Im Sand liegt der Säugling so still
Noch ganz Tier und Reflex und Instinkt
Noch nicht bewusst des Sandes der unter ihm rinnt
Im Graß liegt das Laken gebleicht
Liegt da wie ein Blatt frisch gerupft aus dem Heft – es will
Darf auch spielen im Grün und sehen von Weitem den Sand

Wenn die Kette dann reißt und der Reifen der Sprödheit sich hingibt
Wenn der Sattel platzt und die Bremsen wegoxidieren
Denkt dann das Fahrrad an Stürze und Schreie?
Denkt es an verbogen Metall?
Oder denkt es an Werkzeug und Öl und Flicken?
An Sonne und Freiheit?

Wenn die Zeit die Fäden dir spinnt um den Kopf
Wenn der knöcherne Meister dir reibt in die Augen den Sand ganz fein
Wenn sich bildet ein Sprung im gläsernen Zeiger des Turms
Denkst du dann an blutige Finger im Nadelmeer?
Denkst du an Scherben und Rot?

Im Graß liegt das Laken verknittert
Liegt da wie die ewig getragene Socke
Schützt die Haut noch vor gammligen Blasen und braunem Morast
Und darf auch noch spielen im Grün aridiert
Doch die Faser vom körnigen Gelb, vom ewigen Geh’n erodiert

Wenn der Falke verhungert im Turm weil das Synapsengewitter sich bricht
Wenn der sandige Meister sich kocht eine Suppe aus Leid und Gelenkflüssigkeit
Wenn im Meer sacht versinken die Augen und auftaucht die Gicht
Wenn der knöcherne Meister dir reibt in die Lunge den Sand ganz fein
Denkst du dann an blutigen Eiter im Nabel?
Denkst du an verbogene Knochen?
Oder denkst du an Werkzeug und Öl und Flicken?
An Kinder und Herzen
An Liebe und Freiheit
An Sonne und Wind


© IchWillKeinenNamen


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Kommentare zu "Verwüstung"

Re: Verwüstung

Autor: ThomasNill   Datum: 30.07.2020 15:37 Uhr

Kommentar: Eine Frau nimmt den Stift und spielt mit den Worten und schreibt
und für mich hört sichs an, als hätt ich das schon mal gehört!
Von diesem Meister aus Deutschland ja da kann man noch etwas lernen.
Er wurde so schrecklich, so böse, unglaublich verletzt.
Und mit ihm die Seinen, die Brüder und Schwestern,
getötet, getötet, zu Tode gehetzt!
Erinnert Euch, kämpft und vergesst ihre Leiden - Niemals!
Öffnet die Herzen zum Guten sät gut holden Frieden.
Ich mag diese Frau und ihr Griff hoch hinauf zu den Sternen!
Schön ist der Fluss ihrer Worte und sie gehen mir nah!

Das ist ein wundervolles Gedicht von Dir,
mit einem ganz großen Vorbild, nicht wahr.

Nun aber geht es, zumindest Anfangs, viel besser zu,
es geht um Kinder, kleine Kinder, Babys,
die Frage wie weit Fahrräder denken können.
Sehr gute Idee!

Auf Deine Frage:
Ja, Dein Rythmus der erinnert mich deutlich an furchtbaren Tod!

Auch der Abschluss ist wunderbar!
Auch wenn sein Inhalt so grausam und elend ist.

An was ich denke? Schön, dass ich Dein Gedicht kommentieren darf!

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