Es war einmal ein Königspaar, das vergeblich versuchte ein Kind zu bekommen. Alle Mühe war scheinbar vergeben, denn es klappte einfach nicht.
Die Königin verzweifelte und wurde immer unglücklicher. Sie suchte sich überall Hilfe, wo sie nur konnte, doch nichts schien zu funktionieren.
Eines Tages erfuhr die Königin, dass im Wald eine Frau leben sollte, die angeblich magische Kräfte besaß und Wünsche erfüllen konnte.
Sogleich schickte sie den König los, um diese Frau, die auch als Hexe bekannt war, zu suchen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis der König auf ein kleines Haus mitten im Wald stieß.
Als er eine schöne junge Frau erblickte, die auf einer kleinen Holzbank neben dem Haus saß, konnte er nicht widerstehen und ging zu ihr hin.
"Hallo gnädiges Fräulein. Ich bin auf der Suche nach einer Hexe, die jeden Wunsch erfüllen kann." sagte der König freundlich zu dem jungen Ding.
Die Frau stand auf und lächelte, dann verbeugte sie sich.
"Mein König, diese Hexe habt ihr gefunden. Wie kann ich euch helfen?"
Der König war überrascht, dass sie ihn erkannt hatte und musste lachen.
Danach schilderte er ihr das Problem und die Hexe gab ihm eine kleine Flasche mit einer violetten Flüssigkeit darin.
"Dies muss eure Frau trinken, bevor sie zu euch ins Bett steigt, dann werdet ihr ein Kind bekommen."
Der König nahm das Fläschchen an sich und lächelte die schöne Frau dankend an. Diese verschwand sogleich wieder in ihrem Häuschen.
Der König, der gerade den Heimweg antreten wollte, hörte die zarte Stimme der jungen Frau, wie sie ein Lied sang.
"Das kann doch keine Hexe sein, so wunderschön und zart" dachte sich der König und überlegte, was er tun sollte. 
Er entschied sich in das Häuschen zu gehen, in dem die Hexe sich befand. 
Als die Hexe ihn sah, war sie zuerst verwirrt und fragte ihn, was er denn noch begehre. 
"Dich, Du schönes Kind. Ich will Dich, schließlich bin ich auch nur ein Mann."
Bevor die Hexe überhaupt verstand, was geschah, packte der König sie und stieß sie unsanft gegen den kleinen Schrank am Fenster. Als sie versuchte aufzustehen, wurde sie gepackt und  so umgedreht, dass ihr Gesicht zu Boden krachte. Der Schmerz in ihrem Kopf war groß, aber dennoch versuchte sie zu entkommen, doch der König war zu stark für sie. Er zerriss ihren Rock, die Hexe schrie und flehte, weinte, doch niemand konnte sie hören. Sie wimmerte, war auf einmal still, dann war alles vorbei.
Der König stand auf und bedankte sich abermals für das Fläschchen und trat dann seinen Heimweg an.

Die Königin, die schon sehnsüchtig gewartet hatte, nahm das Fläschchen an sich und wollte es sofort ausprobieren, doch der König winkte ab.
Er meinte, er sei noch von der langen Reise geschwächt und müsste sich erst einmal ausruhen.
So zog er sich in seine Gemächer zurück und genoss die Erinnerungen an die Frau aus dem Wald. Er würde sie noch einmal besuchen, sie war so viel hübscher und jünger als seine eigentliche Frau.
Doch als er am nächsten Tag erneut in den Wald aufbrach, war das Häuschen verschwunden.
Der König erinnerte sich an diese Stelle, da es an einem kleinen Bach lag, doch das Häuschen war einfach weg und die Hexe ebenfalls.
Traurig und unbefriedigt kehrt der König zu seiner Frau zurück und befahl ihr, sie solle den Trank nehmen und in sein Bett kommen.
Der König erfüllte seine Pflicht, doch er hatte dabei keinen Spaß, da seine Frau im Vergleich zu der jungen Hexe viel unansehnlicher war.
Einige Wochen später war es so weit, die Königin erwartete ein Kind. Überglücklich berichtete sie es dem König, doch seine Freude hielt sich in Grenzen.

