Bubenstreich Blecheimer

Beim Erwähnen des Wortes Blecheimer fällt mir ein echter Bubenstreich ein. Eine Maschine zum Korndreschen stand zur Reparatur bei uns auf dem Hofe. Ich muss so zwölf Jahre alt gewesen sein. Meine vier Jahre ältere Schwester Christa feierte mit ihren Gästen ihren Geburtstag in der kleinen Stube. Sie machten Musik und tanzten. Ich Kind war in diesen Kreisen nicht erwünscht. Das war eigentlich ganz normal und auch bei anderen Zusammenkünften der älteren Kinder sonst so usus.
Ich war aber trotzdem irgendwie eingeschnappt.

Die ältere Schwester hatte natürlicherweise einen völlig anderen Freundeskreis, mit dem sie Umgang hatte. Jedenfalls hatten sie nicht nur den zur Dorfstrasse gerichteten Rollladen, sondern auch noch den stabilen Holzladen zum Hoffenster verschlossen, so dass man absolut gar nichts beobachten konnte. Ich war offenbar neidisch, gern hätte ich ein paar Heimlichkeiten erhascht und ich beschloss, die Gesellschaft zu ärgern. Dazu kletterte ich auf die Dreschmaschine mit einem alten Zinkeimer in der Hand.
Oben wartete ich, bis die Gesellschaft den Geräuschen nach zu urteilen, besonders fröhlich war. Und dann warf ich mit voller Wucht und Wut im Bauch den Blecheimer gegen den hölzernen Fensterladen.
Der Wurf war ein Volltreffer. Er tönte wie ein Kanonenschuss und der Eimer torkelte vom Fensterladen abprallend noch ein ganzes Stück laut polternd über das Hofpflaster. Totenstille trat ein. Schweigen in der kleinen Stube. Alle waren natürlich erschrocken. Ganz langsam schlichen sich nach ein paar Minuten ein paar Mutige auf den Hof, um nachzusehen, wodurch dieser Krach entstanden war.
Glücklicherweise war der Eimer soweit vom Fenster weg und unter die Dreschmaschine gerollt, dass er als das Tatinstrument gar nicht unbedingt ausgemacht werden konnte. Man vermutete, der Krachmacher habe sich nach seiner Tat schleunigst aus dem Staube gemacht. Auf einer Dreschmaschine kann man sich gut verstecken. Ich saß tief geduckt und war mucks-mäuschenstill.
Glücklicherweise kam keiner der Geburtstagsgesellschaft auf die Idee, dass der Störenfried auf der Dreschmaschine sitzen könnte. Mir wäre es sicher schlecht ergangen, wenn sie mich als Täter identifiziert hätten, denn diese Jugendlichen waren alle drei bis sechs Jahre älter als ich.

Mit gedämpfter Stimmung ging die Geburtstagsfeier aber bald wieder weiter. Ich schlich mich nach angebracht erscheinender Wartezeit von der Maschine herunter und kam später auch irgendwie unbemerkt ins Haus.
Ich hatte meine Genugtuung. Es war kein größerer Schaden entstanden und ich hatte mich nach meiner kindlichen Überzeugung für die Missachtung maßvoll gerächt und war nicht erwischt worden. Hurra!

2009


© Erschienen in LUNTEWALD Dorfknabengeschichten


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