Tannenbaum

Einsam draußen, bitterkalt
steht die Tanne, jetzt schon alt,
lange ist die Zeit schon her,
dass sie stand im Bäumemeer.

Als jung und grün sie standen da,
und es suchten Jahr für Jahr
die Menschen für das Lichterfest,
fürs Aug‘ gefälliges Geäst.

Droht Gefahr, so zeige Trauer
und lass hängen deine Äste,
wenn dich sieht so der Bauer,
winkt er ab mit fester Geste,
wirst nicht dienen ihm zum Feste.

Wie man hört von Alters her,
ist das Leben oft sehr schwer,
denn wer falsch entscheidet,
oftmals daran leidet,
dass das Leben folgenschwer
wird ihn freuen nimmermehr.

Darum außer der Vermehrung
äußerst wichtig ist Belehrung,
für die jungen, welche klein,
können nicht erfahren sein.

War dereinst in einem Land,
welches heute noch gekannt,
in einem großen Nadelwald,
eine Tanne, welche alt,
hatte vieles schon gesehn,
kann daher die Welt verstehn
und tat wie viele and‘re auch,
diesen wundersamen Brauch,
dass die Schönheit des Begehren
dazu führt, sich zu vermehren.

Doch wie zum Wuchs gehört die Speisung,
braucht der Geist die Unterweisung,
darum sprach die alte Tanne
zu dem Kind, noch eh‘s ein Manne:
„Kind, nun leihe mir dein Ohr,
bringe Weisheit dir hervor,
möchte dir nun etwas geben,
falls du hörst, gereicht‘s zum Leben,
denn ich sag dir ehrlich,
unser Leben ist gefährlich.

Jedes Jahr um diese Zeit,
da ist es dann soweit,
dass der Menschen Lichterfest,
den Nadelwald erzittern läßt
und in uns‘rer Not
sind am Ende viele tot.

Freilich ist‘s der Jugend Mut,
der dazu das Falsche tut,
prahlen zu dem Menschenfeste
mit der Schönheit ihrer Äste,
freuen sich auf Lichterglück,
doch sie kehren nie zurück

Sie lassen sich durch falschen Glauben
ihr junges, schönes Leben rauben,
darum mein Kind, gib jetzt acht,
ich sage dir, wie man‘s macht,
und werde dir die Weisheit geben,
dass du bleiben kannst am Leben.

Lass nicht verleiten dich vom Licht
und zeige deine Schönheit nicht,
sonst steigt des Suchenden Begierde
und er begehrt dich dann zur Zierde.

Zeig dich statt dessen altersporig
und verstell dich ästeknorrig,
sonst trennt der Säge scharfer Schnitt
dein Leben und er nimmt dich mit.

Da drängen sich der Bäume viel
hin zum Menschenschmuck als Ziel,
doch wurde ihre Eitelkeit
durch Axt und Säge schnell bereut.

So lichtete sich Jahr für Jahr
der Baumbestand so wunderbar,
doch des Bauers scharfer Blick
hielt ihn stets davor zurück,
die Axt mit Schärfe anzulegen,
denn Knorrigkeit bringt keinen Segen.

So ist vergangen sehr viel Zeit,
seit Jahrzehnten weit und breit,
steht auf der Lichtung nur ein Baum,
welcher nie geträumt den Traum,
dass er verlässt den Wald
und in Eitelkeit erstrahlt,
ergibt sich kurz dem Lichterglanz
und wird sodann vergessen ganz,
statt dessen ist Beständigkeit
des Ausharrns festes Kleid,
wodurch die andern hingeschieden,
hast du hiermit stets vermieden,
was zeigt das geistig Eigenschaft,
hat ganz besondre Kraft,
ließ dich werden lebensalt
mit und ohne Wald.

Einsam draußen, bitterkalt
steht die Tanne, jetzt schon alt,
lange ist die Zeit schon her,
dass sie stand im Bäumemeer.

O Mensch, gedenke nun,
auch mit dir kann man das tun,
dass falsche Ideale
werden dir zur Quale,
suche geistig Eigenschaft,
von Gottes Wort großer Kraft
und lass dich stets davon leiten,
wird dir den besten Weg bereiten.

© Johann Fösl

Tannenbaum

© Bild von cocoparisienne auf Pixabay


© Johann Fösl


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Kommentare zu "Tannenbaum"

Re: Tannenbaum

Autor: Michael Dierl   Datum: 25.12.2021 23:49 Uhr

Kommentar: Klasse gedichtet! Das hat der Tannenbaum aber wirklich verdient!

lg Michael

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