Muslimisches Alkoholregal

Ich berichte heute länger einmal
von einem stinknormalen Supermarktregal.
Das freute sich so vor sich hin,
denn es war vollgepackt mit Wein und Gin.
Dann kam ein Supermarktregalbefüller daher
und räumte als Muslim das Regal einfach leer.

Aus religiösen Gründen, wie er moniert,
er niemals Alkohol in Regale sortiert.
Das machte sein Chef nun doch nicht mit
und stritt mit ihm vorm Arbeitsgericht,
wo ein kluger Richter gelassen entscheidet,
die Arbeit sei zumutbar, weil die Religion nicht leidet.

Unser Moslem solle den Schnaps ja nicht selber konsumieren,
sondern mit Etiketten versehen zum Verkauf offerieren.
Eine Scheinlösung wäre ein Vergleichsvorschlag des Gerichts,
den Kläger nachts zu beschäftigen, dann sähe Allah nichts.

Leider kann unser Mann mit dem geschärften Gewissen
nicht nur Regale auffüllen mit bunten Paradekissen.
Er muss eben Alles nach Anweisung erledigen
und soll nicht dem Chef Religionskunde predigen,
auch wenn ihm das überhaupt nicht gefällt.

Doch exotische Zeitgenossen gibt s viele in der Welt.
Und deshalb ist nicht nur schlechter Stil,
wenn Jeder so werkelt, wie er halt will.

Die Aushilfskraft mit römisch-katholischem Glauben
verdreht bei Pille und Kondom fromme Augen.
Ein Mitarbeiter orthodox jüdischer Glaubenslehre
reklamiert vehement, dass ihm Eisbein verboten wäre.
Ein Zeuge Jehova verfällt in missionarischen Wahn
und bietet statt „ Bild“ den „Wachturm“ an.

Ein Radikalaktivist für den Schutz aller Lebewesen
möchte Schildkrötensuppe auf keinem Regalschild lesen.
Der besonders verbohrte Pazifist
missbilligt, wenn Kriegsspielzeug regalhoch gestapelt ist.
Die verklemmte Hausfrau aus Willebadusen
stören Hochglanztitel mit nacktem Busen.
Wer lesbisch ist, weil sie Männer nicht liebt,
verflucht das Regal, wo s Viagra gibt.
Der Ultra-Fan von Borussia Dortmund
findet Schauauslagen mit S04 nicht in Ordnung.

So ließe die Liste sich weiter fortspinnen
und skurrile Anomalitäten auch anderswo finden.
Dennoch lass ich es für heute damit bewenden
und will meine Beispielsliste beenden.

Nur die Moral geb ich abschließend noch bekannt,
obwohl sie sich aufdrängt jedem kritischen Verstand:

Je freier wir in unserer Gesellschaft leben,
umso mehr Exzess-Exoten wird es da und dort geben.
Die sollen ihr betont extravagantes Leben genießen,
nicht aber Mitbürger mit sturer Betonkopfmentalität verdrießen.


Wolfgang Karwatzki
27.2. 2011


© Wolfgang Karwatzki


4 Lesern gefällt dieser Text.




Unregistrierter Besucher


Beschreibung des Autors zu "Muslimisches Alkoholregal"

Idee nach " Westfälischer Anzeiger" vom 25.2.2011

Muslim muss auch Alkohol ins Regal stellen
ERFURT • Ein muslimischer Supermarktmitarbeiter darf sich aus
Glaubensgründen nicht weigern, alkoholische Getränke einzuräumen.
Im Einzelfall stehe das Grundrecht auf Religionsfreiheit zurück, so das Bundesarbeitsgericht. Könne der Arbeitgeber den Beschäftigten jedoch anders einsetzen, müsse er religiöse Belange akzeptieren.
Einem muslimischen Supermarktmitarbeiter war gekündigt worden; er hatte darauf verwiesen, das Auffüllen der Regale mit Alkohol sei ihm verboten.
Außerdem habe sein Arbeitgeber nicht dargelegt, warum er nur in der Ge-
tränkeabteilung beschäftigt werden könne. Genau damit muss sich das Landesarbeitsgericht erneut befassen: Könne der Arbeitsplatz auch mit einem anderen Beschäftigten besetzt werden, sei die Kündigung unwirksam. Andererseits sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, dass er alle Betriebsabläufe umstelle, weil ein Mitarbeiter aus religiösen Gründen die Arbeit verweigere.
Aktenzeichen: 2 AZR 636/09


Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Muslimisches Alkoholregal"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Muslimisches Alkoholregal"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.