Fatale Zeitungsente


Zum Frühstück nach dem Eierauflauf
schlug er die Todesnachrichten auf.
So erreichte ihn zu früher Stunde
schwarz-weiß gedruckt die schreckliche Kunde,
er sei verstorben.
Beerdigung schon übermorgen.

Das machte ihn erst betroffen.
Dann hat er sich besoffen
und ist anderntags erwacht,
kopflastig noch nach acht,
mit traurigem Herzen,
und heftigsten Schmerzen.

Die Todesnachricht war in der Welt,
ob sie missfiel oder gefällt,
er hat sie übernommen,
sonst wäre er um den Verstand gekommen.

So ging er ins Meldeamt hinein
und verlangte seinen Totenschein.

Den hat er
natürlich nicht bekommen.
Stattdessen
sind weißkittlige
Männer gekommen,
und haben
ihn jackenbefrackt
mitgenommen.

In der Klappse
hörte er kurz vor seinem echten Ende
sein gemeldeter Tod
sei eine Zeitungsente.
Da lachte er
lautschallend weit
über seine
Nachrichtendoofgläubigkeit.

14.1.2012


© Wolfgang Karwatzki


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Beschreibung des Autors zu "Fatale Zeitungsente"

Satire über eine pathologische Art von "Gläubigkeit":
Was in der Zeitung steht, stimmt.
Was die Nachbarin erzählt, stimmt.
Was Reality-TV darstellt, stimmt.
usw.

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Kommentare zu "Fatale Zeitungsente"

Re: Fatale Zeitungsente

Autor: Pedda   Datum: 16.01.2012 12:42 Uhr

Kommentar: Hallo Wolfgang,
Was habe ich geschmunzelt. Wie immer eine tolle Satire von dir, diesmal über die Dummgläubigkeit. Du hast recht: es wird zu viel unkritisch einfach übernommen. Hab's gern gelesen.
Gruß Pedda

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