Meine heitere Geschichte ist dem echten Leben abgelauscht.
Sie erzählt von Empathie im schnöden Alltag.
Ich bin Rentner und verwalte eigene Immobilien und die der Familie.
Mein Hausmeister, mit dem ich sehr oft zu tun habe, erwähnte vor kurzem schamhaft er schreibe seit Jahren ab und an auch Gedichte, traue sich aber nicht die zu veröffentlichen oder auch nur im Bekanntenkreis vorzutragen.
Ich hatte ihm von meinen Aktivitäten z.B. bei Schreiber Netzwerk erzählt.
Nun ist der Dichterkollege beruflich im Bereich „Gas- Wasser – Scheiße“ tätig, also Heizungs- und Sanitärfachmann.
Dieser „dichtende“ Handwerker also hat mir anlässlich einer Besprechung ein Baumgedicht übergeben.
Vorlesen wollte er nicht.
Nachfolgend der Originaltext:
"Ich sitze im Garten, bin allein.
Dann fallen mir solche Sachen ein.
Nun will ich ein paar Zeilen reimen
Und mir damit die Zeit vertreiben.
Um meinen Garten ist ein Zaun.
Und mittendrin, da steht ein Baum.
Der Baum – 15.9.2015
Der Baum, der in meinem Garten steht
Der Wind durch sein Geäste weht
Im Frühjahr blüht er kunterbunt
Im Sommer reifen Früchte prall und rund
Sind schmackhaft und gesund
Im Herbst sind sie dann erntereif
Für klein und groß, das ist ne Freud
Dann Fallen die Blätter
Der Winter naht
Mit Eis und Schnee und kalten Tagen
Und dennoch wird mein Baum nicht klagen
Im Gegenteil und ohne Fragen
wird er im nächsten Jahr
auch wieder pralle Früchte tragen."
Weil wir uns seit Jahren kennen und ich ihn auch mag, habe ich nachfolgendes Antwortgedicht geschrieben:
Zitat:
„Sehr geehrter Herr M.
Lyrik aus der Alltagskiste
schafft es selten zur Bestenliste;
Gedanken, seelentief empfunden,
öffnen Herzen nach Millisekunden.
Doch Menschen, die zu träumen wagen,
brauchen wir gerade in trüben Tagen.
Wer esoterisch grübeln kann,
erscheint als ein besonnener Mann.
Er webt sich tags in Träume rein
und findet zum Beispiel Bäume fein.
Besonders die praktischen Obstgewächse
erweisen sich als Gesundheitsschätze.
„One apple a day,
keeps the Doktor away“.
Das lehrt ein bekannter englischer Vers.
Ein Apfel ist gesund, und das ist kein Scherz.
Doch die Moral von der Geschicht`:
Schreib
so was
dem bösen
Verwalter
nicht.
Der ärgert sich, dass ein Handwerkersmann
außer Rohre auch Reime dichten kann
und grübelt verknautscht, wie er reagiert,
damit DER nicht den nötigen Respekt verliert,
den ER gefälligst erwarten kann,
denn schließlich hat ER ja die Hosen an.
So hat ER sich bösartig ausgedacht,
wie ER dem Dichtersmann Kummer macht:
Abrechnungen
an die Hausverwaltung ab jetzt nur noch mit
Reimgestaltung.
War dort eine Decke neu zu streichen,
so werden wohl kurze Verse reichen.
Jedoch beim Wasserdurchfeuchtungsschaden
bedarf es kunstvoller Wortballaden,
den Arbeitsaufwand exakt zu beschreiben:
So wird s gemacht, der Kerl soll leiden.
Nur dann, wenn die Verse perfekt gelingen,
wird man ihm auch den Lohn überbringen.“
Zitat ende
Eine Woche später hat Herr M. die nächste Abrechnung tatsächlich in Versen präsentiert,
nicht weil er nach meinem Brief vor mir kuschen müsste, sondern weil er endlich erkannt hat, dass er
der Worte doch mächtig genug ist und sich mit seinen Gedichten nicht verstecken muss.
Tage eilen in grauen Kleidern
an mir vorbei, doch ich
glaube zu schweben, eingehüllt
in einem Mantel aus Licht.
Ich habe noch viel vor
und halte die Uhren an,
doch das Leben läuft [ ... ]
Strahlend wärmt der Sonnenschein nach dürstend, finsterer Zeit.
Licht und Wärme streichelt alle Sinne, die wir haben.
Ein Märchen scheint erwacht zu sein, in einem bunten Kleid.
Des Lebens [ ... ]
Gevatter Tod, -unsichtbarer Geselle,
verbreitest bisweilen Angst und Schrecken,
stehst von Anbeginn schon vor der Tür,
gehst neben mir, trittst an des Lebens Stelle.