Es vergingen viele Monate und die Geburt rückte näher. Der König konnte die junge Hexe immer noch nicht vergessen und gesellte sich auch nie wieder in das Bett seiner Frau. Doch er freute sich auf sein Kind, endlich hätte er einen Nachfolger. Das war wahrscheinlich die einzige Freude noch, die seine Frau ihm schenken konnte.
Als es so weit war und seine Tochter das Licht der Welt erblickte, war der König so glücklich, dass er ein riesiges Fest veranstalteten ließ.
Er lud jedem im Königreich zu dieser Feier ein und sogar Könige aus den Nachbarländern kamen, um die neue Prinzessin zu sehen und eventuell schon Heiratspläne zu schmieden.
Die Gäste kamen zur Wiege und gaben der Prinzessin die besten Wünsche mit auf den Weg.
Als eine alte Frau sich der Wiege näherte, stand der König auf und sah sie ungläubig an.
Es war die Hexe aus dem Wald, jedoch war sie weder schön, noch jung. Ihr Gesicht wirkte alt und verfallen, doch ihre Gesichtszüge blieben die alten.
Sie sah auf das Kind hinab und ließ ihren Blick zu dem König wandern, der vor seinem Thron stand und sie sprachlos anstarrte.
Die Hexe verneigte sich vor dem Königspaar und wollte der Prinzessin ebenfalls ihren Segen geben.
Der König, der nichts gutes kommen sah, wollte die Hexe hinauswerfen lassen, doch die Königin befahl ihrem Mann sich zu setzten.
"Es ist nur eine harmlose Frau, lass sie." hatte sie gesagt und lächelte der Hexe zu.
"Ohne mich würde es dieses Kind nicht geben" sagte die Hexe lächelnd.
"Eure Tochter soll zu einem hübschen Mädchen heranwachsen." 
Die Hexe stach sich mit einer Nadel in den Finger und ließ 12 Bluttropfen auf das Kleid der Prinzessin fallen und mit jedem Tropfen einen anderen Segen. Schönheit, Anmut, Intelligenz, und noch weitere Segen waren zu vernehmen.
Die Königin sah zufrieden zu, bis die Frau einen 13. Tropfen fallen ließ und ihre Augen sich verfinsterten.
"Mit diesem Tropfen werde ich eurer Tochter den Segen des Todes schenken. An ihrem 15. Geburtstag wird sie sich an einer Spindel eines Spinnrades stechen und daran sterben."
Die Hexe lachte und sah abermals zu dem König.
"Dies sind meine Segen, mit Blut besiegelt. Ich habe euch das Kind geschenkt und ich nehme es euch wieder, denn der König ist ein grausamer Mann und verdient es nicht, so etwas wertvolles zu besitzen." 
Die Königin flehte sie an, diesen letzten Fluch von dem Kind zu nehmen. Sie ging sogar vor der Hexe auf die Knie und fing an zu weinen.
"Sei nicht so grausam zu uns, bitte, ich flehe dich an. Nimm uns unser Kind nicht." flehte die Königin.
"Euer Mann, Frau Königin, hat so ein Geschenk nicht verdient. Er hat mir damals im Wald Leid angetan und dafür wird er nun bestraft."
Die Königin weinte weiter und flehte weiter.
Die Hexe sah die Königin an und gab ihrem Wunsch schließlich nach, da sie ihr leidtat.
"Der Tod sei aufgehoben, doch stattdessen soll die Prinzessin in einen hundertjährigen Schlaf fallen. Wenn sie aufwacht, werden alle Menschen, die sie eins geliebt hat schon längst tot sein und somit auch ihr, meine Königin."
Die Königin flehte weiter, doch die Hexe schüttelte nur mit dem Kopf.
"Das ist die Strafe dafür, das der König so ein grausamer Mann ist. Ich nehme ihm das Liebste auf der Welt und werde dabei zusehen."
Mit diesen Worten verschwand die Hexe so schnell, wie sie gekommen war.
Der ganze Hofstaat stand geschockt da und sah den König wie versteinert an.
Die Königin weinte und schluchzte und verstand gar nichts mehr.
Das Fest war nun vorbei und alle wurden nach Hause geschickt. Der König wollte seiner Frau beistehen, doch diese schrie ihn an. Es sei seine Schuld und das würde sie ihm nie verzeihen können. Das war das Letzte, was die Königin je zu ihrem Mann sagen würde. Sie blieben zwar das Königspaar, aber schliefen und lebten von nun an getrennt, nur ihre Tochter hielt sie noch zusammen.

