Gestatten ich bin Winwintou,
ich bin der Sohn vom Alten!
Na, was sagste jetzt dazu?
Ich sehe deine Stirn in Falten!

Ja, ich bin Investmentbanker,
ein Haifisch unter Raubfischen.
Ab heute bin ich Weltenlenker,
mir kann niemand Scheiß auftischen.

Ich knöpf den Leut die Kohle ab,
bis sie sind ganz nackig.
Und dies gar nicht mal so knapp,
das geht bei mir recht zackig!

Ich pfeife auf die Friedenspfeife,
und denke nur an mich!
Aalglatt und ohne Gewissensscheiße,
juckt mich solidarisch nicht!

Jeder ist seines Glückes Schmied,
eben Ellenbogengesellschaft!
Vom weißen Manne ausgesiebt,
wir Neuen sind nun an der Macht.

Wer nicht mit mir - der ist gegen mich,
knallhart wird der das spüren!
Kein Ehrgewissen, kein Pfeil der bricht,
meine Anwesenheit kostet dich Gebühren.

Meine Pferdestärken heißen Lamborghini,
Ferrari und Bugatti.
Jeden Tag gehe ich zu ihnen,
weil ich fühle mich wie ihr Papi!

Ich streichle ihre Formen,
wie mein Vater bei Iltschi hat’s gemacht.
Man wird da einfach hineingeboren,
und macht das einfach nach!

Ich halt mein Vater in alle Ehren,
doch ich bin ein andrer Typ.
Ich kann und will auch nix entbehren,
und nehme ALLES mit!

Mein Vater war ein Ehrenmann,
durch-und-durch die reinste Seele.
Er konnte niemand etwas antun - man,
denn sein Manitu wurde sonst sehr böse!

Ich lasse nix auf meinen Alten kommen,
der war schon voll OK!
Selbst wenn man ihm was weggenommen,
dann tat ihm das niemals weh!

Nadelstreifen statt Büffelleder,
rote Krawatte, weißes Hemd.
Auf Hochglanz polierte Treter,
macht aus mir ein Gentleman.

Mein allerbester Freund, ein Tomahawk,
begleitet mich auf Reisen.
Für den Fall der Fälle, damit nicht nackt,
brauch ich den nur vorzuzeigen.

Wer ehrlich ins Geschäft will kommen,
dem kann ich nur eins sagen.
Ich bin Win-Win orientiert,
und ich mag keine doofen Fragen.

Verlieren ist nicht mein Ding,
bin der typische Gewinnertyp.
Viele denken über mich ich spinn,
ich liebe nun Mal den Sieg.

Weil mein Vater alles gab,
natürlich von Herzen immer zu.
Aber zum Schluß ihm nix mehr wart,
nannte er mich Winwintou.

Ich sollte es mal besser haben,
sprach er eines Tages.
Immerzu nur Bisons jagen,
das sei ein zu großes Wagnis.

Statt mit Tomahawk, Pfeil und Bogen,
lernte ich das Ein mal Eins.
Und wenn ich fing an zu mogeln,
war beim Pokern alles meins!

So hat man ständig dazugelernt,
eines Tages gehörte mir Montana.
Das hat mich total angeturnt,
denn tief in mir bin ich ein Indianer!

Ich habe noch zwei Schwestern,
WinWin-One und WinWin-Two.
Sie mögen keinen Western,
wenn ich kuck machen sie die Augen zu!

Ich sehe meinen Vater,
noch gerne schießen, jagen, reiten.
Blut pumpt dann schneller durch die Adern.
Ach, was waren das für schöne Zeiten!

Huuuuuck, ich habe gesprochen!


© Michael Dierl


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Beschreibung des Autors zu "Winwintou"

Ein Bild kommt mit Sicherheit noch dazu - irgendwann, wenn mehr Zeit dafür ist!

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Kommentare zu "Winwintou"

Re: Winwintou

Autor: Sonja Soller   Datum: 18.09.2022 9:31 Uhr

Kommentar: Wow, Michael, was für ein Text!!!! :-)
Gut geschrieben!!

Re: Winwintou

Autor: Alf Glocker   Datum: 18.09.2022 9:51 Uhr

Kommentar: hahaaa - eine wunderbare Beschreibung lieber Michael!

LG Alf

Re: Winwintou

Autor: Jens Lucka   Datum: 18.09.2022 10:21 Uhr

Kommentar: Hallo Michael,
ich möchte wirklich mal wissen, was die Nachkommen so von allem ,,Neuen" gegenüber dem Alten so denken und halten.

Herzliche Grüße von Jens

Re: Winwintou

Autor: Michael Dierl   Datum: 18.09.2022 11:00 Uhr

Kommentar: Hallo und guten Morgen Ihr Schnuppernasen. Erst mal ein Dank an all diejenigen die einen Kommentar hier hinterlassen habe. Hat mir selbst darüber mal nachzudenken viel Spass bereitet. Ich glaube Euch auch!?

Liebe Sonja, ach, die Länge des Textes ergibt sich einfach.....irgendwann ist alles raus was man so reinpacken kann. Dir geht's ja bestimmt ähnlich! Dank nochmals!

Lieber Alf, manchmal überscheume ich eben - so wie eine Sektflasche die man zuvor schüttelt. Dann muss einfach ALLES raus! Ja, ich weiß, es ist nicht gerade die liebliche Poesie. Die kann ich auch schlecht. Ich mags salzig bisweilen bittersüßlich bis alkoholisch trocken hahahahaaaa......

Lieber Jens, ja, das würde ich auch mal wissen wollen. Deswegen ist die heutige Gesellschaft auch eher knüppeldick bis knüppelhart. Die fackeln nicht lange! Mein Ex-Chef war umgänglich wie eine anhängliche Schmeißfliege. Das kann man heute leider nicht mehr sagen! Dank auch Dir nochmals!

lg Micha

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