Die Straßenbahn, sie rumpelt vor sich hin,
ich geb mich fast dem Schlaf schon hin.

Da spüre ich Bewegung an meinem Bein.
Nanu? Ich sitze hier doch ganz allein?

Tatsächlich muss es Intuition gewesen sein,
zum Erspüren ist das Tier zu klein.

Eine Wanze krabbelt dort.
Schnell schnipse ich sie fort.

Sie landet zwischen Einkaufstüten.
"Da kann sie meinetwegen wüten".

Doch noch nicht ganz zu End gedacht,
hat sich das Tier schon wieder aufgemacht.

Es peilt die Frau an und krabbelt dann behände,
auf ihren Schoß über das Gelände.

Dort wird sie dann auch entdeckt,
die Frau ist sichtlich aufgeschreckt.

In schneller Reaktion gehandelt,
entfernt sie das Ding, das auf ihr wandelt.

Sie schnipst es fort, so wie ich auch
- nur landet's jetzt auf meinem Bauch.

Nun bin ich es, die in die Höhe springt
und mit ihrer Fassung ringt.

Die Frau entschuldigt sich betroffen.
"Nur fort, nur fort" - so war ihr Hoffen.

Dasselbe fiel mir vorher auch nur ein,
drum kann ich ihr nicht böse sein.

Das arme Tier derweil kommt nicht zur Ruh,
nun krabbelt es von Schuh zu Schuh.

Der Zick-zack-Kurs den wir erleben,
lässt uns nun abwechselnd die Füße heben.

Eine weitere Frau nun meint es gut
und will uns geben neuen Mut.

Ganz harmlos sei das arme Tier,
unnötig unsere Panik hier.

Trotzdem entgegne ich ihr trocken:
"Es muss nur nicht in meiner Hose hocken".

Die Sache beginnt Spaß zu machen,
nun müssen alle drei wir lachen.

So flachsen wir noch immer heiter,
die Wanze indes krabbelt weiter.

Humor ist hier nicht mehr entbehrlich,
für Wanzi jedoch wird's gefährlich.

Die Chance, dass sie hier bald stirbt,
ist's, was uns das Gelächter nun verdirbt.

Sodann erbarm ich mich und nehm das Tier
auf ein steifes Blatt Papier.

An der nächsten Haltestelle
will ich's entlassen auf die Schnelle.

Der Plan, der scheint auch aufzugeh'n,
noch ein letztes "auf nimmer Wiederseh'n"

Kaum sind die Menschen ausgestiegen,
lass ich nun unser Wanzi fliegen.

Zur Tür hinaus und dann weit fort.
"Mach et jut am neuen Ort".

Das find ich ja nun doch gediegen,
dass die Frauen mir nun zu Füßen liegen.

Vor Lachen können sie kaum erklären
und meine Ohren wollen es nicht hören:

Statt in die Freiheit von der Lasche,
flog Wanzi direkt in eine fremde Tasche!

Diese war so groß und offen,
so dass wir nun zu Recht wohl hoffen,

dass Wanzis Weg sie unberührt
doch noch in die Freiheit führt.

Was bringt mir ein die Spekulation?
Vorbei ist sie, meine Station.

Doch einig sind wir uns zu dritt:
die Schulden, die sind hiermit quitt!

Wann hatten wir das letzte Mal
so viel Lacher an der Zahl?


© Verdichter


2 Lesern gefällt dieser Text.


Unregistrierter Besucher


Beschreibung des Autors zu "Die Wanze"

Nach einer wahren Geschichte...

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Die Wanze"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Die Wanze"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.