„Fortschreiter Fortschreiter!
Entkomme! rasch!
Dem dunklen Grund!
Dem hinter dir, oh, immer breiter
Dunkel flammenden Schlund!“

Er tat, was man sagte und rannte
Nach vorne ins Unbekannte.

„Fortschreiter, Fortschreiter!
Schau nicht zurück!
Renn schneller! renn weiter!
Dort vorn liegt das Glück!“

Er tat was man sagte und lief,
Während die Stimme wieder rief:

„Fortschreiter, Fortschreiter!
Schau nicht zur Seite,
Sonst überholt dich ein Zweiter
Beim Blick in die Weite!“

Er rannte weiter, tats wie empfohlen,
Mit Tunnelblick und auf heißen Sohlen.

„Fortschreiter, Fortschreiter!
Schau nicht nach oben!
Denn du hast keine Leiter;
Nur nach vorn kannst du toben!“

Immer schneller, immer weiter
Mal lautstark, dann im Stillen -
So rannte er, der schnelle Schreiter,
Rannte um des Fortschritts Willen.

Je weiter er rannte, so war ihm gewiss,
Desto ferner sei er des Schlundes,
Des pferdefüßigen Höllenhundes
Und seinem gefürchteten Biss.

Auch die Gesellschaft, die ihn trieb,
Ließ sich nun selber von ihm treiben,
Alles lief, und keiner blieb,
Keiner wollte stehen bleiben.

So groß war sie, die Angst vorm Schlund,
Keiner dachte an Kopernikus:
Die Erdenkugel ist ja rund,
Wer nur nach vorn läuft, ja der muss
Bald wieder vor dem Grunde stehen,
Dem er einst hoffte, zu entgehen.

Zu spät erkannten Volk und Schreiter
Dann den tiefen Höllengrund
Und ohne Fallschirm, ohne Leiter
Fielen sie in den schwarzen Schlund.


© Alle mit dem Gedicht verbundenen Rechte sind meine.


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