Oh Lieber Gott, so lang dein Arm!

Wo war er zu der Zeit
da Kain als erster Leben nahm,
den Bruder schlug aus Neid?

Wo die helfend Hand dem Kinde,
das die Mutter brennen sah
weil in deinem Namen Sünde
was dem Papst nicht rechtens war?

Hörtest du nicht Reiterhorden,
für deren Gott, der einzig ist,
fremden Glauben niedermorden?
Obwohl du doch nur einer bist.

Sahst du nicht im Feuerschmerz,
den die Synagoge trug,
flehend dieses kleine Herz,
das nur fünf Minuten schlug?

Spürtest du die Erde schwinden
als Macht und Geld ihr Atem nahm,
sich wehren und sich winden?
Doch der Gier sie nicht entkam.

Oh Lieber Gott, so laut dein Grollen,
da dein Werk sich selbst zerstört.
Feuer über Wälder rollen,
leere Gräben selbst im Meer.

Oh Lieber Gott, siehst du nicht hier
Blätter sich des Feuers wehren?
Die letzte Blume neben mir –
und du lässest nur durch leeren
Himmel Blitz und Donner rennen
wie du es seit Zeiten machst.

Während weinend wir verbrennen,
erkenne ich – du lachst.


© Reinerundsonstkeiner


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