Goethe, das Ferkel von Weimar (5-Minuten-Slam)

Goethe spricht zu Frau von Stein:
„Bei Ihnen möcht’ ich Sau schon sein,
Statt Teeplausch mit barocken Tassen,
Möcht’ ich an ihre Glocken fassen,

Wenn auch, gesteh’ ich Tor beklommen,
Die Schwerkraft mir zuvorgekommen.
Ich würd’ gern Ihre Nippel drücken,
Falls Sie nicht gleich den Knüppel zücken”

Da sieht man Frau von Stein erröten,
Und zornig schimpft sie ein auf Goethen:
„Sie könn’n mir all die Bengel schenken,
Die vorlaut ihre Schwengel schwenken,

Ich hab die Lümmel eh gefressen,
Die täglich ihre Pimmel messen,
Mit Maßen prahlen, bodenlosen,
Zwei Zoll nur in den Lodenhosen,

Und dann mit Werthers Leidensblicken
Nur trachten, jede Maid zu pflücken.
Parbleu! Dann reckt sich’s wie beim Hengste,
Kein Rock verdeckt’s, nicht mal der längste.

Doch das lässt meine Lust nicht flattern,
Also statt mich – die Vulpius knattern!“.
Was er von Frau von Stein gehört,
Hat Goethe ungemein verstört.

Gern hätte er sie heiß gestopft,
Den Takt auf ihrem Steiß geklopft.
Denn da die Frauen alle lüstern
Und schamrot kichernd schau’n – und flüstern

Und nach des Dichters Samen dürsten,
Ist er gedrillt auf’s Damenbürsten.
Kann’s deshalb heute kaum verkraften,
Dass keine Bräute ihn entsaften.

Nicht mal die Stein will auf sein Lager!
Er fühlt sich klein und als Versager.
Um nicht zu zeigen, dass er sauer,
Hüllt er sich ein in blasse Trauer.

Er könnt's noch heut mit Schiller treiben,
Oder ’nen neuen Knüller schreiben.
Doch Schiller schreibt am „Wallenstein“
Gießt sich den Wein in Schwallen ein.

Schluckt man den bis zum Lallen rein,
Drückt nicht mal mehr der Gallenstein.

(Eins solltet Ihr noch just erfahren,
Vielleicht kann’s Euch mal Frust ersparen,
Ein Hinweis aus dem Bühnenleben,
Weil wir auf schnellen Schienen leben:
10 Stunden dauert „Wallenstein“!!!
Eher fall’n diese Hallen ein,
Zieht T-Rex seine Krallen ein,
Wird Neujahr ohne Knallen sein,
Find’t man beim Baden Quallen fein,
Wird Neymar nicht beim Fallen schrei’n,
Lädt Heidi Klum die Drallen ein,
Eh Slammer, selbst die guten, taffen,
„Wall’nstein“ in 5 Minuten schaffen.)

Zurück zu Schiller! – Froh wie nie,
Schreibt der „Die Piccolomini“,
Von Goethes weisen Kommentaren
Will er heut einen Scheiß erfahren.

Doch was ist los am Eingangstor?!
Goethe steht immer noch davor
Und mit den Fäusten, den geballten
Kann er jetzt kaum noch an sich halten.

Spricht Damen von der Seite an,
Ob keine ihn begleiten kann,
Raunt: „Schönes Fräulein darf ich’s wagen,
Den Beischlaf ihnen anzutragen.

Das wird Sie und #MeToo vergnügen!
Wir machen’s auch nicht nur im Liegen
Wie Missionare sich erregen,
Wenn sie sich auf Vikare legen“.

Doch alle Damen gehen lieber
Mit einem „Mach’s dir selbst!“ vorüber.
So was hat der Geheimrat nimmer
Erlebt bei einem Frauenzimmer.

Drum schleicht er heim, erregt wie nie,
Verfasst die Farbentheorie,
Doch diese ist ihm heut missglückt,
Weil Lust ihn allzu schmerzhaft drückt.

Und selbst der Zwischenkieferknochen
Ist ausgekocht seit vielen Wochen. –
Die Wut kocht auch im Dichterfürsten,
Denn er muss heut zu Hause bürsten.

So ist’s nun mal seit Jahr’n und Tagen,
Dass auch Genies die Lüste plagen
So wie uns alle, wenn wir’s treiben –
Nur könn’n die bess’re Verse schreiben.

Zumindest kündet das schon immer
Der Deutschlehrer im Klassenzimmer,
Was ihm die Schüler nicht verzeih’n,
Die schreien:„Goethe-Verse? Nein!

Wir wollen lieber YouTube gucken,
Wen kann denn Goethe heut noch jucken?!
Wir wollen „Call of Duty“ spielen,
Statt in den ollen „Faust“ zu schielen.

Denn soll’t was diese Klasse freu’n,
Dann muss es was echt Krasses sein!
Und schon erklingt’s aus aller Munde:
„Heut abend läuft ’ne Ballerrunde!

Wenn sonst noch was uns Freude böte,
Wär’ allenfalls es „Fack ju Göthe“.
Ja, ja, so ändert sich die Welt,
Was mir das Leben nicht vergällt;

Was bringt es uns, in Echokammern
Vergang’nen Zeiten nachzujammern?
Und wer wird Goethe schon, den Großen,
Von seinem Piedestale stoßen?

Man kann den „Faust“ heut’ ohne Schaden
Für null Cent auf sein Handy laden,
Und lesen, wenn man danach greift –
Oder blind vor ein Auto läuft.

Wenn dann mit Blicken schreckgeweitet
Man stückweis’ aus dem Leben gleitet,
Beweist, was auf dem Asphalt klebt,
Dass der Geheimrat heut noch lebt!


© Peter Heinrichs


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Kommentare zu "Goethe, das Ferkel von Weimar (5-Minuten-Slam)"

Re: Goethe, das Ferkel von Weimar (5-Minuten-Slam)

Autor: Alf Glocker   Datum: 23.01.2019 10:56 Uhr

Kommentar: erfrischend...

Gruß
Alf

Re: Goethe, das Ferkel von Weimar (5-Minuten-Slam)

Autor: humbalum   Datum: 23.01.2019 11:32 Uhr

Kommentar: Goethe war schon heiss! Ich hab so über die Jahre einiges über Ihn gelesen! Der scheint eine nette originelle erfrischend Natur gewesen zu sein! Thomas Mann hat das auch in: Lotte in Weimar" só annähernd beschrieben! Dein Gedicht ist wirklich originell und erfrischend! Klaus

Re: Goethe, das Ferkel von Weimar (5-Minuten-Slam)

Autor: mychrissie   Datum: 23.01.2019 12:39 Uhr

Kommentar: Danke Alf, danke Klaus,

ich freue mich, dass es offensichtlich noch genügend Menschen gibt, die die Klassiker durchaus schätzen, sich deshalb aber noch lange nicht dazu verpflichtet sehen, sie auf einem Denkmalsockel abstellen zu müssen.

Ein Hoch auf alle Schlingel unseres kulturellen Erbes!

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