Beweis? für wen?

Beweis? Für wen?

Wem soll ich beweisen, dass ich noch lebe?
Der Katze? Dem Hund? Den Pflanzen im Garten?
Wieso? Wieso nicht den Bergen, den Seen und Wäldern,
den vielen Flüssen und Meeren, die leiser erscheinen
als das flüchtige Geschrei der Lauten und Allzulauten.
„Leisesein ist wahrlich keine Schande, Ignoranz aber schon.
Nicht wahr? ihr Götter und Engel, ihr Sinn- und Übersinnlichen?“
Sagte und fragte die Stimme, welche das innere Gehör umtänzelt
Und wie ein rascher Wind die vielen Windungen durchwindet
Als dürfte der Wind auch ohne Erlaubnis und ohne Verzicht,
seinem luftigen Wesen entsprechend einfach dasein und werden,
wirbeln und winden, wellen und binden, brausen und finden
was uns nicht gehört und doch nicht im Ungehörten verbleibt.

Sollt ich beweisen, wenn es gefordert, ob Winde wirklich existierten
Dann sagte ich ohne Spott: Schaut in die Bäume, beschaut sie genau,
schaut die Äste und Zweige, wie sie da wippen, wogen und winken,
schaut deren zahlreiche Blätter, wie sie da täglich auch tanzen,
wie sie rascheln und rauschen, als seien die Winde ihre Musik.
Sollt ich beweisen, wenn es erwartet, ob Winde existierten,
dann fragte ich bereitwillig: Seht ihr die Wellen auf den Seen,
Auf den Teichen, Meeren und Ozeanen, seht ihr vom Ufer
Oder vom Gewässer, von einem Schiff oder schwimmend,
wie Wasser sich wellt, hinauf und hinab, in leiser Unaufhörlichkeit,
weil Winde sie täglich berühren, mal sanft, mal wild und berauscht?

Sollt ich beweisen, wenn es verlangt, ob Winde existierten,
dann fragte ich, ohne mich zu schämen: seht ihr die Wolken,
welche sich formen und verformen, sich weiterhin entnormen,
sich bilden und umbilden und von Winden gebildet werden,
welche wandern und in die Weite von Weiten dahin ziehen,
am Horizont, am Firmament in der Nähe, sowie in der Ferne,
ganz gleich ob wir sie fassen, begreifen, schmecken oder nicht?
Sollt ich Winde beweisen, ob sie wahrlich existierten oder nicht,
dann fragte ich ohne euch zu zwingen: hört ihr das kräftige Rauschen
an den stürmischen Tagen und in den sturmdurchwirkenden Nächten?
Seht ihr die Wolkenberge, welche wertvolle Nahrung in sich tragen,
für die pflanzlichen Lebewesen, welche wie wir sehr gerne trinken?
Spürst du die Luft, welche dich zärtlich oder unzärtlich berührt,
wenn du gehst oder stehst, wenn du läufst oder fährst, geschwind,
wenn du Materie durchwanderst, du sie atmest, weil du sie brauchst?

Wie sollte ich Winde nicht beweisen können? wenn wir doch,
und das ist die Beschäftigung derer, die forschend Tatsachen ergründen,
etwas als dieses und etwas nicht als jenes beweisen, um es zu wissen.
Dies ist vermutlich die schwierigere Aufgabe, weil Winde nicht unmöglich sind.
Ein Beweis zu finden, dass Winde nicht existierten, habe ich noch nicht gefunden,
wenn wir doch um sie wissen und nicht nur glauben, dass sie existieren.
Wem soll ich beweisen, dass ich noch lebe, wenn ich doch weiß,
dass ich bin, was ich bin, weil wir sind.


© Alexej


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Kommentare zu "Beweis? für wen?"

Re: Beweis? für wen?

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 16.01.2020 22:20 Uhr

Kommentar: Lieber Alexej,
ich habe dein Werk mit Interesse gelesen. Es beinhaltet viele fundamentale Gedankengänge, welche man noch weiter verfolgen könnte. Du hast dir Mühe gegeben.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Beweis? für wen?

Autor: Alexej   Datum: 17.01.2020 14:43 Uhr

Kommentar: Danke dir vielmals. es ist mir eine Freude, wenn ich helfen kann. und es macht Spaß, das Lesen, das Schreiben, das Sprechen und beweisen, mit den Mitteln, die wir haben, als Verwirklichung der Gaben. Bitte lesen, nochmals Lesen, damit wir nicht verwesen. Bitte weiterreichen und auch teilen, denn es schwingt was zwischen den Zeilen. es ist nicht laut, es ist nicht leise, vielleicht sogar auch beides, doch will es wahrgenommen werden, damit es nicht mehr schweigen muss. damit es werde, was es ist: ein philosophischer Witz; ein Nicht-die-Tradition; ein Denkprodukt in Relation. viel spaß beim Lesen und Schreiben, viel Spaß beim Sich-Einverleiben.

LG Alexej

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