Die Jahre vergingen und der Fluch geriet langsam in Vergessenheit.
Die Prinzessin wuchs heran und jeder einzelne Segen der Hexe erfüllte sich.
Es mochte vielleicht nur ein Zufall sein, doch die Königin hatte Angst, dass der letzte Fluch auch wahr werden könne.
Der König veranlasste das gesamte Land abzusuchen und alle Spinnräder zu verbrennen, die er fand.

Endlich war es so weit, die Prinzessin würde heute 15 Jahre alt werden.
Das Königspaar konnte daran keine Freude finden, denn der Fluch stand immer noch aus und die Angst war erdrückend.
Die Prinzessin wusste nichts von diesem Fluch und wunderte sich deshalb, wieso sich keiner freute.
Demotiviert ging sie im Schloss auf und ab, bis sie an eine Tür vorbeikam, die sie noch nie vorher mitbekommen hatte.
Die Prinzessin öffnete sie und ging eine lange Treppe nach oben, bis sie in einem kleinen Zimmer ankam.
In dem Zimmer stand ein Spinnrad und daran saß eine alte Frau.
Die Prinzessin fragte sie, was das für eine Gerätschaft sei und war fasziniert davon.
Die Alte ließ sie an das Spinnrad und sogleich stach die Prinzessin sich an der Spindel.
Als sie das Blut an ihrem Finger sah, wurde ihr schwindelig und sie fiel bewusstlos zu Boden.
Die Prinzessin wurde nach wenigen Minuten gefunden und aus dem Turmzimmer in ihr Schlafgemach gebracht.
Das Spinnrad wurde zerstört und es wurde nach der Person gesucht, die es da aufgestellt hatte.  Aber es gab keine Spur, keinen Schuldigen.

Das Königspaar fing an zu trauern und ihr Leid zu beklagen, abermals gab die Königin ihrem Mann die Schuld. Sie verbrachte Tag und Nacht an dem Bett der Prinzessin, Jahr für Jahr, aber sie wachte einfach nicht auf.
Überall im Land wurde nach der Hexe gesucht, aber sie wurde nicht gefunden. Ärzte und Heiler aus allen Ecken des Landes kamen, doch niemand konnte die Prizessin aufwecken. So ging es weiter, bis das Königspaar verstarb. Ohne Thonfolger versank das Land im Krieg um die Herrschaft und die Prizessin geriet in Vergessenheit. Sie wurde als Mythos, als Sage, als Märchen abgestempelt, ihr Zimmer sollte für immer verschlossen bleiben.

Nach Einhundert Jahren, erwachte die Prinzessin wieder, immernoch 15 Jahre. 
Das Zimmer, in dem sie sich befand, bestand nur noch aus 2 Wänden. Die Möbel und sogar ihr Kleid, was sie anhatte, war dahin und vom Alter gezeichnet. Das Schloss, eine alte zerfallen Ruine, doch als die Prinzessin die ganzen Rosen sah, die überall in dem Schloss wuchsen, strahlte ihr Herz.
"So wunderschön." rief eine Stimme.
Die Prinzessin drehte sich überrascht um und erblickte eine junge wunderschöne Frau.
Sie kam ihr bekannt vor, aber die Prinzessin konnte sich beim besten Willen nicht erinnern woher.
Die Frau erklärte ihr, was geschehen war und das alle ihre Liebsten Tod seien.
Die Prinzessin weinte um ihre Eltern und beklagte ihr weiteres Leben, doch die Frau lächelte sie an.
Es gibt viel schlechtes in der Welt, hatte die Frau zu ihr gesagt.
Sie wollte die junge Prinzessin aufnehmen und sie in der Kunst der Magie und Heilung unterrichten.
Da die Prinzessin nichts mehr in ihrem Leben besaß, willigte sie ein und ging mit der Frau mit, um von ihr alles zu lernen, was sie über Magie wissen musste.


ENDE


© Lysann Blackmoon


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