Halt‘ mich noch in dir geborgen,
umschließe mich mit deinen Träumen,
bewahre mich vor’m nächsten Morgen –
es ist schwer, ihn aufzuräumen:
diesen Tag, der uns erwartet.
Denn es ist so viel geschehen,
das, wie immer auch geartet,
nur geeignet ist, zu gehen…
auf das Schlachtfeld „Wirklichkeit“.
Dafür fehlen mir die Waffen!
Wozu bin ich noch bereit?
Mich zu stählen und zu straffen?
Nein, ich bin nicht stark genug,
mich in immer gleichen Plagen,
für den Quatsch und den Betrug
jederzeit nur durchzuschlagen –
nennen wir dies einmal „Leben“,
was das Licht der Wahrheit scheut.
Dauernd in Gefahr zu schweben,
ist nichts für sensible Leut‘!

Lass die Zeit jetzt stehen bleiben,
denn was nützt mir die Erfahrung,
all dies Hoffen, Denken, Treiben,
mein Bemühen um Bewahrung
der abstrakten Menschenwürde?
Sie besteht im puren Frieden!
Jeder Tag bringt diese Bürde
(ich hätt‘ sie liebend gern vermieden),
die mich auf die Probe stellt:
kann ich mich im Kampf beweisen?
Werd‘ ich, tausendmal geprellt,
weiter in die Zukunft reisen,
streben, schaffen, hoffen, lieben?
Oder wünsch‘ ich mir Entspannung?
Ich bin nicht unverletzt geblieben!
Ich fühl‘ mich wie in der Verbannung
und vom Wahnsinn eingekreist!
Doch was nützen dir Proteste,
arme Seele, wenn du schreist:
was ist denn für mich das Beste?

Schlafen, träumen, davor fliehen,
daß die Welt sich weiter dreht,
die Decke über’n Kopf zu ziehen,
wenn der laue Nachtwind weht?
Das spendet Trost, weist keine Wege,
die nicht in der Mühsal enden –
Nerven- oder Augenpflege
lässt es schlicht dabei bewenden.
Doch das schnöde Morgenrot
ist, nach menschlichem Ermessen,
abzusehen – und es droht –
dann erneut (nicht zu vergessen)
der alte Zirkus und der Hohn,
den uns die Gegenwart verspricht!
Ein Silberstreif erscheint ja schon,
Luzifer zieht erstes Licht
über meine warme Decke…
Nacht, du warst mir doch gewogen –
bewege dich wie eine Schnecke,
denn was nun kommt ist gelogen!

Aller Ekel vor dem Werden –
verlasse ich mein warmes Nest? –
stört die Seligkeit auf Erden
und er gibt mir meinen Rest,
bevor ich angefangen habe,
in das Rollenbild zu schlüpfen,
welches mir, als Himmelsgabe,
zusteht, um im Kreis zu hüpfen!
Trotzdem sag ich: rechtes Bein
aus den Federn und voran!
Wenn, dann will ich eifrig sein,
was kreieren, so ich kann.
Und ich will, zu guten Zwecken,
mich bemüh‘n, nach bestem Wissen,
mich nach jeder Decke strecken.
Das befiehlt mir mein Gewissen!
So denke ich und blick mich um,
doch in fulminanten Schauern
mach ich nicht gern Finger krumm –
kann die Nacht denn nicht noch dauern?


© Alf Glocker


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Kommentare zu "An die Nacht"

Re: An die Nacht

Autor: noé   Datum: 29.04.2014 13:44 Uhr

Kommentar: Oh, wie gut ich DAS nachfühlen kann - einfach die Augen wieder zu machen, eingekuschelt bleiben, Decke über den Kopf, sollen sich doch andere mit dem und durch den Tag ärgern, wenn sie es so gerne wollen. Aber grausam schlägt er zu, der Tag, wieder einer...
BiSi

Re: An die Nacht

Autor: Alf Glocker   Datum: 29.04.2014 17:42 Uhr

Kommentar: Ja, ich stimme 100%ig mit Dir überein.
Gute Nacht!
Heute geht's wieder los...
Harharr

CraBro

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