Als ich war noch sehr, sehr klein,
mußte ich auf Wunsch meiner Eltern auf einer Hochzeit sein.
An jenem Tag war mir mehr nach Indianer und Gendarm,
als auf Freudentränen und diesen langweiligen Orgelkram.

Aber mir blieb nix übrig, mußte mit,
verdammt, was für ein Mist, was für ein Shit!
Schau Dir an, wie es Dir einmal ergeht,
sprach meine scheußliche Tante, die runzlige Annegret.

In cirka 15 Jahren, Burschi, da biste dabei,
hast ‚ne Freundin, wünscht Dir viele Kinder herbei.
Schwebst auf Wolke 7, bist der glücklichste Mensch auf Erden,
hast ein Auto, ein Haus und Null Beschwerden.

Ohhh....was für einen Scheiß, dröhnte in meine Ohren,
merkte wieder "Hier haste nix verloren!"
Vielleicht kommt‘s anders als du denkst, blökte ich zurück,
weil, dort oben einer ganz anderes als du tickst!?

Wer hat Dir so einen Sch.......erzählt, tröstete sie zurück,
ist der reinste Frevel, Junge, mach Dich nicht verrückt.
Gott ist gut, lenkt, du wirst schon sehn, ist doch bekannt,
ja, dachte ich und der Teufel ist sein Adjutant.

In meiner Klasse die Josefine,
so eine Mädchen kriegt nur der Teufel hin.
Sie ist zwar hübsch, also schaut gut aus,
aus ihr kommen auch manchmal schlaue Sätze raus.

Aber beim Eisenbahn spielen, etwas zu basteln,
beim Rudern, an einem Stück Holz feilen, zu raspeln!?
Auch beim Sportunterricht, da schweige ich mich aus,
teuflisch schön, aber sie macht nicht mehr daraus!

Die oder keine, so hab ich mir trotzdem gedacht,
habe statt Eisenbahn ihr Blumen mitgebracht.
Ein Werkzeugkasten wäre besser, dazu ein Hammer,
dann hätte sie was zu basteln in ihrer kleinen Kammer.

Dann sähe es aus wie in meiner Bude, wäre damit vertraut,
hätte bei ihr dann des öfters auch reingeschaut.
Vielleicht noch eine Rennbahn oder Eisenbahn,
Kasperletheater, Blockhaus, damit man richtig spielen kann.

Meine Gedanken waren zu weit weg an diesem „Ehrentag“,
die Orgel verstimmt, der Chor bestimmt 10.000 Jahre alt.
Der Pfaffe, er hatte Gicht in seinen Knochen,
ist nach der Bibel suchend meist auf dem Boden rumgekrochen.

Sie, die Braut, schon lange in Pension,
hatte vor 200 Jahren ihre letzte Menstruation.
Der Bräutigam, ein Urlaubs-Flirtakrobat,
100 Jahre jünger, frohlockte im südländischen Look und Format.

Barfuß, im Bastrock mit Peillettenketten und Muschelschalen,
einem Paradiesvogel gleich, so war sein Gebaren.
Statt im Frack, polierten Schuhen, weißes Hemd und Zylinder,
bunte Tattoos überall, die sah sogar ein Blinder.

Von Kopf bis Fuß geschmückt, dem Garten Eden gleich,
tat er auf anderer Weise, eben auf "steinreich".
Es rumorte in den Bänken, meine Tante war interessiert,
meine stille Antwort, "Ein schön, buntes Souvenir!"

Es roch nach allen Düften, die Luft damit prall gefüllt,
nun wurde der Weihrauch-Kampfstoff noch dazu gestellt!
Ich hielt den Atem an, mir wurde schlecht - mit Verlaub,
auch andere hatten zu kämpfen mit diesem heil-ek-ligen Kraut!

In einer Hand hielt er einen Bienenkorb, wohl aus Tradition,
die Bienen fingen an herum zu spinnen, was folgte war eine Invasion.
Braut und Bräutigam wurden mehr als einmal voll gestochen,
das sei Gottes Wille, so der Pfaffe, der vom Wein hatte zuvor gesoffen!

Die Orgel fing nun an zu rappen, irgendwas war kaputt,
aus den Flötenlöcher kamen Bienen, die mit erheblichen Druck,
Scheint denen Spaß zu machen, grinste ich still in mich hinein,
ein Hilfeschrei, der Organist, kein tapferes Schneiderlein.

Der Pfaffe sprach den berühmten Satz, „Willst Du...dann sag JA!“
und kurz darauf waren die Handschellen schon da!
So hat‘s Mutti erzählt als sie Vati damals davon hat überzeugt,
Mutti hat alles organisiert, Vati hätt sich nur zu ihr rüber gebeugt.

Nun fließen Freudentränen, das hab ich damals nie kapiert,
wie kann man lachen und zugleich weinen? - Ist wie einstudiert!
Freddy, mein Schulfreund, wir ließen es daraufhin mal krachen,
wir schlugen, balgten uns aber keiner mußte dabei laut lachen.

Im Gegenteil, drei blaue Augen, die Finger aufgeschlagen,
schmerzverzerrte Gesicht, es war kaum noch zu ertragen.
Jetzt lachen, rief ich laut, lass Freudentränen endlich kullern,
Freddy keuchte, seine Blase, er musste statt dessen heftig pullern.

