Es trug ein Knab' sein Wunderhorn.
Das schmerzt ihn, wenn er's rieb zum Sporn.
Denn Zipfels Enge bracht ihm Leiden.
Er war darob nicht zu beneiden.
War Knabe noch, an dessen Sturzel
der erste Flaum wuchs um die Wurzel.
So Hörnchens Engpaß drückt sein Leben,
drum tät es Not, dies zu beheben!
Nur war's intim und er so genant,
daß niemals zum Doktor er wäre gerannt.

So wuchs der Druck, wie auch der Flaum,
von Zipfels Enge 'was abzubaun.
Denn 's Hörnchen hat ja wenig Nutzen,
kann man's als Junge nicht eifrig putzen.
So reift die Zeit und ihm der Beschluß,
daß endlich 'was geschen muß!
Drum - selbst ist der Knabe - macht sich Mut,
nimmt scharfes Messer, drückt fest und gut
damit auf Zipfels unterstes Eckchen,
was er placiert auf's Frühstücksbrettchen.
Macht Augen zu und zählt bis drei:
Zack - liegt's Eckchen da - getrennt und frei!

Ganz überrascht ob solch leichter Wendung
prüft er sogleich off'nen Zipfels Verwendung.
Und - aahh - es ging schon sehr viel besser.
Welch Segen brachte das scharfe Messer!
Und - oohh - fand er diesen Vorgang so feil.
Putzt gern bis zu End' nun das freiere Teil!
Zwar quollen heraus ein paar Tropfen Blutes,
doch ansonsten brachte der Abschnitt nur Gutes.
Näht schließlich zu mit Nadel und Faden
aus Muttis Nähkästchen des Rüssels Schaden.
Doch war tiefe Kerbe am Zipfel zu sehn,
drum mußte Begradigung schnellstens geschehn!
Also kaum war's verheilt, das Fädchen gezogen,
da schnitt er hinweg schon den nächsten Bogen.

So schrumpfte sein Zipfel, rundherum abgeschnitten,
Ganz ohne Genanz und jemand zu bitten!
Kam richtig in Übung als auch in Erregung,
den Rüssel zu kürzen, des Messers Bewegung
durch nächste Ecke der langen, so lüsternen Haut!
War froh und selig, daß er sich's getraut.
Um das, was überstand am Schwänzlich,
rundum nach und nach entfernt war gänzlich.
Gekürzt aber glatt wie ursprüngliche Endung,
doch schmerzlos nunmehr bei rückwärt'ger Verwendung.
Also rundherum langes Rüsselchen schwand,
nur der Knubbel sich noch in Deckung befand.
Denn ganz blank wär der ihm für's Putzen nicht recht,
was nun schön von der Hand ging und flott wie beim Specht.
Dabei niemand sonst hat die Veränd'rung bemerkt,
nur der Junge ging daraus im Ego gestärkt!
Denn selbst gemacht war neues Wunderhorn,
das mit Freud und Lust dient bis heute als Sporn!


© hannes


0 Lesern gefällt dieser Text.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Des Knaben neues Wunderhorn"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Des Knaben neues Wunderhorn"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.