Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.
Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos!
Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.
Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus,
heißt, Bewohner müssen raus.
Trifft`s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittern jetzt um Hab und Gut!
Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.
Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.
Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!
Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
Ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.
Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.





ANMERKUNG: der TITEL des Gedichtes wurde ad hoc vergeben.


© Kurt Tucholsky


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Beschreibung des Autors zu "VERGANGENHEIT - DIE UNVERGÄNGLICHE"

Dieser von KURT TUCHOLSKY verfasste Text belegt: NIEMAND sollte sich EINREDEN lassen, dass ein RÜCKBLICK nicht lohne, sofern er wünscht die Ereignissse auf großem Parkett zu durchschauen.

Die ZEIT-TEXTUR des HEUTE ist das MORBIDE GEWEBE, von Aktionen und Reaktionen, welches eines lehrt: Die VERGANGENHEIT ist eine nicht vergehende GEGENWART!
Durchbrochen NUR von VERÄNDERUNGEN in der KONSTELLATION und darauf eingehender REAKTION.

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Kommentare zu "VERGANGENHEIT - DIE UNVERGÄNGLICHE"

Re: VERGANGENHEIT - DIE UNVERGÄNGLICHE

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 01.12.2011 3:44 Uhr

Kommentar: Kurt Tucholsky ein Jahr nach dem Crash von 1929 ist gerade heute noch aktueller ,als viele andere Kapitalismuskritiker.
Danke dem "Autor", an ihn erinnert zu haben.
Nur :
Der schwülstigen Beschreibung des "Autors" hätte es nicht bedurft. Den Text versteht jeder Depp auch so.

Re: VERGANGENHEIT - DIE UNVERGÄNGLICHE

Autor: MonjaBenMessaoud   Datum: 01.12.2011 18:02 Uhr

Kommentar: Ich "DANKE" für die Umschreibung als "dem Autor", obgleich mein Name deutlich zu lesen ist. Hätte der "Leser" sich inhaltlich dem Kommentar geöffnet, wäre ihm die UNANGEBRACHTE Fremdzuschreibung als "schwülstig" erspart geblieben.
Ich danke demnach ebenso für eine SEQUENZIELLE Wahrnehmung in äußerst willkürlicher Variante. Werde mir mein WORT nicht nieder reden lassen.
Mit freundlichen Grüßen, Monja B.M.

Re: VERGANGENHEIT - DIE UNVERGÄNGLICHE

Autor: simon   Datum: 30.07.2013 1:35 Uhr

Kommentar: „Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“
LG Simon

Re: VERGANGENHEIT - DIE UNVERGÄNGLICHE

Autor: MonjaBenMessaoud   Datum: 05.08.2013 0:24 Uhr

Kommentar: JA!
Nichts ist schwieriger und es ist eine täglich neu einzuübende Fertigkeit.

LG Monja

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