Als ich ein Kind war,
wollte ich immer der Held sein.
Mit Sherlock Holmes, den Musketieren, Robin Hood und Winnetou
besiegte ich, in meiner Phantasie, die schlimmsten Feinde.

Später gab es eine Zeit,
da wollte ich unbedingt erwachsen werden.
Ich legte meine „kindischen“ Phantasien ab.
Meine Helden von damals die zählten nicht mehr.
Ich habe sie ganz tief in mir vergraben.

Als Erwachsener
war ich stets freundlich und angepasst.
Ich machte das, was von mir erwartet wurde,
scheute jede Konfrontation
und war stets darauf aus es allen recht zu machen.
Ich „spielte“ auf Sicherheit.

Ich ließ mich in eine Schublade packen,
Die ich ausfüllte und in der ich es mir
wohnlich einrichtete.
Ich wollte, dass mich alle mögen
aber irgendwann merkte ich,
dass ich mich selber nicht mehr mochte.

Heute lasse ich mich nicht mehr einordnen.
Ich springe, wann immer ich es möchte,
von einer Schublade in die Nächste,
trete gelegentlich, bewusst, in manche Fettnäpfchen
und platziere mich zwischen allen Stühlen.
Dabei habe ich zu meiner Beruhigung festgestellt,
dass der Held in mir noch nicht gestorben ist.


© Michel Jörchel


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