Deine zarten, schlanken Finger streichen zärtlich über meinen Rücken. Sie fahren mir liebevoll durchs Haar. Sie streicheln meine Schultern. Du legst dich auf mich. Ich spüre dich kaum. Du schmiegst dich an mich und ich fühle deine wunderbare Wärme. Ich genieße es - deine Nähe, deine Wärme, deine Berührungen. Aber etwas fehlt.

Du liegst stumm auf mir. Hast deinen Kopf zwischen meine Schulterblätter gelegt und mich mit deinen schmalen Armen umfasst. Es ist schön aber meine Gedanken schweifen ab, sie treiben dahin wie Blätter im Wind. Ich sollte mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren und diesen Moment auskosten. Das ist es doch, was du wolltest. Das ist es doch, nach dem du dich so lange gesehnt hast. Ja, das stimmt aber etwas fehlt.

Du setzt dich neben mich. Ich drehe mich um und kann dich zum ersten Mal richtig sehen. Du bist sehr hübsch. Deine Augen sind lebhaft. Dein Mund ist unentwegt in Bewegung. Du bist eine schöne Frau, klein und zart aber voller Energie und voller Kraft und Stolz. Ich lausche deiner Stimme auch wenn mich nicht wirklich interessiert, was du sagst. Du machst einen Witz und ich muss laut lachen. Du lachst mit und lächelst mich an. Du bist eine wunderbare Frau aber etwas fehlt.

Du fragst mich, ob ich mich an dich kuscheln möchte. Ich bin ganz überrascht. Bisher hast du eine gewisse professionelle Distanz eingehalten. Du hast mir gegeben, für was ich bezahlt habe aber du hast es tunlichst vermieden, zu intim zu werden. So war das ausgemacht und obwohl ich mich so sehr nach noch innigeren Berührungen gesehnt habe, war es ok. Du drehst dich auf die Seite und rutschst ganz nah zu mir. Ja! Ja, genau das möchte ich. Ich schmiege mich ganz nah an dich aber ich versuche meine Erregung vor dir zu verbergen. Das ist wohl vergebene Mühe aber du bist so höflich und erwähnst es nicht.

Ich frage dich, ob ich meinen Arm um dich legen darf und du stimmst zu. Ich lege sanft meinen Arm um dich. Du nimmst meine Hand und drückst sie auf deinen Brustkorb knapp unterhalb deiner Brüste. Es ist gut. Es ist wunderbar. Ich kann deine Rippen fühlen. Meine Liebe, du musst mehr essen. Mein Bauch schmiegt sich um deinen Po und meine Brust drückt sich wärmesuchend an deinen Rücken. Es ist einfach herrlich; das was ich mir erhofft habe. Ich lege meinen Kopf ganz nah an deinen Nacken. Meine Lippen berühren ganz leicht deine Haut. Keine Küsse aber einfach nur Auflegen ist ok. Ich sehne mich nach so viel mehr aber es ist ok. Es ist das Highlight - mehr als ich erwarten durfte. Aber etwas fehlt.

Wir liegen eine ganze Weile so eng aneinander, unterhalten uns, lachen zusammen. Ich fühle, dass du dich nicht dazu zwingen musst - dass es dir auch gefällt. Ich frage, ob ich deine Hand in meine nehmen darf und du stimmst zu. Du könntest ablehnen oder dich wegdrehen - es wäre ok - aber du tust es nicht. Meine Hand umfasst deine und es ist der intimste Moment unserer Begegnung. Deine kleine, zarte Hand fühlt sich so gut an. Ich halte sie. Ich streiche sanft über sie. Ich fahre mit meiner Nasenspitze deinen Nacken entlang. Du lässt mich gewähren. Jederzeit könntest du dich entfernen, wenn dich etwas stört. Du weist, wie es geht. Du hast es mir erzählt. Du tust es aber nicht. Ganz eng bleibst du bei mir und lässt mich dich streicheln. Ein kleiner Funke, von dem was bisher fehlte glimmt in meinem Herzen.

