Dämonisches Blut III

© EINsamer wANDERER

Bevor Peter den Fall zu den Akten legen konnte, musste er leider zunächst einmal ermitteln. Dabei hatte er seine feste Routine. Es galt den offensichtlichsten Spuren nachzugehen und sich dabei derart inkompetent anzustellen, dass es nur in einer Sackgasse enden konnte. Aber man sollte zumindest klug genug sein um einen potenziellen Täter zu erkennen und es so aussehen zu lassen, als wenn er es war, um zu einem noch schnelleren Ergebnis zu kommen.

    Alle betreffenden Opfer der Veränderungen waren in diesem Krankenhaus stationiert gewesen. Danach musste er nur noch die Verwandten abklappern. Das sollte es gewesen sein. Allerdings schien er beim Krankenhaus gleich auf der richtigen Spur zu sein. Dies verriet ihm sein Seltsamkeitsinstinkt, der ihm vor sämtlichen Merkwürdigkeiten warnte. Ausgelöst wurde dieser von der Rezeptionistin. Sie hatte etwas von einem Schmetterling mitten in seiner Metamorphose. Auf der einen Seite wirkte sie wie ein Mauerblümchen, das sich in ein ... eine ... irgendetwas anderes verwandelte. Ihre Haaren waren offen und zerzaust. Die Brille trug sie auf der Stirn, scheinbar hatte sie mal eine gebraucht, doch jetzt nicht mehr so häufig oder gar nicht mehr. Aber das Sonderbarste war ihre Berufskleidung, denn diese war ihr mindestens eine Nummer zu klein. Unter dem Stoff zeichnete sich deutlich eine starkdefinierte Muskulatur ab. Sie schaute auf ihren Bildschirm und dabei befand sich ihr Gesicht in steter Bewegung. Von Ärger, über Angst bis hin zur Verwirrung schien alles dabei zu sein. Vermutlich lutschte sie so intensiv an ihrem Bonbon, um sich selbst zu beruhigen.

    »Guten Tag,«, Peter schaute auf das Namensschild, »Cindy. Kann ich mit dem Leiter des Krankenhauses sprechen?«, dabei zeigte er monoton seine Dienstmarke.

    »Logo. Der ist im dritten Stock, dritte Tür links. Ganz leicht zu merken. Zweimal die drei, Sie verstehen schon. Wollen Sie auch ein Bonbon? Sind echt lecker. Schmeckt zwar nach Himbeeren, aber da ist noch etwas anderes mit bei. Macht einen ziemlich süchtig.«

    Als sie ihm die Dose reichte schlug sein Seltsamkeitsinstinkt aus wie ein Seismograph bei einem Erdbeben der Stärke fünf. Außerdem gefiel ihm der Hunger in Cindys Augen nicht. »Nein, danke, ich bin im Dienst.« Mit dieser schwachen Ausrede begab er sich in Richtung Aufzug. Als er ein paar Schritte zurückgelegt hatte, drehte er sich noch einmal um und sah eine Rezeptionistin die dieses Gespräch irgendwie zum Nachdenken angeregt hatte. Daraufhin nahm sie noch ein Bonbon.

    
Die falsche Kathleen wollte zwar Zerstörung und Chaos, doch bis es soweit war, würde sie sich die Wartezeit mit etwas Spaß versüßen.

    »Ja, Schatz, es wird heute etwas, äh, später. Ich- Arghhhh!«, er zog die Luft durch die Zähne ein, als die Schwester mit ihrer Zunge eine ganz besondere Ziehtechnik einsetzte. »Nein, nein, es ist nichts. Ich-ich bin nur etwas verspannt. W-wir werden uns aber bestimmt beim Abendessen sehen. Liebe dich auch«, fügte er hastig hinzu, ehe er ejakulierte.

    Die falsche Kathleen schluckte den Samen genüsslich hinunter. Darauf kroch sie unter den Schreibtisch hervor und richtete ihre Kleidung etwas, während der Chefarzt seine Hose zuknöpfte. Als sich die Krankenschwester umdrehte erblickte sie einen großgewachsenen schlaksigen Mann mittleren Alters. Seine Augen wirkten irgendwie leer und unmotiviert. Letzteres Wort passte auch zu seinem Kleidungsstil. Ein zerknittertes Hawaiihemd mit einer ausgewaschenen Jeans. Der Leiter wirkte sichtlich ertappt und reagierte auf die wohl langweiligste Art. Eine Mischung aus Scham und Wut. »Wer sind Sie und was haben Sie in meinem Büro zu suchen!«

    »Wenn es Sie beruhigt, ich habe das auch nicht sehen wollen.«

    »Raus hier! Raus, Sie-«

    Der Mann holte eine Polizeimarke hervor. »RCPD. Ich muss mir ein paar Patientenakten ansehen.«

    Die falsche Kathleen wusste sofort worauf es hier hinauslief. Dieser Schnüffler würde ihr schon bald an den Haken kleben. Oh ja, sie durchschaute diesen Schmierenkomödianten. Er tat zuerst als ob er selbst keinerlei Interesse an seiner Arbeit hatte, um den möglichen Täter – also sie – in Sicherheit zu wiegen. In Wahrheit war er aber ein überkorrekter Beamter der vor Ehrgeiz und Gerechtigkeitssinn nur so strotzte. Wirklich raffiniert, aber nicht raffiniert genug.

