Wie oft schon, Watson ganz entflammt,
kommt mit der Zeitung angerannt:
„Holmes, mancher denkt sie sei nur Kitsch,
doch ich mag uns’re Tower Bridge.
Gestatten Sie, dass ich bemerk’,
sie ist ein wahres Wunderwerk.
Spektakulär stets der Verlauf,
in zwei Minuten geht sie auf.
Ich seh’ mich niemals daran satt,
ist auch ein Wahrzeichen der Stadt,
und für Touristen gern ein Ziel,
die Klappbrücke im got’schen Stil.
Aber, Holmes, was muss ich lesen?
Für Fußgänger ist’s das gewesen:
Die Stadt schließt leise und mit Tücke
für Passanten diese Brücke.“
„Da werden Tränen wohl vergossen.
Ich hab’ den Ausblick stets genossen.
Tat immer Freude mir bereiten,
hoch über’m Themsefluss zu schreiten.
Und außerdem, die Brücke kannten
vor allem meine Informanten.“
„Gesindel hat sich rumgetrieben,
war sehr beliebt bei Taschendieben,
und manche Maid - ganz aufdringlich –
ging gern da oben auf den Strich.
Das hat den Stadtrat wohl verdrossen,
drum wird die Tower Bridge geschlossen.“
„Man sagt, dass es noch Gründe gibt:
Sie ist bei Selbstmördern beliebt.
Viele haben ihr Leben verkürzt
und in die Tiefe sich gestürzt.“
„Ach, Holmes, das hör’ ich gar nicht gern.
Die Armut ist des Übels Kern.
Der Marx, der hat es auch erkannt:*
Es läuft doch was verkehrt im Land,
wenn Menschen 14 Stunden täglich
schuften – ich find’s unerträglich –
dass sie davon nicht leben können,
das würd’ ich ihnen nämlich gönnen.“
„So ist das Kapitalismusgesetz,
ganz ohne ein soziales Netz.
Ich tue kund und unterstreiche:
Immer reicher werden Reiche,
und immer ärmer werden Arme,
ach, wenn der Staat sich doch erbarme.
Darum plädier’ ich lange schon
für garantierten Mindestlohn.
Great Britain ist die reichste Nation,
nur haben Arme nichts davon,
müssen das Geld der Reichen mehren
und dürfen niemals aufbegehren.
Was tun sie dann in ihrer Not?
Springen von Brücken in den Tod.
Den Stadtrat sollte DAS verdrießen,
dann müsste er nicht Brücken schließen.
* Karl Marx (1818-1883), deutscher Philosoph und Ökonom sowie Theoretiker des Sozialismus und Kommunismus.
Holmes und Watson zeigen ihr soziales Gewissen.
1886 begannen die Bauarbeiten, 1894 wurde die Tower Bridge schließlich eröffnet. Schon 1910 wurden die Fußgängerpassagen in 43 m Höhe aus den geschilderten Gründen geschlossen und erst 1982 als Museum wieder eröffnet. Seit 2014 sind sie mit gläsernem Boden wieder für Fußgänger zur Überquerung der Themse nutzbar.
Kommentar:Band 1 der Krimigedichte von Alex Anders (Axel) und mir ist gedruckt und bei uns beziehbar. Es folgen weitere Bände. Bei Interesse bitte EMail: [email protected]
Re: Krimigedicht: Sherlock Holmes und die Tower Bridge
ich hab euer Buch ja schon
rezensiert bei Amazon,
daß eine Weltneuheit sei
diese Krimigedichterei.
Für die, die sich an Amazon eher reiben,
will ich hier den Text nochmal schreiben:
"In Krimiromanen kann man lesen
wie raffiniert Verbrecher gewesen,
die rauben, morden oder dealen
und nach Geld oder Rache schielen,
doch von Krimigedichten
mitnichten.
Noch nie hat Jemand vernommen,
ein Mörder werde in Reimform vernommen
oder sei reimend doch noch entkommen.
Seit Tagen jedoch steht eisern fest,
das sich Verbrechen auch dichten lässt."
Gruß
Wolfgang
Re: Krimigedicht: Sherlock Holmes und die Tower Bridge
Tage eilen in grauen Kleidern
an mir vorbei, doch ich
glaube zu schweben, eingehüllt
in einem Mantel aus Licht.
Ich habe noch viel vor
und halte die Uhren an,
doch das Leben läuft [ ... ]
Strahlend wärmt der Sonnenschein nach dürstend, finsterer Zeit.
Licht und Wärme streichelt alle Sinne, die wir haben.
Ein Märchen scheint erwacht zu sein, in einem bunten Kleid.
Des Lebens [ ... ]
Gevatter Tod, -unsichtbarer Geselle,
verbreitest bisweilen Angst und Schrecken,
stehst von Anbeginn schon vor der Tür,
gehst neben mir, trittst an des Lebens Stelle.
„Schau doch wie die Bäume blühen“
flüstert mir mein Freund ins Ohr.
„Siehst du wie die Jahre ziehen?!“
frage ich ihn voll Humor –
aber er geht nicht drauf ein,
denn er lässt [ ... ]