Die Zeit neigt sich dem Ende. Ich lege noch einmal den Arm um dich und grabe mein Gesicht in die Kuhle zwischen deinem Nacken und der Matratze. Es sollte hier nicht viel Luft geben aber ich kann problemlos atmen. Wie in einer Zeitblase genieße ich die letzten Minuten. Dann ist es vorbei. Wir lösen uns voneinander und setzen uns auf. Du erzählst wieder etwas lustiges und ich muss Schmunzeln. Du lächelst mich an und ich sehe in deinen Augen, dass da ein kleines Fünkchen Sympathie ist. Ich mag dich aber wir sind so unendlich verschieden und am Ende des Tages bin ich nur dein Kunde. Etwas ganz entscheidendes fehlt aber das habe ich nicht gehofft, hier zu finden.

Du gibst mir einen Moment, mich zu richten und meine Sachen zu packen und verlässt den Raum. Ich habe schnell alles zusammen, setze mich und denke über unsere Begegnung nach. Es war zweifellos sehr schön. Das Kuscheln mit dir hat mir aufrichtig gut gefallen. Ich hätte noch stundenlang weiter machen können... oder vielleicht doch nicht? Mein Kopf ist noch von leichten Glücksgefühlen etwas benebelt aber ich habe etwas verstanden. Deine zärtlichen Berührungen waren elektrisierend aber weit entfernt von dem feuerwerksartigen Kribbeln, das ich von früher kannte. Deine Wärme war herrlich angenehm aber weit entfernt von dem wohligen Gefühl der Nähe zu einer Geliebten. Du bist eine tolle Frau aber nicht der Typ, an den ich je mein Herz verschenken würde.

Das war's! Liebe, Leidenschaft, wahrhaftige Erregung, tiefe Zuneigung - das fehlte. Aber halt! Erwartet habe ich das alles auch nicht. Ich bin ein Narr aber kein Idiot. Diese Dinge kann man sich nicht kaufen. Aber was ich begriff, war, dass diese Dinge wie Verstärker wirken, wie Katalysatoren. Durch sie werden Berührungen magisch. Durch sie wird körperliche Nähe zu einem ganz besonderen Ereignis. Sie sind wie Zauberkleber für zwei Menschen.

Sex war nie das, was ich gesucht habe und eine einfache Massage auch nicht. Ich wollte einen Moment Nähe und Zärtlichkeit. Bekommen habe ich das aber leider nicht so intensiv wie ich es erhofft habe. Ich fühle mich seltsam. Auf der einen Seite hat das Kuscheln mit dir schon meinen Kopf mit Glücksgefühlen gefüllt. Ich fühle mich seltsam high. Auf der anderen Seite ist da eine Leere, eine emotionale Taubheit.

Du kommst zurück und verabschiedest mich. Ich danke dir höflich. Wir umarmen uns herzlich und du geleitest mich zur Tür. Ich wünsche dir alles Gute und meine es auch so. Beschwingt steige ich die Treppe hinab und trete auf die Straße. Es ist angenehm kühl. Mein Kopf klärt sich, so als ob man von einem kleinen Schwips wieder nüchtern wird. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schaue ich zurück. Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast. Danke, dass ich etwas über mich lernen durfte.

Bin ich jetzt auf den Geschmack gekommen und suche mir jemanden, der mehr als Kuscheln anbietet? Nein, ganz bestimmt nicht! Dafür bin ich nicht gemacht. Es funktioniert bei mir nicht. Komme ich noch einmal zu einer respektvollen Kuschelstunde? Ja, bestimmt irgendwann. Mein natürliches Bedürfnis nach menschlicher Nähe hast du gefüllt und mich auch ein kleines bisschen glücklich gemacht. Kann man Glück kaufen? Ja, aber nur in ganz kleinen Portionen.


© Aus_dem_Abgrund


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Kommentare zu "teilerfüllte Sehnsucht"

Re: teilerfüllte Sehnsucht

Autor: Seelenschreiberin   Datum: 05.08.2021 23:10 Uhr

Kommentar: es geht unter die Haut

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