auszuschütteln hatten. Die "Dame" Shiva kapierte sehr schnell. Und die kleine "Asha" musste ich halt zwingen zu lernen, indem ich die Tür zum Wohnraum zuliess, BIS SIE sich ausgeschüttelt hatte... anfangs dauerte das etwa halbe Stunde. DANN belohnte ich sie mit Leckerli! Mit der Zeit machte sie es einfach der viel klügeren Shiva nach. Shiva war ein Border-Mix, hatte richtig menschliche Augen (mit Pupille und Iris) und war sehr selbständig.

Leider leben beide nicht mehr. Asha wurde krank.. Und Shiva verstarb mir im 2009 am Krebs. Sie entschlief friedlich auf meinen Beinen, ganz ohne Angst starb sie. Kein zucken, nicht mal ein "Angst-Bisi".
Sie kam zu mir, legte sich auf meine Beine, sah mich an, leckte nochmal meine Hand, machte noch 3 Atemzüge, und atmete ganz entspannt ein letztes mal aus.

Ich lernte im Leben mit meinen Hunden, dass auch ich gesünder bleibe, wenn nicht immer alles klinisch sauber ist. Denn so haben unsere Abwehrkräfte einen Grund selbständig zu arbeiten und uns gesund zu erhalten, so gesund wie unsere geliebten Vierbeiner....

- Wünsche Dir noch viel Freude mit deinen Hunden -

Re: Mein Name ist Sisyphus

Autor: Doris Demski   Datum: 15.09.2012 13:42 Uhr

Kommentar: Danke für Deinen ausführlichen Kommentar und die guten Wünsche.
Auch diese 4 Damen sind bereits im Hundehimmel, und ich denke so gerne und voller Freude an die schönen Jahre mit ihnen zurück.
Ich hoffe, dass meine jetzige Hündin, die 2-jährige "Elsa", noch lange an meiner Seite sein wird.
LG D.D.

Re: Mein Name ist Sisyphus

Autor: Hans Finke   Datum: 15.01.2014 13:02 Uhr

Kommentar: Liebe Doris, ich bewundere dich schon arg. Was du schilderst ist, als ob ich meine eigenen Tagesberichte läse, wenn ich denn welche schreiben würde. Zwar haben wir nur 2 Damen aber in ihrer Beweglichkeit könnten es leicht mehr sein. Ich hab längst im Wohnzimmer ihre „Wegstrecke“ ins Haus mit Linoleum ausgelegt und diverse Reinigungsgerätschaften an den Eingängen platziert; besonders schön ist es, wenn draußen matschiges Wetter herrscht und die breiten, großen Hundepfoten exakte Abdrücke hinterlassen, an denen jeder Beamte der Spurensicherung seine Freude hätte. Und Haare gibt es so viele, dass man pro Saison einen wunderschönen Pullover daraus machen könnte. Eigentlich sind es höchstens mal 2 Monate, dass sie keine Haare abwerfen. Entweder als Vorbereitung auf den Winter oder als Vorbereitung auf den Sommer. Manchmal ist es schon Sisyphos pur, bis auf die Steine… -
Viel Freude mit deiner Hundedame wünscht dir Hans

Kommentar schreiben zu "Mein Name ist Sisyphus"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.