Und Watson sagte zu Sherlock:
"Das ist für Sie bestimmt ein Schock:
Sie sind, es tut mir leid für Sie,
nicht mehr das einzige Genie.
Von Belgien hierher gezogen,
man sagt, der habe raus, den Bogen,
soll schwere Fälle an sich reißen,
Hercule Poirot, so soll er heißen,
bewegt sich stets auf leiser Sohle,
braucht weder Lupe, noch Pistole,
auch nie er eine Pfeife pafft,
fängt Gauner nur mit Geisteskraft.
Auch wenn man Sie noch besser kennt,
das ist ein scharfer Konkurrent."

"Hab's auch gehört, der kleine Dicke
mit Schnurrbart auf der Oberlippe,
löst seine Fälle ohne Stress,
wie neulich im Orient-Express.
Ich mach' jetzt nicht auf Vogel Strauß,
den Kerl, den forder' ich heraus,
der wird des Lebens nicht mehr froh,
der Hochstapler, Monsieur Poirot.
Sie glauben, dass ich mich geniere?
Watson, Sie schreiben, ich diktiere:

Sehr geehrter Herr Poirot,
leider bin ich gar nicht froh,
zu hör'n Sie sei'n auch Detektiv,
d'rum schreib' ich Ihnen diesen Brief.
Wer es nicht glaubt, der geh' zum Henker,
ich, Holmes, ich bin der größte Denker,
ja, dieser Titel, der ist mein,
Sie soll'n ja auch so schlecht nicht sein.
Ich will hier keinen Streit entfachen,
wir sollten einen Wettstreit machen.
Es soll herausgefunden werden,
wer bester Detektiv auf Erden.

Es ist bekannt im ganzen Lande,
es war wohl eine dreiste Bande,
die einen Zug hat ausgeraubt,
Millionen stahl, ganz unerlaubt.
Viele Polizistenscharen
suchen die Posträuber seit Jahren.
Übermorgen sei begonnen,
wer den Fall löst, der hat gewonnen."

Tags d'rauf, sie einen Brief vorfanden,
da stand, Poirot sei einverstanden.

Sofort legt Holmes los mit Elan,
fühlt manch' Ganoven auf den Zahn,
forscht und ermittelt, wie er kann,
doch kommt er nicht so recht voran.

"Watson, das hatte ich noch nie,
denn alle ham' ein Alibi.
Der Fall löst sich nicht auf die Schnelle,
ich trete scheinbar auf der Stelle.
Doch hätte ich zu gern gewusst,
ob der Poirot, mit breiter Brust,
die Täter schon benennen kann,
ich denk', ich rufe ihn mal an:

Hallo, Poirot? Ja, ich bin's nur,
ich hab' schon eine heiße Spur.
Ich war halt fleißig wie die Bienen.
Und? Wie steht es denn bei Ihnen?"

Und Sherlock kann es gar nicht fassen,
als Poirot sagt, so ganz gelassen:
"So, so, Sie 'aben bald die Täter?
Das glaub' isch kaum, Sie Schwerenöter.
Wir 'aben uns beide nischt bewährt,
der Fall ist nämlisch aufgeklärt,
von einer Dame, wie isch 'örte,
was misch zunächst doch sehr verstörte.
Miss Marple wohl ihr Name sei,
dann wären wir ja nun schon drei."

Und Sherlock Holmes, bleich im Gesicht,
als er wie folgt zu Watson spricht:
"Ach, Watson, heute ham' Sie frei,
der Wettkampf, der ist schon vorbei.
Er endete mit 'ner Blamage,
und das bringt mich doch sehr in Rage:
Poirot und Holmes, es geht kaum schlimmer,
geschlagen von 'nem Frauenzimmer."


© Pedda/gog 12.05.2013


4 Lesern gefällt dieser Text.






Beschreibung des Autors zu "Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot"

Wie so oft im Leben: wenn zwei sich streiten freut sich der/die dritte. Poirots Stimme (denn er ist frankofoner Belgier) ist mit französischem Akzent zu sprechen.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot"

Re: Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot

Autor: Lee   Datum: 12.05.2013 19:26 Uhr

Kommentar: Ohh es ischt jedesMail gans errlisch zu lesen diese wunderschöne Krimigedischte!
Es ist eine grosse Bereischerung für Erz, Seele und Ferstand :-)
Lee

Re: Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot

Autor: Alex Anders   Datum: 12.05.2013 23:51 Uhr

Kommentar: Hallo Pedda,
wie immer klasse, deine Ideen und die Umsetzung! Mach' aus „gewährt“ noch ein „bewährt“ und ändere eventuell noch den Versfuß in „der Wettkampf ist leider schon vorbei.“ oder „der Wettkampf, der ist schon vorbei.“, ich glaube, das passt besser.
Gruß, Alex

Re: Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 13.05.2013 1:06 Uhr

Kommentar: Hi Pedda,
für Leser hier, die Alex und dich mir euren Krinigedichten bisher nachverfolgt haben, gehört dein " Poirot" sicher zum Besten aus der Serie. Danke für deine erfrischende Fantasie.
Gruß
Wolfgang

Re: Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 13.05.2013 1:06 Uhr

Kommentar: Hi Pedda,
für Leser hier, die Alex und dich mir euren Krinigedichten bisher nachverfolgt haben, gehört dein " Poirot" sicher zum Besten aus der Serie. Danke für deine erfrischende Fantasie.
Gruß
Wolfgang

Re: Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot

Autor: Pedda   Datum: 13.05.2013 8:12 Uhr

Kommentar: Hallo Lee, merci beaucoup. Es freut mich und Alex sicher auch, dass dir unsere Krimigedichte so gefallen. Würdest du einen Gedichtband kaufen, wenn wir das veröffentlichten? Gruß Pedda

Hallo Alex, hast mal wieder recht mit deinen Verbesserungsvorschlägen, die ich gleich umsetzen werde. Danke.

Hallo Wolfgang, ein ganz großes merci für dein Lob. Gruß Pedda

Re: Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot

Autor: Lee   Datum: 13.05.2013 14:50 Uhr

Kommentar: selbstverständlisschh!jetzt mal im Ernst!Klar würd ich eins kaufen!Sobald Ihr die Info geben würdet, dass dieses im Handel ist:-)
Liebe Grüße
Lee

Kommentar schreiben zu "Krimigedicht 37: Sherlock Holmes gegen Hercule Poirot"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.