Es tat so weh zu wissen, dass ich ihnen langsam aber sicher egal wurde. So unglaublich weh. Nie hätte ich damit gerechnet, es überhaupt nur geahnt. Wir waren schon so lange befreundet. Natürlich hatten wir uns oft gestritten, aber das war doch normal. Oder? Waren das die ersten Anzeichen gewesen, dass unsere Freundschaft den Bach runter ging?
Lange sah ich mir den Chatverlauf an. Irgendwann stiegen mir Tränen in die Augen und liefen langsam an meinen Wangen hinunter. Meine Hände fingen an zu zittern. Ich spürte, dass sich eine Panikattacke näherte. Wütend klappte ich meinen Laptop zu. Alle verließen mich. Entweder früher oder später. Was machte ich nur falsch?!
Ein Schmerz zog durch meinen Magen. Mir wurde unendlich schlecht. Sie kam. Ich konnte es spüren. Sie nährte sich. Langsam. Dennoch mit einer teuflischen Stärke. Ängstlich klammerte ich meine Arme um meinen Körper und versuchte gleichmäßig zu atmen. Es hörte auf. Ließ mich in Ruhe. Ein Glück.
Wankend ging ich zu meinem Bett und ließ mich vorsichtig fallen. Wiederum durchfuhr mich Angst. Weinend igelte ich mich zusammen und schaukelte vor und zurück. Dabei summte ich ein Lied. Ich sah mich um. Wo war sie? Meine Augen verschleierten sich. Ich hatte nicht mehr viel Zeit. Sie kam wieder. Drohte sich wie ein Decke des Todes über mich zu legen und zu ersticken. Schluchzend krabbelte ich auf meinem Bett herum. Schnell,wo war sie? Gott, hilf' mir doch! Kreischend fiel ich aufs Bett und fing an ungewollt zu zucken. Forgive me, forget me...Diese vier Worte rasten durch meinen Kopf und verursachten mir Kopfschmerzen. Da erfüllte ich etwas unter mir. Etwas Spitzes. Etwas Scharfes.

Blut rann meinen Arm hinab und tropfte auf mein Bett. Es bildete ein schönes Muster. Vernebelt sah ich meinem Arm dabei zu, wie es die wirren Muster erweiterte. Ich schwankte leicht. Es war so wunderschön!
Nach einer Weile wurde mein Verstand wieder klarer. Mir wurde bewusst, was ich schon wieder getan hatte. Aus großen Augen sah ich meine Wunden an. Schnell. Ich musste die Wunden verbinden. Sie waren nicht tief, und dennoch lief das Blut in Strömen. Mein Arm sah aus wie in rote Farbe getaucht. Es versetzte mir einen Stich. Ich hatte mein Wort gebrochen. Bei einem elend langen Gespräch mit der ganzen Erzieherbelegschaft hatte ich versprochen, dass ich es nie wieder tun würde. Nicht mal daran denken würde. Was würde jetzt nur geschehen?!
Hastig zog ich mein Bett ab und schmiss die dreckige Wäsche sofort in die
Waschmaschine, und wusch sie so heiß und mit so viel Waschmittel, wie ich nur konnte.
Ich wusste, dass es falsch gewesen war. Ich wusste, dass ich es nicht an meinem Arm hätte auslassen dürfen. Ich kaute verzweifelt auf meiner Lippe
herum, während ich Verbandszeug aus meiner Kosmetiktasche suchte und sorgfältig meinen Arm verband, damit das Blut nicht durch die Kleidung dringen konnte. Ab und an verzog ich vor Schmerzen das Gesicht. Es war wohl doch tiefer, als ich gedacht hatte.
Anschließend zog ich mir langärmelige Sachen an, obwohl es 25°C im Schatten waren. Es durfte keiner sehen. Sie würden alle petzen. Mich ans Messer liefern. Das durfte nicht sein. Wenn sie diesen Makel an mir nicht akzeptieren konnten, sollten sie es gar nicht erst wissen.
Danach bezog ich mein Bett und ließ die Klinge verschwinden. Ich musste mir eine neue besorgen. Sie war verunreinigt. Verunreinigt mit meinem Blut. Mit dem Blut des Teufels.


© a.k.heidmann


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Beschreibung des Autors zu "Blut des Teufels"

Eine herzzerreißende Geschichte über eine Situation, wie ich sie mal fast erlebt hätte...

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Kommentare zu "Blut des Teufels"

Re: Blut des Teufels

Autor: Nikki   Datum: 23.10.2012 21:44 Uhr

Kommentar: wooow *-* voll geil geschrieben

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