Vor der Kirche, Auflauf des Bunga-Bunga Stammes des Bräutigams,
die bunte Menschenmasse völlig außer Rand und Band.
Um Gott gnädig zu stimmen sollte ein Lamm geschlachtet werden,
den Kopf abzuschneiden wollte man dann der Braut gewähren.

Mit viel Alkohol, ähnlich einer Drogen-Kneipp-Kur,
die Braut war völlig fertig nach dieser "Horizont" erweiternden Tortur.
Der Stamm, der jubelte, sie war nun eine von ihnen,
von der anderen Seite warf man Reis und eine große Menge Rosinen.

Viel Bier und einige Schnäpse später, es ging schon auf 0 Uhr,
knutscht Vati irgend ein Blumen-Mädchen, Mutti schaltet voll auf stur.
Der Haussegen stand wieder schief, wen wundert‘s schon,
da Vati mit dem Mädchen im Arm einschlief auf dem Scheselong.

Die Gäste, allesamt lagen plump, grunzend irgendwo herum,
einige stehen noch gerade so, quasselten über Arbeit, ihrem Tun.
Einige übernachten im Stall, auf Rasen und Balkon,
der Bräutigam kniete im Blumenbeet, knutscht mit 'ner Jüngeren herum.

„Tolle Szene“, wie "Vom Wind verweht!"
Man hört leises Gelaber, es war verdammt schon spät.
Es gab nur noch Bunga-Bunga und Lallohol-Liebhaber.
Der Garten, die Terrasse, die schaute aus wie zertretenes Rhabarber.

4 Wochen später. Brief aus den Flitterwochen, es wurden die Azoren,
die Braut schrieb, sie wurde ganzkörpertätoowiert, radikal geschoren.
Ein Zaubertrick an einer Wunderkiste, diese machte niemals arm,
sie so wurde Bunga Queen, und zur Bunga-Bunga Mom.

Sie war sehr spendabel, bis zum Tag an dem der Zauber war dahin,
oder irgend etwas klemmte, bei diesem blöden Zauberkasten-Ding!
Man fand sie in einem Graben total desorientiert und halb nackt.
sie wurde beinah erschlagen, sagt die Polizei, das ist nun leider Fakt!

Der Flirt-Akrobat ist wieder auf Reisen, auf einem Monster-Schiff,
es steht wohl fest, dass er wieder auf ein „Ever joung Opfer“ trifft.
Ich wünsche Dir von ganzen Herzen alles Gute, paß gut auf Dich auf,
denn die Welt ist schlecht, ich bin nun aus dieser Sache hier raus!


© Michael Dierl


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Kommentare zu "Ein außergewöhnliches Hochzeitsmärchen"

Re: Ein außergewöhnliches Hochzeitsmärchen

Autor: Vergissmeinnicht   Datum: 19.01.2021 14:29 Uhr

Kommentar: WOW....und kicher kicher.... das war wirklich eine außergewöhnliche Hochzeit...
hatte spass beim lesen...liebe grüße vom Vergissmeinnicht.

Re: Ein außergewöhnliches Hochzeitsmärchen

Autor: Mark Widmaier   Datum: 19.01.2021 16:42 Uhr

Kommentar: Da hätten wohl 7 Fässer Wein mit Deinen Kumpels im Vorfeld gut getan...Dir wäre einiges erspart geblieben...die können in der Tat auch mal die Rettung sein :-)

Liebe Grüße und Glückwunsch zu einem sehr gelungenen, unterhaltsamen und lehrreichen Gedicht. Mark

Re: Ein außergewöhnliches Hochzeitsmärchen

Autor: Jens Lucka   Datum: 19.01.2021 18:26 Uhr

Kommentar: Diese Feier hätte ich gerne mit Begeisterung mitgefeiert. Endlich ist da mal was loß.
Hihiha... Ja, ich glaube , das Kinder auch abgeschreckt werden können. :-) Sich dann schwören , immer allein zu bleiben.

Liebe Grüße, Jens

Re: Ein außergewöhnliches Hochzeitsmärchen

Autor: Michael Dierl   Datum: 20.01.2021 2:12 Uhr

Kommentar: Ja, danke Euch allen, Mark, Jens, Vergissmeinnicht! Hat mir auch Spass gemacht sowas mal auszubaldowern. Ähnlichkeit hatte es mit keiner Hochzeit auf der ich war. Teilweise habe ich etwas nachgeholfen um sie lustiger zu machen. Das es nach einer Hochzeit etwas drunter und drüber geht bis in den frühen Morgen ist ja fast schon normal. Und das auch hier mal über die Strenge geschlagen wird auch, wie bei uns z.B. die Braut entführt wird und der Bräutigam sie suchen muß. Natürlich half man da kräftig mit aber so halb besoffen ist das nicht ganz so einfach. Dass man dann irgendwann schlapp in der Ecke hockt scheint auch normal zu sein.

LG Michael :-)
ps: nochmals vielen Dank!!!

Re: Ein außergewöhnliches Hochzeitsmärchen

Autor: Alf Glocker   Datum: 21.01.2021 8:20 Uhr

Kommentar: erfrischend...

LG Alf

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