Sehr, sehr lange plante er,
seine Flucht aus der DDR.
Wollte einfach mehr vom Leben,
wollte in der Freiheit leben!

Fit machte er sich jeden Tag,
Hoffte, dass sich 'ne Möglichkeit ergab,
Grenzpolizist war er vom Beruf,
schon zu lange sein Gewissen ruft.

Geschossen hat er stets daneben,
konnte auf kein Menschenleben.
Aufgefallen ist er deswegen,
es murrten schon die Kollegen.

Gesagt noch nix - nur mokiert,
würde zu wenig mit der Waffe trainiern.
Oder bräuchte schon 'ne Brille,
Gelächter in des Turmes Stille.

Er achtete nicht drauf was gesagt,
blödes Gelaber, das jeden Tag!
Doch wurd ihm mulmig bei dem Gedanken,
einiges Tages für sein Erschießen sich zu "bedanken“!

Fast jede Woche ein Fluchtversuch,
die meisten als gescheitert verbucht.
Erschossen oder zerfetzt durch Granaten,
durch hundsgemeine Automaten.

Kaum Chancen so einfach in den Westen,
das merkten auch die Allerbesten.
Gefängnisse waren voll davon,
von denen, die abhauen wollten.

Die, die nicht geschickt genug waren,
wurden in das Hinterland gefahren.
Dort als Staatsfeind, ein elendes Leben,
bis die DDR wart endlich gewesen.

Hunderte hat es an der Grenze erwischt,
ein perfektes Spitzelsystem hat sie rausgefischt.
Schon im Vorfeld wurde der Stasi klar,
wer hegt Absicht - wer bleibt da!

Vertrauen, echte Freunde gab es nicht,
Grausam solch ein Mensch-Verzicht.
Nicht mal im engsten Familienkreise,
wenn gesprochen wurde dann ganz leise.

Am 9.November 1989 war‘s vorbei,
mit der menschverachtenen Barberei.
40 lange Jahre gingen in‘s Land,
bis man wieder beisammen fand.

Einfach Unverschämt was sich Politik erlaubt,
nur weil ein Arschloch sich erbaut.
Nach Lust und Laune zu bestrafen,
Unschuldige behandelt wie die Sklaven!

Fluchtgedanken

© Michael Dierl


© Michael Dierl


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Beschreibung des Autors zu "Fluchtgedanken"

Hier das 2. Gedicht aus der dunklen Zeit und einer anderen Sichtweise. Ich wollte es nicht an das bereits bestehende anfügen, auch, weil es zu lang wäre. Nicht zu vergessen auch die Grenze, in der damaligen Tschechoslowakei die ebenfalls stark bewacht war und auch hier ein Schießbefehl galt. Das wußten auch die wenigsten und sind in die Falle geraten, weil sie dachten es wäre leichter darüber zu fliehen. So hat es dort auch sehr viele getroffen von denen man auch heute noch viel zu wenige weiß. Auf Youtube sind einige Beiträge vorhanden.

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Kommentare zu "Fluchtgedanken"

Re: Fluchtgedanken

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 10.08.2021 16:16 Uhr

Kommentar: Ja, lieber Michael,
Befehl geben, Befehl ausführen ... wer ist der Schuldige?! Beide. Aber eine gute Idee: Als Befehl Ausführender habe ich einfach eine Sehschwäche ...
Auf jeden Fall hast du diese sinnlose Zeit-Epoche passend verdichtet.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Fluchtgedanken

Autor:   Datum: 11.08.2021 1:23 Uhr

Kommentar: Das muss echt hart gewesen sein - immer belauscht und bespitzelt und an der Grenze wurde geschossen .

Hast famos beschrieben dieses dunkle Kapitel!

