Dazumal

© Pixabay

Dazumal, so fingen seine Geschichten immer an.
Augenblicke, die ihm gut taten und die ich genoss,
wenn er die Vergangenheit in die Gegenwart holte,
um mit diesem verdammten Krieg fertig zu werden.

Er setzte sich auf seinen alten wackeligen Stuhl,
steckte sich einen billigen Stumpen in den Mund,
den er aber erst während des Erzählens ansteckte
und sah mir tief in die Augen, schwieg aber noch.

Die dadurch erzeugte Spannung hörte man knistern,
der Raum in dem wir saßen verwandelte sich in ...
diese Schlachtfelder, wo Menschen sinnlos kämpften.
Er war einer von ihnen, mein Opa, für mich ein Held.

Beim Erzählen wurde er eins mit seiner Geschichte,
merkte nicht, wie Asche des Stumpens zu Boden fiel,
erzählte mit zitternder Stimme von seinen Kameraden,
von dem, der in seinen Armen starb, … und er weinte.

Er schaute weg, schämte sich für seine Emotionen,
um abzulenken lachte er plötzlich und erzählte stolz,
wie er mit einer tausender Harley nachts losbrauste,
obwohl die Partisanen auf ihn geschossen haben.

Da gab es aber auch die glücklichen Momente,
die Rückkehr aus russischer Gefangenschaft,
nach einem langen Fußmarsch Umarmungen,
seine Frau und Kinder, das Glück zu überleben.

Am Schluss seiner Geschichte atmete er tief durch,
packte mit seiner einen Hand fest meine Schulter,
mit der anderen strich er mir durchs Haar und sprach:
Ich hoffe, dass so Zeiten nie wieder kommen werden.

Mein Opa, sein Wesen und seine Geschichten
haben mich geprägt, ganz besonders ein Satz:
Wenn ein Kamerad in deinen Armen stirbt,
weißt du, dass es da oben niemanden gibt ...


© Wolfgang Sonntag


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Kommentare zu "Dazumal"

Re: Dazumal

Autor: Vergissmeinnicht   Datum: 06.03.2020 11:38 Uhr

Kommentar: Eine wahre Geschichte...mit viel Gefühl...da fehlen einem die Worte...
ein nachdenkliches Vergissmeinnicht.

Re: Dazumal

Autor: possum   Datum: 07.03.2020 1:51 Uhr

Kommentar: Lieber Wolfgang,

dies ist eine leider reelle und sehr schmerzhafte Zeit von der dein Opa erzählte,
leider gibt es immer noch diese fürchterlichen Kriege die doch am Ende eigentlich nur sinnlos Menschen abmetzeln.
Dies hast du großartig verfaßt es berührt mich als Leser sehr!

liebe Grüße an dich!

Re: Dazumal

Autor: Alf Glocker   Datum: 07.03.2020 10:32 Uhr

Kommentar: Ich glaube wenn die dazumal wirklich gewusst hätten (einschließlich der Kommandierenden) wie die Zukunft aussieht, dann hätten sie lauthals gelacht und wären nach Hause gegangen. Man hätte ihnen ja nur zeigen müssen wie es heute auf unseren Straßen aussieht...

LG Alf

Re: Dazumal

Autor: Verdichter   Datum: 08.03.2020 18:15 Uhr

Kommentar: sehr bewegend.

Re: Dazumal

Autor: Soléa   Datum: 08.03.2020 20:32 Uhr

Kommentar: Mein Opa erzählte auch noch vom Krieg. Er war für mich kein Held, er tat mir in der Seele leid, als junges Mädchen überwog und übermannte mich (noch) rein das Gefühl.

Liebe Grüße
Soléa

Re: Dazumal

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 09.03.2020 12:30 Uhr

Kommentar: Hallo meine Lieben,
vielen Dank für eure Kommentare und euer Mitgefühl für meine Gedichte-Geschichte.
Dank an meine Knöpfer und jene, die noch in meinen Zeilen verweilen werden.
Bis zu meinem nächsten Werk.
Euer Wolfgang

Re: Dazumal

Autor: Bluepen   Datum: 17.03.2020 14:32 Uhr

Kommentar: Lieber Wolfgang,

ich denke, wie dir ist es vielen von uns ergangen, deren Großväter gesund aus dem Krieg zurück gekommen sind.
Sehr ergreifend dein Gedicht!

LG - Bluepen

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