Für Fließbandarbeiter

© Alf Glocker

Welcher Zorn hat dich erworben?
Wer hat dich an wen verkauft?
Du bist tot, doch ungestorben
stehst du mit dem Haar – gerauft –
und der Haut in fiesen Pfründen,
umzingelt von Besitz und „Rechten“.
Und du kannst den Sinn nicht finden,
in all der Plage und dem Schlechten.
-
Neben deiner Pflichterfüllung
gibt’s Gefühle, die sich strecken
aus der täglichen Umhüllung,
die sich nicht so gern verstecken,
obwohl sie, überlagert, dämmern.
Ihr Besitzer geht geknickt,
um sich etwas einzuhämmern,
das ihn in die Wüste schickt!
-
Das lässt einen Ablauf werden,
der nur wenig Leuten nützt …
„Geh nur mit den hohlen Herden,
niemals von der Kraft gestützt,
die dir was in Aussicht stellt.“
Das und dich gib einem Herrn,
der da lebt, wie’s ihm gefällt,
denn für dich glänzt nie ein Stern!
-
Du hetzt in dem Hamsterrad,
das die andern vorwärts bringt.
Sei nur immer froh parat,
wenn der Wecker morgens klingt
wie die ersten Totenglocken –
dann steh auf und sieh es ein:
Tag für Tag steh’n schwere Brocken
und am Ende ist kein Sein!
-
Keine angemessene Belohnung
wartet auf dich, nur die Mühe.
Du hast keine Haftverschonung
und kein Engel sagt dir „blühe“
auf, gedeih und wachse.
Nur Vergänglichkeit bestreitet
dich als die Ereignisachse,
die dein Werk vertan begleitet.
-
Vor dir geht die Sonne auf,
ohne dich auch zu erreichen,
schon hängst du in dem Verlauf,
darfst nicht fliehen, nicht entweichen,
bis der Abend sich dann senkt
und die fremden Städte glühen.
Womit hast du dich abgelenkt?
Wohin wolltest du denn ziehen?
-
Auf die Insel deiner Träume?
In den körperlichen Tod?
In die lustvoll-freien Räume?
Aus der Arbeit in die Not?
Weißt du, was man von dir will?
Bück dich für die Arschversohlung –
jeder Weg ist ohne Ziel!
Dir gebührt die Wiederholung …
-
Wieder sinkt die graue Leere
in verwelktes, schwarzes Nichts,
wieder fällt gehetzte Schwere,
mit dem Streifen letzten Lichts
in die Aussichtslosigkeit der Welt.
Lasst uns müde Augen schließen,
weil der Mensch – in Pein entstellt –
sich gefällt im Blutvergießen.
-
Es ist das Sterben der Gedanken,
das nichts zurücklässt, außer Kinder,
deren wunde Seelenflanken
aufgebrochen sind im Winter,
einem Winter der Gebote,
die, von außen kommend, töten.
Nur der Sklave, der devote,
krümmt sich schüchtern, unter Nöten.
-
Der Staat schaut nur gelangweilt zu,
ihn kümmern keine Hilfeschreie.
Mit der Macht auf Du und Du,
kriegt der Kanzler seine Weihe
von der Bank, der Industrie,
und er aalt sich in Finanzen.
und er lebt in Euphorie –
selber untertan dem Ganzen!
-
Die Misere schreitet fort,
Rettung ist wohl nicht in Sicht,
keiner ist bei wem im Wort,
jeder schafft für seine Schicht …
jede träge Stunde quält
die Bedrängten durch die Zeit,
denen sie am Ende fehlt.
Nie war es für sie „so weit“!
-
Immer nur umsonst geschunden,
schleppen sie, wie Blei, die Lasten,
ohne je sich selbst gefunden,
üben sie sich noch im Fasten,
während jene Schweine prassen,
die sie jagen und verderben,
denn so geht es breiten Massen –
für sie ist hier nichts zu erben!
-
Wer nicht merkt, daß man ihn häutet,
der hat auch nichts zu bestellen,
er wird einfach ausgebeutet –
man hat’s leicht, ihn zu verprellen!
Wo sich Menschen Freundschaft bauen,
ist Verzweiflung unbekannt
und das gleichgesichtige Grauen
dem Verstand nur Unverstand!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Für Fließbandarbeiter"

Re: Für Fließbandarbeiter

Autor: Sonja Soller   Datum: 06.07.2022 9:51 Uhr

Kommentar: Was kann ich sagen?
Irgendwie stecken wir doch alle in einem Hamsterrad oder stehen an irgendeinem Fließband. Kann sein mancher merkt das Übel, das über ihm schwebt nicht, kann sein er weiß es.Was kann er tun??
Ja, du hast wieder wahre Worte laut ausgesprochen! Genial geschrieben, lieber Alf!
Chapeau!!!!

Herzliche Grüße aus dem nachdenklichen Norden, Sonja

Re: Für Fließbandarbeiter

Autor: Alf Glocker   Datum: 06.07.2022 13:55 Uhr

Kommentar: Ich danke dir!

Herzl Grü aus dem emsigen Süden
Alf

Re: Für Fließbandarbeiter

Autor: Angélique Duvier   Datum: 06.07.2022 22:41 Uhr

Kommentar: Wieder genial verfasst, lieber Alf!

Liebe Grüße,

Angélique

Re: Für Fließbandarbeiter

Autor: Alf Glocker   Datum: 07.07.2022 8:12 Uhr

Kommentar: Danke liebe Angélique!

Liebe Grüße
Alf

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