Lg Herbert

Re: Fluchtgedanken

Autor: Alf Glocker   Datum: 11.08.2021 7:18 Uhr

Kommentar: ...wozu "Menschen" fähig sind...
LG Alf

Re: Fluchtgedanken

Autor: Michael Dierl   Datum: 11.08.2021 7:42 Uhr

Kommentar: Ja, danke Euch für Eure Kommentare hierzu

Wir hatten die DDR Grenze direkt hier in der Rhön vor unserer Nase (sog. Dreiländereck, Bayern, Hessen, Türingen). Konnten jeden Tag mit dem Fernglas, wenn man wollte rüberschauen. Man bekam kein Winken wenn sich dort jemand bewegte erst in den letzten Monaten vor Grenzöffnung tat sich was in Sachen Völkerverständigung. Dieses kleine Dorf lag direkt vor dem Grenzstreifen, also keine 300 Meter. Heute stehen noch Überreste als Mahnmal vom Wachturm, Zaun, ein Stück Niemandsland damals gespickt mit Granaten , ein Graben den man vom Western aus gar nicht einsehen konnte, und Überwachungs Betonsilos in der ein oder auch zwei Soldaten oder Volkspolizisten hinein passten. Was für eine Arbeit sich solch einen Scheiß einfallen zu lassen. Ähnlich muß es ja zwischen Süd- und Nordkorea ausschaun! Einfach zum Ko.......!
Da muß ich Alf recht geben. Im kaputtmachen ist der Mensch genial!

lg Michael

Re: Fluchtgedanken

Autor: Jens Lucka   Datum: 11.08.2021 21:22 Uhr

Kommentar: Hallo Michael. Ich bin quasi am Strand, mit Blickkontakt zur Westküste aufgewachsen. Irgendwie habe ich von all dem immer erzählten nichts persönlich mitbekommen, wie auch Andere meines Umfeldes. Man hat uns wohl in Ruhe gelassen, obwohl wir auch Lästerer des States waren. Taten unsere Meinung kund. Wir hätten ,,leichte" Möglichkeiten gehabt zu verschwinden. Doch uns gings gut. Hatten Familie und Freunde hier und eine sicher versorgte Zukunft. Sicher zog es einem hinaus. Doch es ist gut so, wie es jetzt ist. Sie hätten einfach jedem seinen Weg gehen lassen sollen. Es ist tragisch um alle Schicksale.

Liebe Grüße von Jens

Re: Fluchtgedanken

Autor: Michael Dierl   Datum: 11.08.2021 22:03 Uhr

Kommentar: Ja, da geb ich Dir recht. Menschen sollte man nicht einsperren, das ist einfach ein NOGO!!! Sei nur mal 1 Jahr krank, mein Bruder war mal 2 Jahre zu Hause, weil er einen schlimmen Motorradunfall hatte. Da war soviel kaputt, dass er 2 Jahre gebraucht hat wieder zu laufen etc. Der hat es genossen als er den 1. Tag draußen war. Wir haben ihn überall hin herumgeschleppt, weil er damals nur mit Krücken schleichen konnte. Und es ging auch nur zu dritt, weil wenn er umkippt konnte ihn keiner mehr aufheben. Da brauchte man schon ein wenig Kraft. Tja, der war dann so froh als wieder alles ging. Da hat aber lange gedauert. ca. 3 Jahre mit allem Pipapo, also Reha und gute Freunde aus dem Verein. Heute humpelt er noch ein wenig. Zum Glück blieb sein Bein dran!!!

lg Michael

Re: Fluchtgedanken

Autor: Michael Dierl   Datum: 13.08.2021 23:58 Uhr

Kommentar: Wie ich gerade im Radio höre paßt mein Gedicht ja wunderbar zum 60 Jahrestag als Erinnerung an diese grausame Zeit. Obwohl man solch grausame Dinge ja möglichst schnell vergessen sollte ist es jedoch besser sie in Erinnerung zu behalten damit sowas nicht noch mal passiert! Bin nun doch froh dass ich diese Beiden Gedichte geschrieben habe.

lg Michael

Re: Fluchtgedanken

Autor: Ralf Risse   Datum: 23.08.2021 19:08 Uhr

Kommentar: Meine zwanzig Jahre in der DDR waren kein Leiden unter einer Diktatur. Ich bin Tischler und Versicherungsfachmann, habe nicht im staatsnahen Dienst gearbeitet- weder in der DDR noch jetzt.
Meine Jugend war eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte.

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