Mein Schulweg mit Roswita

Auf meinen Schulweg, ab der 1. Klasse,
ging Roswita mit, die hatte Rasse.
Sie war viel, viel größer als ich,
ich hingegen war noch ein kl.Wicht.

Einen langen Zopf, dieser war geflochten,
war außergewöhnlich lang, einfach unangefochten.
Im Winter mit bunter Strickmütze auf,
zu ihrem Kapuzenmantel, ich stand darauf.

Diese Mütze hatte an einer Stelle ein Loch,
dort hindurch ging ihr Zopf der geflocht.
Das sah ehrlich gesagt sehr lustig aus,
wenn er hinten ihr hin und her gesaust.

Er reichte bis zum Po hinunter,
und hatte viele bunten Schleifen drunter.
Ihre Haut war mittelbraun,
so, wie ein dunkler Gartenzaun.

Sie hatte ziemlich lange, schlanke Beine,
viel länger als damals meine.
Trotzdem kam ich auf dem Schulweg ganz gut mit,
machte eben mehr als nur einen Schritt.

Meine Schnürsenkel ging manchmal alleine auf,
nur irgendwann stand ich voll darauf.
Dann mußte sie sich vor mich knien,
und mußte einen neuen Knoten ziehn.

So, dass ich sie hätte küssen könnt,
so nah war sie mir in diesem Moment.
Irgendwann wurde das zum Ritual,
der Schnürsenkeltrick, er war genial.

Wenn man mußte einen neuen binden,
hoffte ich indes, in ihren Ausschnitt zu linsen.
Im Winter gab‘s dafür aber keine Chance,
zu dick angezogen, Schurwolleleganz.

Dafür im Sommer, wenn dieser war sauheiß,
liefen meine Augen wund und wurden heiß.
Aber dort war nicht viel zu sichten,
ich war enttäuscht, gab auf, mußt verzichten.

Wo war die bloß, diese Cocktail bar,
die ich meist bei anderen Mädchen sah!?
Irgendwann bemerkte sie meinen Trick,
grinste, sagte: Du übst wohl deinen Röntgenblick?

Du bist ja einer, sagte sie,
wegen Deinem Schnürsenkel gehe sie auf die Knie,
nur, weil ich keinen Knoten könnt,
würde sie first class „geröntgt“.

Ich glaub, dass ich ich damals heiße Ohren bekam,
Schämte mich, weil sie dies ja mitbekam.
Schwor ihr aber bei all den heiligen Mächten,
dass sie von mir das nie wieder dächte.

Dabei kreuzige ich hinterrücks die Finger,
um mich nicht an den Schwur zu binden, für immer.
Tat aber so, als wenn ich mich verpflichte,
auf immer und ewig mich danach richte.

Irgendwann faste ich Mut, war nicht zimperlich,
und rief, „Roswita, wenn ich groß bin heirate ich Dich!“
„Dann mach aber hin, streng Dich an,
ich finde, dass ist von dir ein recht guter Plan!“

Deine Schnürsenkel müssen dann aber fest,
sonst gibt es gar kein Hochzeitsfest!
Und auch mir in die Bluse linsen,
Schluß damit, sonst geht unsere Heirat in die Binsen.

Klaro, ich verspreche es hoch und heilig,
ich mag nur Dich, ich hab‘s nun eilig!
Unser gemeinsamer Schulweg trennte sich,
ich mußte die Straße hoch - sie nicht.

Ein Jahr sind wir so in die Schule gegangen,
dabei hab ich zum Schluss sehr an ihr gehangen.
Viele Jahre später sah ich von ihr ein Bild im Internet,
Ist Lehrerin geworden, ledig, und immer noch adrett.


© Michael Dierl


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Kommentare zu "Mein Schulweg mit Roswita"

Re: Mein Schulweg mit Roswita

Autor: Jens Lucka   Datum: 11.10.2020 15:55 Uhr

Kommentar: Eine schöne Geschichte (grins)
Ich hatte eine Lehrerin, der ich ständig auf den Busen starren musste.
War mir wohl gleich so angeboren. Hihi.
Ein ähnliches Mädchen gab es da irgendwo auch.
Auf ein Wiedersehen...

LG. Jens

Re: Mein Schulweg mit Roswita

Autor: Michael Dierl   Datum: 12.10.2020 10:19 Uhr

Kommentar: Tja, wäre ich wohl bei Roswita geblieben. :-)

Gruss Michael

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