    »Wenn Sie erlauben, Chef,«, sie leckte sich über die Lippen, »würde ich diesen Gentleman gerne bedienen.«

    »Meinetwegen. Und wir vergessen alle die Sache, deren Zeuge Sie gerade waren.«

    »Ich wünschte es wäre so einfach«, gab der Detective trocken zurück.

    Die falsche Kathleen ging voraus, steckte sich dabei die Hände in die Taschen und pfiff Always Look On The Bright Side Of Life. Sie tastete nach dem Skalpell, welches sie immer bei sich trug, sollte ein Fall wie dieser hier eintreten. Diesen Mann würde sie wie ein Schwein abstechen und an die echte Kathleen verfüttern. Bei diesem Gedanken wurde ihr Pfeifen noch ein Stück überschwänglicher.

    
Peter hatte sofort bemerkt was los war. Diese Frau war sexuell stark aktiv und stand auf Uniformen. Das war ihm in dem Moment klar gewesen, als sie seine Marke sah. Da waren ihr die Gesichtszüge für einen kleinen Moment entglitten. Oder stand sie gar auf Marken? Am Ende lief es doch auf dasselbe hinaus. Aber Peter hatte kein Interesse zu ficken, da konnte sie noch so freudig pfeifen. Er hatte es einmal in seiner Jugend getan, das reichte ihm für den Rest seines Lebens und da konnte eine Granate wie diese Kathleen, wie er ihren Namensschild entnahm, noch so lasziv über ihre Lippen lecken. Würde er ein Interesse an kopulierenden Körpern hegen, sähe er sich tausendmal lieber Tierdokumentationen im Fernsehen an.

    Sie führte den Detective in das Archiv, welches sich im Keller befand. »Was für eine Art von Polizist sind Sie?«

    »Steuerfahndung«, log Peter. Er wollte niemanden unnötig nervös machen. Am Ende wollte ihn noch jemand umlegen.

    Kathleen schwieg einen Moment. Hätte der Ermittler es nicht besser gewusst, hätte er es als Bedeutungsschwer umschrieben.

    »Werden Sie ihn kriegen? Den Täter, meine ich.«

    »Ja, natürlich«, kam es monoton von ihm. Er hatte diese Floskel schon so oft heruntergeleiert, dass er nicht mehr darüber nachdachte, was er da eigentlich gerade sagte.

    Mit einem Mal drehte sich die Schwester um rammte ihm ein Skalpell in den Bauch. Sein erster Gedanke befasste sich damit, warum sie ihm ein Skalpell in den Bauch rammte, das ergab keinen Sinn. Nun erst realisierte Peter, dass er dem Tode nahe war. In einer behänden Bewegung tastete er nach seiner Schusswaffe.

    Kathleen zischte ihm beruhigend zu, während sie seinen Körper auffing und sanft zu Boden gleiten ließ. »Es ist alles in Ordnung. Lassen Sie einfach los, Detective.«

    Ihre Unaufmerksamkeit kostete sie das Leben. Ohne nachzudenken drückte Peter ab und schoss zwei Mal auf sie.

    
Auszug aus dem Bericht von Detective Peter Miller – RCPD (Top Secret):

    ..., woraufhin ich mein Bewusstsein verlor. Später erzählte man mir, dass ich mein Leben der Rezeptionistin Cindy zu verdanken hatte. Sie war aus einem unbekannten Grund ebenfalls im Archiv gewesen. Den Kollegen gegenüber gab sie zu Protokoll, dass sie glaubte jemanden gehört zu haben. Als sie mich später im Krankenhaus besuchte erzählte sie mir, dass sie eine Art Ruf von der sogenannten echten Kathleen vernommen hätte und die von mir erschossene Frau eine Fälschung wäre. Die Suche nach der angeblich echten Kathleen lehnte ich ab, da es diese nicht geben kann. Den Befragungen einiger Bekannter ist zu entnehmen, dass die Täterin und Cindy Freundinnen waren. Es ist somit festzustellen, dass diese Frau unter Verdrängung leidet.

    Wie genau Kathleen diese Menschen verändert hatte bleibt ungelöst. Aber durch ihr dahinscheiden ist nicht von neuen Opfern auszugehen.

    
The End?


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Beschreibung des Autors zu "Dämonisches Blut III"

Dies ist nicht das Ende der Geschichte.

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