Ich sitze in der U-Bahn und starre über den Gang auf die andere Sitzreihe.
Dort sind an die zehn Menschen versammelt: Junge, Alte, Frauen, Männer.
Manche lesen, andere haben Stöpsel in den Ohren, die meisten schauen auf ihre Handys,
ein normaler Tag in einem normalen U-Bahnwagen in einer Großstadt, nichts besonderes.

Dann kommt eine junge Frau in den Zug und setzt sich mir direkt gegenüber.
Sie fällt sofort auf: groß und schlank, mit einem engen, anschmiegsamen Kleid,
zeigt sie endlos lange, nackte Beine und nackte dunkelbraune Arme,
ihr Gesicht hat einen ernsten Ausdruck, der fast schon ein wenig traurig ist.

Meine ersten Gedanken werden durch das aufkommende Testosteron vorgegeben.
Die Frau jetzt ansprechen, ein Lächeln ernten, einen aufmunternden Blick erhaschen.
Dann von mir die Frage, wollen wir zusammen essen gehen? Ein freundliches Nicken.
Ein weiteres Nicken auf die viel spätere Frage, ob wir die Nacht gemeinsam beenden wollen.

Doch dann die banale Erkenntnis, dass solche Wünsche nicht erfüllbar sind.
Aber wenigstens könnte ich sie fotografieren, diese dunkelhäutige Schönheit,
schon in wenigen Minuten könnte ich ein paar aufregende Bilder von ihr machen.
Als ob sie Gedanken lesen könnte, lächelt sie mich an, steht auf und verlässt das Abteil.

U-Bahn

© yupag chinasky


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