Der schlimmste Tag des Jahres ist für mich der Silvesterabend. Heute ist es wieder so weit. Vor einigen Jahren hat Frank einen Schallschutzraum für mich gebaut. Dort ist das Knallen viel erträglicher und außerdem ist es noch dunkel dort. Das Blitzen ist ähnlich schrecklich wie das Knallen. Deshalb habe ich auch schreckliche Angst vor Gewittern.
Das alles hat schon begonnen bevor ich Frank kennengelernt habe und bei ihm einziehen durfte. Es ist quasi ein Kindheitstrauma. Damals lebte ich auf der Straße mit meiner Mutter und meinen Geschwistern. Wir hatten nicht viel, zogen von Unterschlupf zu Unterschlupf. Damals waren es andere Zeiten. Es gab ein paar wirklich grundlegend böse Menschen die auf uns schossen, wenn wir ihnen oder ihrem Grundstück zu nahe kamen. Wir haben sehr bald gelernt uns fernzuhalten.

Das Knallen der Feuerwerkskörper holt in mir immer wieder diese Erinnerungen hoch. Völlig unkontrolliert. Ich kann mich dann oft nicht einmal mehr auf den Beinen halten und klappe zitternd auf dem Boden zusammen. An unserem ersten Silvester gemeinsam hat Frank mich die ganze Nacht gehalten, mir gut zugeredet und mir sanft über den Kopf gestrichen. Das hat alles etwas erträglicher gemacht.

Frank hatte immer Verständnis für meine Reaktion. Er hat mich nie verurteilt oder war sauer, dass er sich um mich kümmern musste. Im Gegenteil, er hat sich immer so unglaublich liebevoll um mich gekümmert. Ich liebe Frank dafür so sehr. Und ich glaube er liebt mich auch. Manchmal frage ich mich, ob ich ihm genug zurückgebe. Er ist ja selbst beim kleinsten Gewitter für mich da. Aber bisher wirkte er immer glücklich darüber,dass ich bei ihm bin. Jemanden zu haben, der sich so sehr für einen interessiert und einen so umsorgt ist wirklich ein riesiges Glück.


Frank sah die zitternde Sunny an. Silvester machte ihr am meisten zu schaffen. Er konnte das Leid nur sehr schwer ertragen. Er musste dann etwas tun. Das war auch einer der Gründe, warum er sich damals entschieden hatte Sunny aus Spanien zu holen. Die Lebensbedingungen waren dort wirklich grausam und er wollte wenigstens einem Hund ein sicheres, liebevolles Zuhause schenken.


© Menschenblind


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