Der Mund ist aufgegangen,
Das Zahngold Raub der Zangen
Und abgeschor’n das Haar.
Ein Schlag dem, der nicht schweiget.
Und aus dem Schornstein steiget
Der Rauch, der einmal Menschen war.

Wie ist das Volk so stille
Und in der Feigheit Hülle
So traulich und so leis’.
Verzieht sich in die Kammer,
Wo es der Opfer Jammer
Verschläft und zu vergessen weiß.

Seht ihr den Mord geschehen?
Nein, er ist nicht zu sehen,
Geschieht mit Gases Hauch,
Der Brand, den sie entzünden,
Lässt Leichen schnell verschwinden,
Die Asche klebt auf Gras und Strauch.

Wir eitlen Menschenkinder,
Wir öffnen unsere Münder,
Uns macht die Zahl so bang.
Die Zahl weiß nichts von Tränen
Und von der Angst bei jenen,
Die grau auf ihrem letzten Gang.

Gott, können wir nicht schauen,
Statt Führern blind zu trauen,
Was denken wir dabei?!
Lass uns zu Freunden werden,
All Menschen hier auf Erden,
Wie Kinder so vorurteilsfrei!

Magst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch ein ganz sanftes Geh'n!
Durch Folter nicht noch Qualen,
Mit denen Schinder prahlen
Schon seit die dunklen Kerker steh’n.

So legt euch – Schwestern! Brüder! –
Angstfrei doch achtsam nieder
Im schönen Abendland.
Erwacht, wenn sie auf Plätzen
Schon wieder steh’n und hetzen,
Mit ausgestreckter rechter Hand!

Uns ist das Glück gegeben
In Frieden frei zu leben.
Macht, dass der Wind nicht dreht.
Denn euer Kreuz wird zählen,
Beim Beten nicht! Beim Wählen!
Wenn’s an der richt'gen Stelle steht.


© Peter Heinrichs


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Beschreibung des Autors zu "Nocturno (nach einer bekannten deutschen Weise)"

Parallelgedicht zu Matthias Claudius' "Der Mond ist aufgegangen.

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