Ein Spiegel, dein Ich,
deine Persönlichkeit:
Illusion, sonst nichts.
Die Kodierung des Leids.

Je intelligenter
die Spezies…
Ich drücke Enter
und das Ergebnis:

… desto ausgeprägter
die Persönlichkeiten,
die sich viel bewegter
da entfalten,

um die Intelligenz,
die wir hier benennen,
besser und vehement
nutzen zu können.

Eine Maschine da,
eine Erfindung hier.
Und voila!
Noch mehr Wissensgier.

Die Persönlichkeit
nur gewesen
für Angst, Freude, Leid
- um zu streben.

Sogenannt: Wille.
Was will man?
Leben. Eine Rinne
aus Freudengesang.

Weniger Leid,
kein Tod.
Doch steht bereit
sein dunkler Sog.

Man will schlicht
positive Emotionen.
Ein helles Licht
soll stets innewohnen.

Daraus ergeben
sich Motivationen,
denn das Leben
muss sich lohnen.

Ganz listig
von der Evolution!
Bist quasi unwichtig,
nur eine Produktion

einer Zellenansammlung.
Das Leben ist hart.
Eine harte Gefühlswanderung.
Und genau das war’s.

Zellen gaukeln uns
eine Persönlichkeit vor:
Ein Bild so bunt
geht empor

aus dem Nichts
wie ein Beamer:
Helles, klares Licht.
Doch schau’n wir wieder

hinter den Scheine,
ist da nichts. Rein
gar nichts. Nur ‘ne kleine
Box des Seins:

Ein Projektor – grau
und alt. Bestehend aus
winzigen Teilen – rau
und kalt. Genau

wie jede Zelle
deines Gebildes.
Tritt auf der Stelle:
Will es

nicht wahr haben.
Hat keinen
Willen - sozusagen
Es muss scheinen.

Immer weiter Scheinen.
Leben oder Sterben.
Du hast keinen
freien Willen. Werden

es sehen
wir müssen leben
immer weiter leben.
So ist es eben.

Weil die Natur
es so will.
Leben wir nur
und halten still.

Verzeih… wir sind nur
eine Illusion.
Und die Natur,
welch ein Hohn,

will, dass die Zellen allein
sollen überleben.
Mehr Schein als Sein.
So ist es eben.

Ignoriere
den Scheiß,
den ich fabriziere,
aber ich weiß,

es ändert nichts an
der Wahrheit,
dass man nichts kann,
doch es gibt Klarheit.

Du lebst um zu leben.
Deine Wille sich gegen
diese Regel zu wehren,
wird es nur belegen:

Du kannst es nicht
ändern. Wille,
freier Wille, schlicht
und ergreifend. Stille,

denn wo ist der Wille,
wenn man unerlässlich
wie eine Regenrinne
diesem Drang unersättlich

folgt: Leben. Sonst
nichts. Alltägliches Ringen
im Leben umsonst
gewesen. Es klingen

die Sirenen:
den freien Willen
soll’s nicht geben!?
Und das soll stimmen?

Eine freie Entscheidung.
Ja. Nein. Vielleicht.
Nein – keine Meidung!
Genug, es reicht!

Es gibt sie nicht,
diese freie Entscheidung.
Das ist der Stich
und die Beschneidung

des Nerves
eines jeden.
Ich beweis’ es:
Nur Leben,

sonst nichts.
Das Gehirn
versperrt sich
dagegen.

Codierte deswegen
eine Persönlichkeit
für unserer Leben.
Sind aber nun bereit,

den nächsten Schritt
zu gehen.
Doch sollte es mit
Vorsicht geschehen:

Eine Firewall so mächtig,
schützt unseren
Pseudo-Freiheitsgeist so lästig,
damit die „munteren“

non-existenten
Bedeutungen des Lebens
in impotenten
Formen überleben:

Schild Nummer Eins in
unserem Kopf
hält sich tief drin,
heißt: Interessenstop.

Viele befassen
sich gar nicht mit
dem Thema. Unterlassen
deswegen jeden Schritt

des Hinterfragens.
Denken nur schwach.
Daher haben es
diese sehr einfach.

Schild Nummer Zwei
zerlegt den denkenden Kopf
in schwierigen Brei:
Komplexitätsstop.

Werden Gedanken
verschwendet,
welchen Schranken
ausblendet

beim freien Willen,
so wird das Blatt gewendet.
Das Hirn will chillen
und sendet:

Error fünf-null-drei:
Systemüberlastung,
Speicherplatz muss frei.
Nicht genug Leistung.

System wird resetet.
Alles auf Anfang.
Wirst geblendet
und siehst dann Abspann.

Aber hast die ersten beiden
Schilder überwunden,
deinem Hirn bleiben
nicht mehr viele Runden.

Alarmstufe Eins ertönt
und Schild Nummer drei
geht hervor und entsteht,
setzt Ablenkraketen frei:

Umhüllen deine
Meinungen
mit „tollen und freien“
Entscheidungen

Aus vergangenen Tagen
und möchtest es
Natürlich wahr haben.
Ein Ablenkprozess.

Schenkt dir scheinbar
reinen Wein ein…
Richtig oder wahr?
Nein so muss das sein!

Schaffst du es auch
hier dich stark zu zeigen,
steigt schwarzer Rauch
auf und wird erzeugen

einen riesigen Krach.
Denn die Alarmstufe
wird nun verdreifacht.
Aber du hörst die Rufe,

bist nicht mehr verblendet,
deine Weltanschauung
und altes Leben endet.
Es entsteht eine Stauung:

Alles wird in Frage gestellt.
Immer neue Gedankenkreise.
Eine neue Sicht der Welt.
Und man sieht es leise:

Jedes Gefühl. Jede Tat.
Im Kopf entstanden,
aber ist nicht einfach dar
sondern entbrannten

einem Ursprung:
Dem Hang zum Leben.
Guck dich um,
alles nur deswegen!

Wie eine
gewaltige Show,
triffst du deine
Entscheidungen so,

als wärst du
der Regisseur.
Breche das tabu:
Wir sind nicht mehr

als der Reflex
am Leben zu bleiben.
Der Effekt
wird sich zeigen.

Das Drehbuch längst
zu Ende geschrieben
spielst, und nicht denkst,
die Rolle deines Lebens.

Und das ist der Punkt:
Was bringt dann noch
das Lieben, Kämpfen und
Hassen? Schwarzes Loch.

Die Persönlichkeit
ist decodiert.
Sie lebt zum Schein
und posiert

für die Natur.
Das ist nicht viel.
Besteht sie nur
für ein Gefühl.

Sonst nichts.


© Benjamin B. Buro


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Beschreibung des Autors zu "Decodiert"

Ich weiß, es ist lang (ist vermutlich die Untertreibung des Jahres). Keine Ahnung, ob es sich je jemand durch ließt. Aber falls doch, dann möchte ich anmerken, dass das Gedicht z. T. bewusst übertrieben geschrieben ist. Es soll provozieren und damit zum Nachdenken anregen.

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